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Mi, 25. Juni 2003, 00:00

Die geplante Einführung von Software-Patenten und ihre Auswirkungen

TRIPS

Der TRIPS-Vertrag (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des Geistigen Eigentums, 1994) verpflichtet die unterzeichnenden Staaten, Patente auf technische Erfindungen zu gewähren, die für mindestens zwanzig Jahre gelten (Art. 27). Bestimmte Bereiche können von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden. Es wird nicht gefordert, daß Programme und Geschäftsmethoden patentierbar sein sollen, es wird aber auch nicht ausgeschlossen. Der Wortlaut des Artikels 27:

  1. Vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 ist vorzusehen, daß Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erhältlich sind, sowohl für Erzeugnisse als auch für Verfahren, vorausgesetzt, daß sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. [ Im Sinne dieses Artikels kann ein Mitglied die Begriffe "erfinderische Tätigkeit" und "gewerblich anwendbar" als Synonyme der Begriffe "nicht naheliegend" beziehungsweise "nutzbar" auffassen. ]
    Vorbehaltlich des Artikels 65 Absatz 4, des Artikels 70 Absatz 8 und des Absatzes 3 dieses Artikels sind Patente erhältlich und können Patentrechte ausgeübt werden, ohne daß hinsichtlich des Ortes der Erfindung, des Gebiets der Technik oder danach, ob die Erzeugnisse eingeführt oder im Land hergestellt werden, diskriminiert werden darf.
  2. Die Mitglieder können Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung innerhalb ihres Hoheitsgebiets zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, daß ein solcher Ausschluß nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch ihr Recht verboten ist.
  3. Die Mitglieder können von der Patentierbarkeit auch ausschließen
    1. diagnostische, therapeutische und chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen oder Tieren;
    2. Pflanzen und Tiere, mit Ausnahme von Mikroorganismen, und im wesentlichen biologische Verfahren für die Züchtung von Pflanzen oder Tieren mit Ausnahme von nicht biologischen und mikrobiologischen Verfahren. Die Mitglieder sehen jedoch den Schutz von Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein wirksames System sui generis oder durch eine Kombination beider vor. Die Bestimmungen dieses Buchstabens werden vier Jahre nach dem Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens überprüft.

EPC

Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) (European Patent Convention, EPC) von 1973 fordert, daß patentierbare Erfindungen technisch sein müssen. Es schließt in Artikel 52 u.a. Programme und Geschäftsmethoden ebenso aus wie Theorien und Algorithmen. Nach vorherrschender Meinung sind Programme wie mathematische Formeln anzusehen und daher nicht technisch. Das Europäische Patentamt dagegen sieht ein Programm inzwischen allein schon dadurch als technisch an, daß es auf einem Computer läuft. Der Text von Artikel 52:

  1. Europäische Patente werden für Erfindungen erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
  2. Als Erfindungen im Sinn des Absatzes 1 werden insbesondere nicht angesehen:
    1. Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden;
    2. ästhetische Formschöpfungen;
    3. Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen;
    4. die Wiedergabe von Informationen.
  3. Absatz 2 steht der Patentfähigkeit der in dieser Vorschrift genannten Gegenstände oder Tätigkeiten nur insoweit entgegen, als sich die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent auf die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche bezieht.
  4. Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, gelten nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen im Sinn des Absatzes 1. Dies gilt nicht für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem der vorstehend genannten Verfahren.

Es besteht Einigkeit darüber, daß dies angesichts der aktuellen Praxis nicht mehr ausreicht. Der FFII schlägt folgende verschärfte Fassung vor:

  1. Europäische Patente werden für technische Erfindungen (d.h. Lehren zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur unmittelbaren Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolges) aller Art erteilt, sofern sie neu, nicht naheliegend (d.h. ungewöhnliche experimentelle Tätigkeit erfordernd) und gewerblich anwendbar (d.h. zum unmittelbaren Einsatz in der gewerblichen Herstellung materieller Güter bestimmt) sind.
  2. Als technische Erfindungen werden insbesondere nicht angesehen: ...[unverändert]
  3. [unverändert oder gestrichen]
  4. [nach Art. 57 verschoben]

Das EPA will dagegen unbegrenzte Patentierbarkeit und schlägt daher folgende Fassung vor: Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.

Weitere Bestrebungen

Die World Intellectual Property Organization (WIPO), die den TRIPS-Vertrag zustande gebracht hat, ist von Patentanwälten getrieben. Sie strebt daher "harmonisierende" und verbindliche weltweite Regelungen an, die eine unbegrenzte Patentierbarkeit zur Folge haben.

Patente im Allgemeinen - gut oder schlecht?

Patente als Wirtschaftsfaktor

Professor Lawrence Lessig stellte in einem Vortrag auf der Konferenz »Softwarepatente: Von Juristischen Wortspielen zur Ökonomischen Wirklichkeit« ein Kriterium auf, an denen sich Patente messen lassen müssen:

Der Nutzen muß größer als die Kosten sein.

Dazu macht er die folgenden fünf Beobachtungen:

  1. Patente sind gut in einigen Umfeldern
  2. Patente sind gesellschaftlich schlecht, falls die Kosten den Nutzen übersteigen
  3. Es gibt keine ernstzunehmenden Erkenntnisse, daß Patente gut sind
  4. Neuere Erkenntnisse besagen, daß Patente schaden, die Kosten übersteigen den Nutzen
  5. Es gibt keinen allgemeinen wirtschaftlichen Nutzen von Patenten

Patente sind schon seit ihrer Einführung umstritten, und Lessig ist nicht der einzige, der mittlerweile den ökonomischen Nutzen von Patenten als geringer ansieht als ihre Nachteile. Es mag einzelne Industriezweige geben, wo Patente sinnvoll sind: überall dort, wo der Anteil an Forschung und Entwicklung sehr hoch ist, beispielsweise in der Pharma-Industrie. Die Entwicklung eines Medikamentes dauert Jahre, wenn es jedoch einmal bekannt ist, ist es sehr leicht herzustellen. Dennoch: keine einzige Studie der letzten Jahre kommt zu einer eindeutig positiven Aussage zu Patenten. Wenn dies aber schon bei allgemeinen Patenten so ist, kann es dann bei Software besser aussehen? Auch die Bakels-Studie bekräftigt die rein ökonomische Sichtweise auf Patente: "Patenrecht ist im Wesentlichen Wirtschaftsrecht, und seine Vorzüge müssen vor allem in wirtschaftlichen Begriffen beurteilt werden" (Bakels, S. 4).

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