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So, 20. August 2006, 00:00

Jacklab ein Jahr später

Kommentare eines Insiders zu AudioLinux

Es wurde eine Email an Mark Shuttleworth verfasst und darum gebeten, dass solche Überlegungen einfließen, mit dem Ergebnis, dass sich Dapper Drake (Ubuntu 6.06) besser zum Einstieg in das Musikproduzieren mit Linux eignet als zuvor, auch wenn es im Einzelnen noch nicht befriedigt. Außerdem hat die hinter Ubuntu stehende Firma Canonical die Domain Mubuntu registrieren lassen, was darauf schließen lässt, dass ernsthaft an einer solchen Musik/Multimedia-Distribution gearbeitet wird. Ubuntustudio hat mittlerweile seine Ausrichtung vom Distributionsprojekt zum reinen User-Support/Dokumentationsprojekt geändert und wartet gespannt auf Mubuntu.

Ubuntu hat eine hohe Userakzeptanz, die nicht zuletzt durch ein intelligentes Marketing verstärkt wird. Es wird hier erfolgreich mit einem Gutmenschen-Image gearbeitet, das jedem User das Gefühl gibt, bei einer guten Sache, wie BandAid oder Greenpeace mitzumachen. Die Community wird stark eingebunden in die Entscheidungsprozesse, Menschen unterschiedlichster Couleur arbeiten Seite an Seite für eine freiere, bessere Informations-Welt.

Novell hingegen schafft es, die in Deutschland angestammte Benutzerbasis erfolgreich mit unfertigen und fehlerhaften Distributionen zu vergraulen, doch im internationalen Vergleich steht SUSE nicht schlecht da: Die Megafeatures 3D-Desktop und elegantes GUI-Design werden interessiert aufgenommen, auch ist man im Allgemeinen von dem neuen Novell SUSE Enterprise begeistert. Dass sich qualitativ einige Einschnitte ergeben haben, das bemerkt der amerikanische User gar nicht, weil er erst durch Novell auf SUSE Linux gekommen ist. In Deutschland jedoch werden Stimmen laut, das alte SUSE-Chamäleon wieder in einer freien Variante zum Leben zu erwecken, mit den verlässlichen Qualitätsmerkmalen des guten alten Nürnberger Windows.

Hingegen erlebt Ubuntu einen nie gekannten Aufschwung. Schaut man sich ein Ubuntu jedoch mal unter der Haube an, so ist es nicht weit her mit der Benutzerfreundlichkeit - einige Standardkonfigurationstools werden zwar mitgeliefert, doch etwas mit YaST Vergleichbares ist bei Ubuntu noch nicht realisiert. Will man etwas mehr von seinem Linux, so geht es dann nur auf der vom Linuxeinsteiger gefürchteten Konsole und mit Manpages auf Debianart.

Auch ist es noch vergleichsweise schwer, das System zu einem echten Low-Latency-Audiosystem aufzubohren, da es zum Beispiel noch keinen an Audio-Echtzeit angepaßten Kernel in Universe gibt, den muss sich der User selbst kompilieren. Aber durch die Integration von Ubuntustudio innerhalb der Ubuntu-Supportforen findet der mutige User Unterstützung.

Die Entscheidungsträger der openSUSE-Community jedoch konnten sich nicht dazu durchringen, ein solches gemeinsames User-Supportportal auch für ihre Produkte anzubieten. So muss JackLab die gesamte Infrastruktur zum Support heute selbst stellen.

AudioLinux-Community

Im April bin ich mit meinen Audio-Computern dann zur jährlich stattfindenden Linux Audio Conference gefahren, um die Vor-Form der JackLab Audio Distribution den Audio-Entwicklern und Anwendern als solide, performante und benutzerfreundliche Basis vorzustellen.

Leider hat nämlich SUSE Linux bei den Entwicklern einen schlechten Ruf, der daraus resultiert, dass man Kompromisse für die Benutzerfreundlichkeit eingegangen war. Entwickler und Geeks lassen sich jedoch ungern von Tools wie YaST bevormunden und bevorzugen deshalb eher Gentoo oder Debian, die allerdings für den gewillten Einsteiger nur mit sehr viel Aufwand und Lernbereitschaft zu handhaben sind. Ich meine aber, dass Musikmachen und Produzieren schon aufwendig genug ist und man dabei nicht noch zum Linux-Nerd werden muss. Auf der LAC habe ich sie dann alle mal getroffen und mit vielen von ihnen später in der Linux Sound Night gejammt. Ich muss sagen, ich habe mich wie zuhause gefühlt und die Begegnung verlief sehr positiv, wenn auch anscheinend folgenlos.

Mir ist nun völlig klar, wer die Menschen hinter AudioLinux sind und warum einiges so ist, wie es ist. Es sind in erster Linie »ganz normale Leute« mit Musik- und Computer-Affinität, die in ihrer Freizeit oder im akademischen Rahmen sich auf ihrer Lieblingsbasis Linux darum kümmern, dass es auch Töne macht.

Hierbei geht es nicht in erster Linie um die Erwartungen von Pop-Produzenten und Musikkonsumenten, sondern darum, elektronisch-experimentelle Klangwelten zu verwirklichen, die weit vom Mainstream in Nischen stattfinden. Benutzerfreundlichkeit und Hype-Features spielen hierbei nur eine untergeordnete Rolle. Wenn es etwas zu verbessern gibt, dann wird es irgendwann getan, aber es ist nur ein Hobby und hat keine Eile, man kann gut mit Workarounds leben.

Mit wenigen Ausnahmen, die von einem kommerziellen Background ausgehen, wie z.B. Ardour oder Rosegarden, sind die Linux-Audioprogramme oft mehr ein proof of concept als stabile, erwachsene Produktionstools. Die Modularität mit mangelnder Total Recall-Unterstützung - also der Fähigkeit, alle am Arrangement beteiligten Musikprogramme gemeinsam zu speichern, wird zwar problematisiert, doch dessen Lösung, ein Sessionmangement namens LASH wird nur sehr unmotiviert eingebunden, da man ja primär kein Bedürfnis hat bzw. keine Zeit.

Außerdem gibt es wenig verbindliche Richtlinien: Man ist sich einig, dass JACK wichtig ist und bei LADSPA-PlugIns (Linux Audio Developer Simple Plugin API, Effektgeräte für AudioHosts wie Ardour, Hydrogen usw.) kommt man sich auch noch einigermaßen entgegen. Aber schon bei Instrumentplugins ist man sich nicht einig: So hat MusE zur Zeit ein anders Instrument-Pluginformat als Rosegarden, die natürlich völlig inkompatibel zueinander sind. Allerdings hat mir der Entwickler von MusE, Werner Schweer, auf der LAC verraten, dass die DSSI-Einbindung kommt.

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