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Mo, 22. November 1999, 00:00

Interview mit Hr. Stefan Wintermeyer

Dieses Interview wurde in Form vom zwei Emails mit dem stellvertretenden Leiter des I-Supports, Hr. Stefan Wintermeyer (SuSE GmbH) im Namen des Pro-Linux-Teams von demon geführt.

demon: Es gab viele Beschwerden, daß SuSE komplizierter gegenüber SuSE 6.0 geworden ist. So wurde die einfache Art, einen Provider und Modem zu konfigurieren, erheblich komplizierter. Viele User kommen mit der Eingabe einer IP Nummer nicht mehr klar. Warum wurde plötzlich die bewährte Installation so stark überarbeitet?

Stefan Wintermeyer: Mit der SuSE 6.1 haben wir ein neues sehr kraftvolles Einwahltool eingeführt, mit dem wir bis jetzt nur gute Erfahrung gemacht haben. Das Tool heisst "wvdial" und ist auf der Konsole mit wvdial oder im xterm mit wvdial.tcl aufrufbar. Wichtig: Ein wvdial-Benutzer muss in den Gruppen dialout und uucp sein.

demon: Ein Update des Systems führte bei sehr vielen Usern zur Zerstörung der bereits vorhandenen Installation. Darüber hinaus funktionierten plötzlich Komponenten, die ihren Dienst tadellos verrichtet haben, nach dem Update nicht mehr.

SW: hmmmm... bitte haben Sie Verständis dafür, dass diese Beschreibung etwas schwammig ist. Viele unserer Kunden möchten "mal eben gerade" ein Update auf einem mission critical Server vollziehen und bedenken dabei nicht, dass sie noch zig Sondereinstellungen gemacht haben. Never change a running system! Allerdings überprüfen wir unsere Updatemechanismen sehr gründlich und updaten unsere Firmenrechner mit der gleichen Methode.

Ich befürchte, dass die von Ihnen angesprochenen Fälle /etc/*-Dateien selber verändert haben und YaST (unser zentrales Konfigurationstool) sich dann nicht traut, diese Konfigurationsdateien zu verändern. Aus diesem Grunde raten wir jedem Kunden immer zur Benutzung von YaST. Nur so ist ein konsistentes System zu gewährleisten.

Sicherlich sind auch wir alles andere als unfehlbar, aber nachdem die 6.1 jetzt schon seit einigen Tagen auf dem Markt ist, können wir erste Trends in den Kundenanfragen feststellen. Updates sind dabei sehr selten ein Problem.

demon: Es gibt aber Anwendungen, die durch YAST nicht konfiguriert werden können. Einen solchen Fall stellt die BTTV-Konfiguration dar. Leider funktioniert der Treiber nach dem Update nicht mehr, weil alle Einstellungen, die manuell getätigt wurden (und sollten), nicht mehr vorhanden sind.

SW: BTTV-Konfiguration ist etwas für erfahrene User und die sollten die entsprechende Dokumentation vorher lesen. Im Handbuch wird ausdrücklich auf die evtl. auftretenden Probleme bei einem Update hingewiesen. In diesem Fall hätte es ein Blick in die Datei /etc/conf.modules getan.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir mit der Version 6.1 eine noch nie da gewesene Einfachheit der Konfiguration von Soundkarten und sonstiger Hardware erreicht haben.

demon: Teilweise stabile Versionen wurden durch instabile oder sich in Entwicklung befindende Pakete ersetzt. So klagen User bei der Benutzung von Gimp über Fehlfunktionen. Warum wurden Programme durch Beta-Versionen ersetzt, ohne dem User die Möglichkeit zu geben, eine stabile Version, wie es in der Vergangenheit der Fall war, zu wählen?

