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Do, 27. August 2015, 15:00

Modifizieren eines Biblatex-Stils

Dieser Artikel richtet sich an Nutzer von LaTeX, die sich erstmals damit konfrontiert sehen, besondere Vorgaben bei der Bibliografie umsetzen zu müssen, welche sich mit Standardstilen nicht vollständig realisieren lassen.

Redaktioneller Hinweis: Eine frühere Version des Artikels erschien 2014 im Blog von TeXwelt.

Ausgangslage

Schreibt man wissenschaftliche Arbeiten oder Artikel für Fachzeitschriften, so wird dafür stets ein Literaturverzeichnis benötigt. LaTeX bietet mit dem Paket Biblatex ein hervorragendes Werkzeug zu dessen Erstellung. Dabei gibt es Betreuervorgaben, Institutsvorgaben, Normen oder Vorgaben der unterschiedlichen Fachpublikationen, wie das Literaturverzeichnis im Einzelfall auszusehen hat. Für den Stil »iest«, der im vorliegenden Artikel vorgestellt wird, galten am Institut für Eisen- und Stahltechnologie der TU Bergakademie Freiberg (IEST) die folgenden Vorgaben:

  1. knapper numerischer Zitationsstil
  2. Hervorhebung des Werktitels in geeigneter Weise
  3. Sortierung des Literaturverzeichnisses nach Reihenfolge der Zitation
  4. Autoren-, Herausgeber- und Übersetzerangabe als Nachname, Vorname
  5. durchgehende Angabe der Vornamen als Initialen
  6. Doppelpunkt nach dem letzten Autoren-, Herausgeber- und Übersetzernamen
  7. Abkürzen der Autorenliste mit »et al.« bei mehr als drei Autoren

Beispiel zum Stil »numeric-comp«

E. Frank Sandig

Beispiel zum Stil »numeric-comp«

Die Punkte 1 und 2 werden bereits vom Standardstil »numeric-comp« umgesetzt. Punkt 3 lässt sich durch die Paketoption sorting=none beim Laden des Paketes Biblatex erreichen. Sucht man über die üblichen Suchmaschinen nach Stilen für Biblatex, so erhält man überwiegend Treffer für das ältere BibTeX-System. Diese beiden Systeme sind jedoch, was die Stildateien angeht, nicht kompatibel. Obwohl die Vorgaben des IEST keineswegs außergewöhnlich sind, war zu Beginn der Arbeit am Stil »iest« kein vorgefertigter Stil im Internet verfügbar, der die obigen Vorgaben vollständig umgesetzt hätte. Dieser Umstand gab daher den Ausschlag für die Erstellung eines neuen Stils »iest«. Dieser basiert auf »numeric-comp« und lädt diesen Stil, womit alle Eintragstypen und Felder, die der Standardstil unterstützt, auch von »iest« unterstützt werden.

Für einzelne Änderungen, die nur in einem Dokument benötigt werden, lohnt sich die Erstellung eines eigenen Stils nicht. In diesem Fall kann man die Änderung in der Präambel des Dokumentes einfügen. Ein eigener Biblatex-Stil lohnt sich vor allem, wenn man mehrere Änderungen hat, man diese immer wieder benötigt oder wenn der Bibliografiestil von einer Gruppe von Autoren verwendet werden soll (z.B. alle Studenten eines Betreuers, ein Institut, alle Autoren bei einer bestimmten Zeitschrift, alle Wissenschaftler eines Projekts, alle Projekte eines Trägers usw.).

Vorteile von Biblatex

Die Verwendung des moderneren Pakets Biblatex bietet gegenüber dem älteren BibTeX-System eine Reihe von Vorteilen; beim Einsatz selbst wie auch bei der Erstellung eigener Stile. So unterstützt Biblatex mehr Felder je Eintragstyp. Darunter sind z.B. redactor, shorthand, subtitle, bookauthor, booktitle und origlanguage, origlocation, origtitle sowie origyear. Ebenso existieren bei Biblatex von Haus aus mehr Eintragstypen als bei BibTeX, z.B. @collection, @online, @patent und @periodical. Darüber hinaus können relativ einfach eigene Eintragstypen definiert werden.

Viele Einstellungen für die Bibliografie können bereits beim Laden des Pakets in Form von Paketoptionen übergeben werden. Darunter sind das Schema zur Sortierung der Bibliografie, Block- oder Flattersatz im Literaturverzeichnis, Verwendung bibliografischer Abkürzungen, die maximale Anzahl der ausgegebenen Namen, Angabe von Seitenzahlen der Zitate in der Bibliografie, Ausgabe von ISBN, DOI, URL, ePrint und einiges mehr. Verwendet man an Stelle von BibTeX den moderneren Bibliografieprozessor biber zur Sortierung, was bei Biblatex voreingestellt ist, so kann man eigene Sortierschemata definieren, z.B. name-title-year, und erhält darüber hinaus UTF8-Unterstützung für die eigene Literaturdatenbank, welche einen besonderen Vorteil darstellt.

Es ist möglich, unterschiedliche Zitations- und Bibliografiestile unabhängig voneinander zu laden (Paketoptionen citestyle und bibstyle). Biblatex bietet zahlreiche unterschiedliche Zitierbefehle, darunter \autocite{}. Das Verhalten dieses Befehls lässt sich global über eine Paketoption einstellen. Optional bietet Biblatex auch Kompatibilität zum natbib Paket. Das Biblatex-Paket unterstützt unterteilte Bibliographien, mehrere Bibliographien innerhalb eines Dokuments und separate Listen bibliographischer Abkürzungen. Bei all dem ist Biblatex bezüglich der Datenbank abwärtskompatibel, sodass man alle alten .bib-Dateien weiterhin verwenden kann. Wie man Biblatex in einem Dokument verwendet, kann man dem Beispiel entnehmen.

Man kann BibTeX zugute halten, dass bereits sehr viele fertige Stile existieren, da es das System bereits seit 1985 gibt. Dennoch werden in LaTeX-Foren täglich Fragen nach der Umsetzung besonderer Vorgaben, die über vorhandene Stile hinausgehen, gestellt. Eigene Stile für das ältere System können mit makebst nach einem Frage-Antwort-Schema erstellt werden. Jedoch lassen sich damit, trotz des relativ großen Zeitaufwandes, Vorgaben häufig nicht vollständig umsetzen. Editiert man einen .bst-Stil selbst, so muss man dazu BibTeX-Funktionen verwenden, die quasi eine eigene, keineswegs triviale Sprache darstellen, vgl. die Dokumentation von BibTeX.

Demgegenüber greift Biblatex lediglich optional für die Sortierung der Einträge auf BibTeX zurück. Die Formatierung des Literaturverzeichnisses und der Zitate erfolgt jedoch über LaTeX-Befehle bzw. Makros. Diese Vorgehensweise ist für den erfahrenen LaTeX-Anwender intuitiver, transparenter und effizienter als die BibTeX-Programmierung und darüber hinaus der Grund dafür, dass einzelne Änderungen in der Präambel des betreffenden Dokuments angegeben werden können. Die besondere Effizienz von Biblatex ist u.a. darin begründet, dass man bestehende Stile laden und einzelne Teile umdefinieren kann. Dies führt dazu, dass der Stil »iest« mit wenigen Zeilen Quelltext auskommt. Aufgrund der Funktionsweise sowie einer Vielzahl an Optionen ist Biblatex weitaus flexibler als das BibTeX-System.

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