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Sa, 18. November 2006, 00:00

»Microsoft ist nicht der böse Feind«

Interview mit Chefarchitekt Kurt Garloff von Novell

Pro-Linux: Um bei dem Thema Softwarepatente zu bleiben: Ich habe gehört, dass das Software Freedom Law Center sich gerne einschalten würde. Was wissen Sie darüber und besteht die Möglichkeit, dass das Abkommen in gewisser Hinsicht revidiert wird?

Garloff: Wir sind natürlich im Gespräch mit Eben Moglen, der als Vertreter des Freedom Law Center da ist und auch als einer, der für die Free Software Foundation tätig ist, unterwegs ist. Eben Moglen ist über den Patentteil des Abkommens nicht sehr glücklich, das hat er deutlich zum Ausdruck gebracht. Auf der anderen Seite sieht er jetzt momentan nicht einen Konflikt mit der GPL, so wie sie existiert.

Es gibt jetzt Spekulationen darüber, ob in der nächsten Revision sich die Lizenz entsprechend ändert. Ich gehe nicht davon aus, dass das Abkommen revidiert werden kann, allerdings gibt es ja als Teil dieses Abkommens diese öffentlich abgegebene Versprechung, diese Covenants von Novell und von Microsoft. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die im Wortlaut nochmal verändert werden - wenn es denn irgendwie Konflikte gibt, zumal mit Lizenzen, oder wenn jemand findet, dass da Fehler gemacht wurden.

Pro-Linux: Die FSF strebt offenbar im nächsten Entwurf der GPLv3 Passagen an, die Abkommen wie das zwischen Novell und Microsoft explizit unmöglich machen. Sollte die GPLv3 in dieser Form in Kraft treten, was wären die Auswirkungen auf Ihr Abkommen?

Garloff: Wenn die FSF mit die GPLv3 derart umgestaltet, dann bringt sie damit klar zum Ausdruck, dass sie das Abkommen als etwas Schädliches ansieht, das sie durch Veränderung der Lizenz für die Zukunft ausschließen will. Offensichtlich ist es uns noch nicht gelungen, zu erklären, warum das Abkommen gut für Linux und die Community von freien Softwareentwicklern ist. Hier würde ich ansetzen und versuchen zu erklären und zu erläutern, dass es ein gutes Abkommen ist.

Wenn das nicht gelingt, wäre das sehr bedauerlich. Sicherlich ist es nicht wünschenswert, dass Novell von ihren Beiträgen zur freien Software ausgeschlossen wird. Wenn die GPLv3 dennoch »Novell-inkompatibel« gemacht wird, dann führt das zu einer Spaltung der Community, zumindest bei den Projekten, bei denen die Maintainer auch tatsächlich auf die GPLv3 wechseln wollen. Eine solche Spaltung wäre für keinen gut; wir würden das gerne vermeiden. Ich bin aber skeptisch, dass wir da tatsächlich größere Änderungen am Abkommen machen können, um das zu verhindern.

Ich wünsche mir, dass wir im Dialog mit der FSF und Eben eine andere Lösung finden, die eine solche Klausel in der GPLv3 vermeidet.

Pro-Linux: Das Abkommen hat ein Volumen von fast einer halben Milliarde US-Dollar, wobei natürlich Novell der überwiegende Nutznießer ist, denn Novell bekommt das meiste Geld. Besteht nicht die Gefahr, dass Novell sich in eine Art Abhängigkeit von Microsoft begibt?

Garloff: Novell hat ja bisher auch ohne dieses Geld existiert und hat es geschafft, mit seinen Produkten Geld zu verdienen. In den meisten Segmenten nicht unbedingt rosig, aber im Linux-Bereich durchaus sehr erfolgreich, mit sehr schönen Wachstumszahlen. Das ist auch weiterhin das Geschäftsmodell von Novell. Wenn Novell es schafft, aufgrund seiner Position, vielleicht auch aufgrund seiner Patentmacht, von Microsoft Geld zu bekommen, um das Wachstum zu beschleunigen, dann ist das eigentlich ein Vorteil. Man kann das Geld nutzen, um wichtige Open-Source-Projekte mit mehr Leuten schneller voranzubringen.

Pro-Linux: Apropos Wachstum. Gibt es Zielvorstellungen, welche Marktanteile Sie mit den Enterprise-Produkten erreichen wollen, oder auch mit OpenSuse? Ich weiß jetzt nicht, ob es mit OpenSuse überhaupt Marktzahlen gibt, aber was sind Ihre Pläne in dieser Richtung?

Garloff: Ich fange mit OpenSuse an. Das Ziel von OpenSuse ist, möglichst viele Entwickler und möglichst viele Benutzer zu erreichen. Das Ziel von Novell ist es nicht, damit Geld zu verdienen. In der Vergangenheit hat die Firma Suse mit Suse Linux Geld verdient. Das war auch mal das wichtigste Standbein in der Geschichte. Dieses Ziel ist aufgegeben worden. Wir wollen diese Plattform einfach möglichst vielen Benutzern zur Verfügung stellen, damit möglichst viele dieses schöne Produkt nutzen können. Das ist nicht ganz uneigennützig. Es freut Novell natürlich, wenn Benutzer dieses System schon benutzt haben und vielleicht dann mal, wenn sie in einer Firma arbeiten, auch mit dem SLES gut zurechtkommen.

Pro-Linux: Und der Enterprise-Markt?

Garloff: Natürlich wünscht sich Novell, dass der Marktanteil von Novell steigt. Wir haben in der Vergangenheit versucht, die besten Produkte zu bauen. Wir waren in vielen Bereichen auch der Innovativste. Wir haben viele Technologien zuerst als Enterprise-Produkt ausgeliefert, momentan Virtualisierung, in der Vergangenheit Journaling Filesystem, Volume Management, den 2.6er-Kernel und die 64-Bit-Portierung auf AMD64. In vielen Bereichen haben wir das vorangetrieben, in der Hoffnung, dass die Kunden auch aufgrund dieser Technologie-Führerschaft Novell wählen. Das hoffen wir auch weiterhin und wir hoffen auch, dass wir da mehr Erfolg haben als in der Vergangenheit.

Pro-Linux: Gibt es da auch konkrete Zahlenvorstellungen - Stückzahlen oder Marktanteile, die Sie erreichen wollen?

Garloff: Die Haupt-Herausforderung ist eigentlich, neue Benutzer für Linux zu gewinnen. Momentan ist der Anteil von Linux am gesamten Enterprise-Markt ja relativ gering im Vergleich zu Solaris, auch Windows. Das sind die Segmente, von denen wir Kunden gewinnen möchten. Ob sich das dann gegenüber Red Hat zu unseren Gunsten verschiebt oder nicht, ist solange unwichtig, wie dieser Markt schön wächst. Natürlich freue ich mich, wenn unser Marktanteil auch im reinen Linuxbereich wächst, aber Hauptsache ist, dass man eben dieses Wachstum hat dadurch, dass man mehr Linux-Kunden gewinnt.

Pro-Linux: Haben Sie vielleicht nicht das Gefühl, gerade im Linux-Segment, dass die Bedeutung von OpenSuse abgenommen hat seit der Übernahme von Novell?

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