SW: Wir zwingen keinen Benutzer ein bestimmtes Programm zu installieren. Bei der Fülle von Programmen auf der SuSE-Distribution sind wir dazu gezwungen, eine gewisse Vorauswahl zu treffen. Aus diesem Grunde existiert die Email-Adresse feedback@suse.de.

feedback@suse.de ist die Plattform für den Kunden, seine Wünsche zu äussern. Viele Veränderungen in der Distribution wurden durch solche Anregungen angestossen.

demon: Ich denke da primär an User, die zum ersten Mal Linux installiert haben, denen die Möglichkeit, ein stabiles Programm zu installieren, nicht mehr gegeben wurde. Er ist gezwungen, ein Programmpaket einzuspielen, das real noch nicht fertiggestellt wurde. Warum wird bei so bekannten Programmen wie Gimp z.B. nicht die stabile Version auch zur Auswahl angeboten?

SW: Sorry, aber das ist die gleiche Frage, nur etwas umformuliert. ;-)

demon: Es wurden Stimmen erhoben, daß Ihre neueste Distribution nicht den von Ihnen gewöhnten Qualitätsstandard aufweist. Manche Benutzer werfen Ihnen vor, aus Zeitmangel ein Produkt zu veröffentlichen, das in Wirklichkeit noch nicht ausgereift ist.

SW: Was soll ich dazu sagen? ;-) Das ist mir zu billig. Wir hätten sicherlich mehr Geld damit gemacht, wenn wir die 6.1 vor der CeBIT auf den Markt gebracht hätten! Wir haben die SuSE 6.1 zu einem Zeitpunkt rausgebracht, an dem wir mit dem Produkt zufrieden waren. Perfekt wird es nie, auch wir sind nur Menschen. Die obige Vermutung ist allerdings völlig falsch und eine Beleidigung für unser Entwicklerteam.

demon: Es steht außer Debatte, daß SuSE eine einfache und stabile Distribution geliefert hat. Leider ließ aber gerade die einfache Art der Installation gegenüber dem Vorgänger 6.0 sehr stark nach. Demzufolge ertönten auch Unzufriedenheitsrufe unter den Benutzern.

SW: Ich verstehe diese Behauptung nicht. Vor jeder neuen Version werden bei uns sehr ausgiebige Test mit der Installationssoftware und den anderen Teilen der Distribution durchgeführt. Die 6.1 ist einfacher zu installieren als die 6.0! Das bekomme ich jeden Tag von unseren Kunden bestätigt.

demon: Anderes Thema. Sehen Sie eine Gefahr in der immer mehr wachsenden Unterstützung einer Distribution? Die Rede ist natürlich von Red Hat. Es breitet sich eine allgemeine Unzufriedenheit aus. Wie beurteilen Sie die Lage?

SW: Wie kann eine bestimmte Distribution mehr unterstützt werden als eine andere? Wenn ein Hardwarehersteller sind für Linux interessiert und dafür Manpower zur Softwareentwicklung zur Verfügung stellt, dann profitiert die gesamte Linuxgemeinde davon. Red Hat hat sicherlich eine sehr gute PR-Abteilung, die auch aus relativ unwichtigen Meldungen noch eine Schlagzeile zaubert, aber das wollten wir noch nie. Wir möchten unsere Kunden mit einem guten Produkt überzeugen.

Übrigens wird das Engagement der SuSE auf vielen Feldern viel zu sehr unterschätzt. Als Beispiel nenne ich da nur KDE.

demon: Das sehen auch die User so. Sie beklagen, daß anderen Distributionen nicht die gebührende Ehre erwiesen wird. Das Engagement, welches SuSE in der Linuxgemeinde leistet, wird zur Nebensache wenn SAP die Unterstützung für Red Hat ankündigt. Fühlen Sie sich da nicht als zweite Wahl?

SW: Nein.

demon: Danke für die Zeit, die Sie sich für uns genommen haben.

SW: Gern geschehen!

Nachtrag: Als stellv. Leiter des I-Supports ist es natürlich eine meiner wichtigsten Aufgaben, evtl. gehäuft auftretende Probleme zu tracen und in Folgedistributionen zu vermeiden und gleichzeitig evtl. Bugfixes bereitzustellen. Bekannte Fehler werden unter einem Stichwort in unserer Supportdatenbank gespeichert. Diese ist unter der URL http://www.suse.de/sdb/de/html jederzeit erreichbar. Weiterhin kann sich jeder Kunde die Patches unter http://www.suse.de/patches/ downloaden.

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