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Do, 11. Mai 2017, 15:00

FreeBSD 4.11 im Jahr 2017: Ein Vermächtnis

»BSD« in ein paar Sätzen

Das ursprüngliche Unix entstand als Großrechnersystem bei AT&T. Die Firma durfte jedoch aus monopolrechtlichen Gründen nicht auf dem Softwaremarkt mitmischen. Aus diesem Grund lizenzierte man Unix praktisch für ein Taschengeld z.B. an Universitäten. Anders als heute war es damals noch üblich, den Quellcode für Software mitzuliefern, damit der Kunde die Funktionsweise nachvollziehen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen konnte. »Open Source« ist, anders als viele heute denken, keine Idee irgendwelcher Schwärmer, sondern war einmal der ganz selbstverständliche Normalzustand!

Ganze Scharen von Studenten stürzten sich auf das System, behoben Fehler, verbesserten Vorhandenes und schufen ganz neue Funktionen. Es ergab sich, dass diese Patches und Erweiterungen zentral bei der Universität Berkeley gesammelt wurden. Dort begann man schließlich auch damit, die nützlichsten davon zusammenzufassen und mehr oder weniger stark veränderte und erweiterte Fassungen von Unix zu veröffentlichen. Dies geschah unter dem Namen »Berkeley Software Distribution« - oder kurz: BSD.

Vieles von dem, was in BSD das Licht der Welt erblickt hatte, floss einige Zeit später auch in das eigentliche Unix zurück. Da dies jedoch frühestens mit der nächsten Veröffentlichung geschah, war BSD in vielem wesentlich näher am Puls der Zeit. Dies führte dazu, dass viele Firmen Unix erwarben, um die Lizenz zu besitzen, tatsächlich denn aber die Datenträger in den Schrank packten und direkt BSD Unix installierten. Doch alles kommt irgendwann zu einem Ende: Die Finanzierung für das Projekt an der Universität lief aus und das eigentliche BSD-Projekt musste beendet werden.

Nun geschah aber etwas Besonderes: Man stellte die letzte Fassung (4.4BSD) unter eine freie Lizenz und gab sie für alle Welt frei. Das rief die Rechteinhaber von Unix auf den Plan und es krachte mächtig. Was sich damals abspielte, ist eine (durchaus interessante) Geschichte für sich. Der Kürze halber hier nur das Ende vom Lied: Das Gerichtsverfahren wurde letztlich fallengelassen, da die Unix-Rechteinhaber ihrerseits gegen die BSD Lizenz verstoßen hatten, als sie Teile davon in ihr Unix zurück übernahmen und dabei die Lizenzinformationen einfach löschten und zusätzlich die »keine Werbung«-Klausel missachteten! Gleichzeitig stellte sich heraus, dass der weitaus größte Teil des Quellcodes für BSD völlig neugeschrieben worden war und damit absolut rechtens frei verteilt werden durfte. Die Teile, die unverändert übernommen waren, wurden schließlich entfernt und eine letzte Veröffentlichung, 4.4BSD-lite(2) konnte erscheinen. Diese war wegen der fehlenden Teile nicht alleine lauffähig, die von anderen ergänzt werden mussten.

Zwischenzeitlich war BSD auf x86-Hardware (genauer: Intels 80386) portiert worden. 386BSD, auch bekannt als »Jolix«, war für viele Unixfreunde die Erfüllung eines Traums. Die offizielle Entwicklung stockte jedoch und so wurden wieder Patchsets gesammelt, die das System erweiterten. Nachdem Meinungsverschiedenheiten mit der Projektleitung nicht geklärt werden konnten, entstanden unabhängig voneinander zwei Gruppen, welche die Weiterentwicklung vorantreiben wollten: FreeBSD und NetBSD wurden geboren (und sind bis heute aktiv).

Anders als die von Grund auf neugeschriebene Kombination GNU/Linux, sind alle BSDs somit ein waschechter Abkömmling von Unix. Da Unix jedoch einen Markennamen darstellt und (nicht ganz unerhebliche) Gebühren bezahlt werden müssen, damit ein System als »Unix« eingestuft werden kann, sind alle BSDs genaugenommen kein Unix, obwohl sie in direkter Linie davon abstammen! Genau wie Linux haben sie damit den Status als »Unix-likes«, also Unix-ähnliche Systeme, inne.

Auch wenn heute abschließend geklärt ist, dass der BSD-Code frei verteilt werden kann, schürten zuerst diverse Firmen ein Klima der Rechtsunsicherheit, das BSD zum Verhängnis wurde und den Aufstieg von und die vielfache Verdrängung durch Linux ermöglichte. Was bleibt von BSD? Erstaunlich viele Dinge, die wir heute für selbstverständlich halten, nahmen dort ihren Anfang. Zentrale Entwicklungen wie TCP wurden auf BSD entwickelt und fanden dort ihre Referenzimplementierung. OpenSSH, heute auch fast allgegenwärtig, entstammt dem OpenBSD-Projekt. Wohin man auch sieht, fast überall lassen sich BSD-Einflüsse auch im heutigen Linux und anderen Unix-artigen Systemen finden.

Doch ganz verschwunden sind die BSDs selbst auch heute nicht. Die Feststellung, *BSD liege im Sterben (»BSD is dying«), ist sowohl durch ihre jahrelange Wiederholung als auch dadurch, dass es doch niemals eingetreten ist, eine Art Äquivalent zur Ausrufung des »Jahres des Linux-Desktops«. Heute befinden sich Varianten wie FreeBSD sogar wieder leicht im Aufschwung, leben aber größtenteils völlig im Schatten des übermächtigen »kleinen Bruders« Linux.

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