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Mo, 25. September 2000, 00:00

Tagebuch eines Linuxreisenden, Teil 2

Miguel de Icaza

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Miguel de Icaza

Nach der Mittagspause ist natürlich der Vortrag von Miguel de Icaza, Initiator von GNOME und Gründer von HelixCode, der Anziehungspunkt. Er stellt die Komponenten-Technologie von GNOME vor, die in vielen Punkten von Microsoft kopiert ist, aber die wesentlichen Fehler von MS vermeidet. Seine frühere Aussage, die als "UNIX ist scheiße" wiedergegeben werden kann, hat er in "UNIX stagnierte jahrelang" abgeschwächt. Natürlich sind 45 Minuten ein viel zu kurzer Rahmen für seinen Vortrag, doch auch er muß irgendwann zum Ende kommen, da der nächste Vortrag wartet.

Da Simon Pogarcic im anderen Hörsaal vorträgt, hat er schon begonnen, bevor Miguel zu Ende kam. Ich verpasse daher das erste Drittel des Vortrags. Leider ist der Vortrag auch nicht sehr erhellend. Der Redner spricht meist zur Wand anstatt zum Publikum, und im Grund verstehe ich nicht viel mehr von dem Ganzen, als daß es sich um eine Art allgemeine Konstruktionsanleitung für Kernel-Module handelt. Leute, die einen Device-Treiber so schreiben wollen, daß nur das absolut Notwendige im Kernel getan wird und der Rest in einer Library oder einem Daemon, sollten sich das Projekt GEM ansehen.

Dirk Hohndel

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Dirk Hohndel

Den Schlußpunkt setzt Dirk Hohndel, CTO von SuSE und XFree86-Hacker, mit seinem lebendigen Vortrag "The Difference is Open Source". Eigentlich richtet sich der Vortrag an ein Business-Publikum, das es heute natürlich nicht gibt. Trotzdem ist es ein informativer Vortrag, der deutlich macht, daß Linux für Unternehmen inzwischen mehr als interessant ist. Die fünf größten deutschen Banken setzen schon Linux ein, und das sicher bald auch in kritischen Bereichen, nicht mehr nur als relativ unwichtige Datei- oder Intranet-Server. Auch T-Online setzt eine sehr große Zahl von Linux-PCs ein. Linux steht kurz davor, in Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit zu den großen UNIXen aufzuschließen und damit die Data-Center zu erobern.

Abreise

Relativ knapp schaffe ich es, meinen geplanten Zug zu erwischen. Aus völlig unersichtlichen Gründen schaffen es die Logistikkünstler von der Bahn aber, den Zug von Nürnberg mit 15 Minuten Verspätung in Stuttgart ankommen zu lassen, wo mein Anschlußzug nach Karlsruhe dann natürlich nicht etwa wartet, sondern bereits weg ist.

Beim Warten auf den eine Stunde später fahrenden Zug treffe ich Jochen Topf, den das gleiche Schicksal ereilt hat. Bis zur Ankunft in Karlsruhe unterhalten wir uns über verschiedene Dinge und die Möglichkeit, den Kongreß einmal nach Karlsruhe zu holen. Irgendwie scheint die Uni Karlsruhe trotz ihrer Größe über keine geeigneten Räumlichkeiten für solch einen Kongreß zu verfügen. Vielleicht sollte man mal die Fachhochschule ansehen. Ich persönlich hätte allerdings auch nichts gegen das Kongreßzentrum oder das Ramada-Hotel einzuwenden :-). Wobei letzteres vermutlich doch zu klein sein wird.

Statistik

Martin Schulte, der Organisator des Kongresses, teilte mir mit, daß die Teilnehmerzahl diesmal bei 385 lag. Letztes Jahr in Augsburg sollen es 320 gewesen sein. Für nächstes Jahr erhofft er sich, hauptberuflich an der Organisation arbeiten zu können, um die Veranstaltung noch besser zu machen. Ich wünsche ihm, das ihm das glückt. Dabei gab es dieses Jahr kaum nennenswerte Kritikpunkte. Aber Raum für Verbesserungen ist natürlich allemal. Ich gehe davon aus, daß der Linux-Kongreß die führende technische Linux-Veranstaltung in Europa, wenn nicht gar weltweit, bleiben wird.

Fazit

Der Linux-Kongreß war wie immer eine nette kleine, sehr technisch orientierte Veranstaltung, die sich für mich durchaus gelohnt hat. Ich werde wohl auch nächstes Jahr wieder dabei sein. Das Niveau der Vorträge war durchweg gut bis sehr gut, soweit ich es mitbekommen habe. Gegenüber dem letzten Jahr konnte es sogar noch zulegen. Es wird allerdings Zeit, daß sich auch Linus mal wieder auf dieser Konferenz blicken läßt.

Die Webseite enthält sowohl eine Nachlese zu den bisherigen Kongressen als auch Informationen zum nächstjährigen Kongreß.

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