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Di, 5. Oktober 2010, 15:00

Der Linux-Kongress 2010 in Nürnberg

Der 17. Internationale Linux-Kongress fand zum zweiten Mal nach 2006 in Nürnberg statt. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die Themen und Vorträge.

Nürnberg: Blick von der Innenstadt auf die Burg

hjb

Nürnberg: Blick von der Innenstadt auf die Burg

Vorwort

Am selben Ort wie schon 2006 fand der Linux-Kongress 2010 statt, in der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg. Das heißt, nicht ganz am selben Ort. Das Gebäude, in dem der Kongress 2006 abgehalten wurde, wird gerade renoviert, so dass der Kongress vom 21. bis 24. September einige Räume und das Foyer eines anderen Hochschulgebäudes hundert Meter entfernt in Anspruch nahm. Ansonsten hat sich nicht viel verändert, die knapp hundert Teilnehmer konnten sich auf ein Programm freuen, das manch Interessantes versprach.

Tutorien: Dienstag und Mittwoch, 21. und 22. September

Der Kongress bestand aus zwei Tagen mit Tutorien sowie zwei Tagen mit Vorträgen in zwei parallelen Reihen und Keynotes. Die Tutorien waren teils einen, teils zwei Tage lang. Im Einzelnen wurden die folgenden Tutorien angeboten:

  • Network Monitoring With Open Source Tools (2 Tage)
  • Plattformübergreifende Dateidienste sicher anbieten (2 Tage)
  • SELinux - How to live with it? (1 Tag)
  • Qemu and the Open virtualization stack (1 Tag)
  • A Linux Kernel & Tools Safari (1 Tag)
  • Zen and the art of High-Availability clustering (1 Tag) (PDF)
  • Porting of IPv4 Applications to IPv4/IPv6 dual-stack (1 Tag) (PDF)
  • Request Tracker: From Setup to Processes and Workflows (1 Tag)

Zwei der Tutorien mussten aufgrund des schwachen Zuspruchs abgesagt werden.

Erster Konferenztag: Donnerstag, 23. September

Jon Corbet bei der Keynote

Hans-Joachim Baader

Jon Corbet bei der Keynote

Die Vorträge begannen am Donnerstag, dem 23.9.2010 um 9.15 Uhr mit einer Keynote von Kernel-Entwickler und LWN-Mitgründer Jon Corbet, die sich besonders an angehende Kernel-Entwickler richtete. Er referierte (PDF-Datei) über einige markante Fehlschläge in der Kernel-Entwicklung, und welche Lehren daraus zu ziehen sind. Danach gab es bei Kaffee und belegten Brötchen eine erste kurze Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.

Nach der Pause begannen die Vorträge in zwei parallelen Reihen. Von sämtlichen Vorträgen gibt es Ausarbeitungen oder Vortragsunterlagen herunterzuladen.

Vier Vorträge gab es vor der Mittagspause. In »What´s up in Kernel-Land« (PDF-Datei) stellte c't-Redakteur Thorsten Leemhuis eine Übersicht über Neuerungen in den neuesten Linux-Versionen vor. »Design and implementation of a DECT network stack for Linux« von Patrick McHardy (PDF) behandelte die erste Implementierung der DECT (Digital Enhanced Cordless Telecommunications)-Protokolle für Linux, einem Standard für digitale Funktelefone und Daten-Terminals. Andreas Jaeger, Programm-Manager von openSUSE, erläuterte in »From Source Code to Packages for Various Distributions« (PDF-Datei) neue Möglichkeiten des Build Service. Florian Effenberger ging in Richtung Systemverwaltung mit »Deploying OpenOffice.org - Installation and Configuration in a Corporate Network« (PDF-Datei).

In der Mittagspause konnte man in der nahegelegenen Cafeteria, für die es Gutscheine gab, ein Mittagessen zu sich nehmen. Es stand als nächstes der Vortrag »OsmocomBB: Protocol stack and baseband firmware for GSM mobile phones« von Harald Welte (PDF-Datei) an. Dieser war quasi die Fortsetzung des letztjährigen Vortrags. Der Entwickler berichtete von den Fortschritten bei den Versuchen, einen freien Mobiltelefonie (GSM)-Protokollstack zu schreiben, anhand dessen die mehr als mangelhafte Sicherheit der Protokolle untersucht werden kann. Dieser freie Protokollstack, OsmocomBB, ist inzwischen in der Lage, andere Mobiltelefone anzurufen und Gespräche zu führen. Als Glücksfall erwies sich dabei, dass für einen weit verbreiteten, wenn auch nicht mehr produzierten GSM-Chip, den TI Calypso, eine Zeitlang der Quellcode eines GSM-Stacks auf Sourceforge verfügbar war. Ein grober Schnitzer vermutlich, aber ausreichend, um die Arbeitsweise des Chips zu verstehen, und ein erster schwerer Schlag gegen die Geheimhaltungspraxis der Mobilfunkunternehmen. Doch auch vor OsmocomBB war schon klar, dass die GSM-Protokolle schwere Sicherheitslücken aufweisen. Eine exzellente Zusammenfassung des Vortrags schrieb Jon Corbet auf LWN.net.

