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Do, 5. September 2013, 15:00

Steam – Fluch oder Segen?

Das Kapital

Ein Grundgedanke von Linux ist die GPL und damit der Gedanke, seine Programme als Open Source freizugeben. Einige Firmen schaffen es, mit Open-Source-Software Geld zu verdienen, indem sie z.B. kostenpflichtigen Support für Open-Source-Produkte anbieten. Als Beispiel können hierfür sowohl große Distributionen wie Suse und Red Hat herangezogen werden, aber auch kleinere Produkte wie OTRS.

Spiele-Entwickler haben jedoch keine Firmen als Endkunden, welche jährlich für Support zahlen würden. Stattdessen muss ihr Lebensunterhalt komplett durch den einmaligen Verkauf der Spiele bestritten werden (Ausnahmen hiervon sind Abomodelle und In-Game-Werbung). Das bedeutet auch, dass viele Entwickler ihr Spiel mit einem Kopierschutz versehen, um die Umsätze zu steigern.

Steam ist hierbei eine der Plattformen, welche betriebssystemübergreifend für Windows, Mac OS X und Linux verfügbar ist (daneben gibt es zum Beispiel noch Desura, das im Gegensatz zu Steam jedoch keinen Kopierschutz mitliefert). Somit haben Spiele-Entwickler und Spieler den Vorteil, das gleiche Produkt (und damit den gleichen Kopierschutz) auf mehreren Betriebssystemen einsetzen zu können. Spiele werden beim Online-Kauf beziehungsweise bei der Registrierung von im Laden gekauften Spielen fest mit dem Steam-Konto des Benutzers verbunden. Das Verleihen an Freunde und der Weiterverkauf von einmal registrierten Spielen ist bisher unmöglich.

Dafür sind die Spiele jedoch nicht fest an einen PC gebunden. Dies kann gerade dann von Vorteil sein, wenn das Spiel sowohl auf einem Desktop-PC als auch einem Laptop unterwegs gespielt werden soll und dabei evtl. sogar noch unterschiedliche Betriebssysteme verwendet werden.

Für kleinere Firmen (unter anderem auch Ein-Mann-Firmen) in der Spiele-Entwickler-Branche stellt Steam die Möglichkeit einer rein digitalen Verbreitung ihrer Spiele dar. Dies kann finanziell einen Vorteil gegenüber der Verbreitung in Ladengeschäften darstellen. Gerade bei unbekannten Entwicklern kann es problematisch sein, einen Publisher zu finden, welcher das Spiel in Umlauf bringen will. Rein digitale Verbreitungsmodelle wie Steam und Desura senken so die Hürde für Entwickler und haben bei einigen Spielen die Veröffentlichung überhaupt erst ermöglicht.

Die Privatsphäre

In der Steam Privacy Policy Agreement kann man nachlesen, welche Informationen Valve über seine Steam-Benutzer sammelt. Der Grund für das Sammeln der Daten ist laut Valve, dass Spiele und Dienste besser an die Plattformen und Gewohnheiten der Spieler angepasst werden sollen. Gerade diese Datensammlung stößt einigen Vertretern der Open-Source-Gemeinde bitter auf. Sofern diese Datensammlung positiv auslegt werden soll, ist anzuführen, dass es damit unter anderem möglich ist, den Anteil der Linux-Distributionen unter den Steam-Benutzern zu bestimmen. Somit ist es für Spieleentwickler einfacher, zu entscheiden, ob sich eine Portierung eines Spiels überhaupt lohnt und wenn ja, auf welche Distribution der Fokus gelegt werden sollte.

Die Treiber

Das wichtigste Argument für Steam ist in meinen Augen jedoch die Verbesserung der Treiber-Situation unter Linux. Primär seien hier die Grafiktreiber von Intel, AMD und Nvidia genannt. Und obwohl Linus Torvalds für Nvidia nur ein »Fuck You« übrig hatte, haben viele Nutzer mit den binären, proprietären Treibern von Nvidia in den letzten Jahren gute Erfahrungen gemacht. Es wäre wünschenswert, wenn AMD und Nvidia ihre Treiber direkt als Open Source in den Linux-Kernel mit einbringen würden, allerdings gibt es aktuell im Bereich der Spiele nur mit den binären Treibern die Möglichkeit, das Maximum aus seiner Grafikkarte herauszuholen.

Intel hat jedoch auch dazugelernt: Die Entwicklung von der miserablen Politik der Treibersituation des Intel-GMA500-Grafikchips bis zur zeitnahen Unterstützung aktueller Intel-HD-Grafikeinheiten muss positiv erwähnt werden.

Mein aktueller Steam-Account

Florian E.J. Fruth

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Das Fazit

In der Hoffnung, dass dieser Artikel einige der Argumente für und im Ansatz auch gegen Steam mit den dazugehörigen Hintergründen aufzeigen konnte, kann sich nun jeder entscheiden, ob er mit der Datensammlung und dem DRM-System von Steam leben kann oder nicht. Sofern die Entscheidung gegen Steam fällt, bleibt immer noch die Möglichkeit, DRM-freie Spiele für Linux über Projekte wie das Humble Bundle oder Groupees zu erwerben. Hätte es bei den Humble Bundles jedoch keine Steam-Keys dazu gegeben, wäre ihnen wahrscheinlich weniger Aufmerksamkeit zuteil geworden (u.a. auch aufgrund von nicht ganz so bescheidenen Käufern).

Meiner Meinung nach hat es Valve mit dem Steam-Client für Linux und der Portierung ihrer eigenen Spiele geschafft, zum einen die Treibersituation – zumindest für Intel-Grafikkarten – zu verbessern und zum anderen die Portierung von weiteren Spielen anzustoßen. Für mich überwiegen somit die Vorteile und ich sehe den Steam-Client großteils als Segen. Zum Vergleich: Aus den ehemals vier Linux-Spielen sind bei mir aktuell 46 unter Linux lauffähige Spiele geworden (von insgesamt 90 Steam-Spielen in meiner Steam-Sammlung).

Autoreninformation

Florian E.J. Fruth hatte schon im vorherigen Jahrtausend Kontakt mit Suse und Debian Linux. Dabei hat er schon immer versucht, auch Spiele unter seinem Standardbetriebssystem zu nutzen.

Dieser Artikel ist in freiesMagazin 09/2013 (ISSN 1867-7991) erschienen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.

  • Das Werk darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, Abwandlungen und Bearbeitungen des Werkes müssen unter den gleichen Bedingungen weitergegeben werden. Der Name des Autors/Rechteinhabers muss in der von ihm festgelegten Weise genannt werden.

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