Die weiteren Vorträge vor der wohlverdienten Kaffeepause waren: »Desktop virtualization with spice« von Gerd Hoffmann (PDF-Datei), »Wifi 802.11n standard support in Linux« von Vladimir Botka (PDF-Datei) und »Architecture of the Kernel-based Virtual Machine (KVM)« (PDF-Datei) von Jan Kiszka. Letzterer ging auch auf jüngste und noch bevorstehende Entwicklungen ein, die KVM fast so effizient wie reale Rechner machen.

Danach gab es weitere sechs Vorträge. Olof Hagsand beschrieb in »Control and forwarding plane separation on an open-source router« (PDF-Datei), wie er und sein Team mittels zehn 10-Gbit/s-Netzwerkkarten in einem Rechner mit Highend-Board eine Gesamt-Übertragungsrate von 92 Gbit/s erzielte. Dafür waren nur minimale Kernel-Optimierungen nötig, der Rest bestand aus geschickter Konfiguration, um den Kernel auf der Acht-Prozessor-Maschine effizient arbeiten zu lassen. »Virtual Machine timekeeping« von Glauber Costa (PDF-Datei) beschäftigte sich mit dem nicht ganz einfachen Problem, die Zeit in virtuellen Maschinen synchron zu halten. Sämtliche in normalen PCs vorhandenen Zeitgeber haben ihre ganz eigenen Probleme, die eine exakte Zeitzählung schon im einfachsten Fall schwierig machen. Mit mehreren Prozessoren und virtuellen Maschinen potenzieren sich diese Probleme.

Evgeniy Polyakov stellte in »Elliptics network« - a distributed hash table, design and implementation« (PDF-Datei) einen verteilten schlüsselbasierten Speicher vor, der als Basis für NoSQL-Datenbanken oder verteilte Dateisysteme dienen kann. In »KVM on Server Class PowerPC« (PDF-Datei) erläuterte Alexander Graf die Portierung von KVM auf PowerPC-Prozessoren, die heute überwiegend nur noch in Spielekonsolen und Servern eingesetzt werden. Er ging dabei ins Detail bis zu einzelnen Maschinenbefehlen. »Scalability Layer hits the Internet Stack« (PDF-Datei) von Martin Sustrik beschrieb das 0MQ-Framework, das das Schreiben von skalierbaren Internet-Diensten erleichtern soll. Dazu müsste das Protokoll zwischen TCP und der Anwendungsschicht in den Protokollstack eingefügt werden. Eine Beispielimplementation als Benutzerprozess existiert schon, aber der Entwickler hegt das Ziel, es in den Kernel zu integrieren, weil es dann mit dem vertrauten Socket-API ansprechbar ist. Wahrscheinlich wird es noch längere Zeit dauern, bis es soweit ist. Hannes Reinecke beschrieb im Vortrag »megasas: An efficient SCSI HBA emulation for KVM/Qemu« (PDF-Datei) die Entwicklung eines neuen Blockgerätetreibers für KVM. Zwar gibt es bereits virtio, dessen Effizienz nur schwer zu übertreffen ist, doch damit können Betriebssysteme, die keinen virtio-Treiber haben, nicht laufen. Für den Megaraid SAS dagegen gibt es Treiber, daher entwickelte Reinecke eine Emulation dieses Geräts für KVM. Für dieses Gerät sprach, dass es eine einfache Schnittstelle aufweist, die zudem noch effizienter ist als die der alten parallelen SCSI-Adapter.

Zum Geselligen Abend trafen sich die Teilnehmer ab 20 Uhr in der Altstadt in der Hausbrauerei Barfüßer im Mautkeller. Bei reichlichem und deftigem Essen und Getränken entspannten sich vielerlei Gespräche, und so mancher Teilnehmer kehrte wohl erst spät in sein Hotel zurück.

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