Freie Hardware

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marc
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Freie Hardware

#1 Post by marc »

Ein großes Problem von Linux (und anderen freien Betriebssystemen) ist ja bekanntermaßen, daß viele Hardware-Hersteller keine Treiber oder Spezifikationen freigeben. Entweder man begnügt sich mit Binary-Treibern ( z.B. nVidia), oder man muß darauf achten, welche Hardware man sich zulegt. Von vielen Geräten, für die es noch gar keine Treiber gibt, mal abgesehen.

Die Frage ist, warum sträuben sich viele Hardwarefirmen davor, ihre Spezifikationen, bzw. Treiber freizugeben?
Antwort: Weil sie befürchten, daß die Konkurrenz das ausnutzen kann, um abgekupferte oder sogar bessere Hardware auf den Markt zu bringen.

Wäre es da nicht möglich, eine Lizenz zu entwickeln, ähnlich der GPL, unter der die Hersteller ihre Hardware, bzw. die Spezifikationen verbreiten können?
Vorteile:
- Es ist einfacher für Hobby-Entwickler Treiber herzustellen, da sie an die Spezifikationen kommen.
- Es ist einfacher für die Firma, Treiber zu entwickeln, da ihr die Hobby-Entwickler Arbeit abnehmen.
- Die Firma hat größeren Umsatz ihrer Geräte, da sie unter mehreren Betriebssystemem laufen!!!
- Sollte eine andere Firma ein Gerät abkupfern wegen der offenen Spezifikationen, wäre sie durch die Lizenz ebenfalls verpflichtet die neuen Spezifikationen offenzulegen. Vorteil für die "Erfinder"-Firma, da sie kostenlose "Verbesserungsvorschläge" für ihre Hardware erhält.
- Fehler in der Hardware könnten schneller entdeckt werden, also die technische Verbesserung was die Hardware betrifft beschleunigt sich.
- Durch die Offenlegung hätte die Firma so gut wie keine Umsatzeinbußen. Der Endverbraucher kann sich die Hardware ja nicht selber kopieren, oder selber zusammenlöten. (Außer ein paar IT-Freaks vielleicht...)

Nachteile: Ev. größere Konkurrenz. Wobei die Konkurrenz, höchstwahrscheinlich auf Zusammenarbeit hinauslaufen wird. Die Lizenz verpflichtet.

Warum sollte bei Hardware nicht funktionieren, was bei Software so gut klappt?
Ich hoffe zum Nachdenken angeregt zu haben <img src="http://www.pl-forum.de/UltraBoard/Images/Happy.gif" border="0" align="middle">

Gruß
Marc

bakunin
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Re: Freie Hardware

#2 Post by bakunin »

Hi!

Der LinuxTag-Vortrag über Linux-Kernel-Portieren begann mit der Einblendung "They killed Alpha! Bastards!", was mit der Forderung nach Freier Hardware einherging, deren Notwendigkeit wohl gerade in diesem Beispiel deutlich wird; dass die Konkurrenz eben aufgekauft wird, wenn sie besser ist, das darf einfach nicht sein, ganz gleich, ob Microsoft, Intel oder wer-auch-immer diese Taktik anwendet.

Ich halte es für gut, wenn jeder eine bestimmte Hardware nachbauen kann. Dann können sich die Hardware-Hersteller auf ihre eigentliche Aufgabe - das Herstellen von Hardware - konzentrieren, also das, was mit der Hardware selbst zu tun hat. Konkurrieren können sie in Preis, Garantiezeit etc. Das Problem ist dann nur, dass die Entwicklung der Hardware weniger von einzelnen Unternehmen, sondern eher entweder von meherern Herstellern gemeinsam, oder im schlimmsten Fall fast gar nicht mehr durchgeführt würde. Ob ein solches Szenario in der Praxis Probleme geben würde, darüber kann man sowiso nur spekulieren (ich glaube es eher nicht, da Bedarf für Verbesserungen immer da ist und Unternehmen wohl durchaus ein Interesse daran haben, diesen Bedarf zu deckel, wobei es vermutlich in mittleren Zeitabständen betrachtet auf inkrementelle Verbesserungen hinauslaufen würde und weniger auf "revolutionäre" Neuerungen). Da Computer aber zu einem Kulturgut geworden sind, könnten die Kosten zur Entwicklung der Hardware (und der Software übrigens auch, bzw. _gerade_ da) von der Öffentlichkeit getragen werden.

Aber dann wären wir im Paradies...

Cheers,
GNU/Wolfgang

PS: Hmmm, klingt wie ein Thema für ein Editorial

marc
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Re: Freie Hardware

#3 Post by marc »

Nabend.

Also ich glaube nicht, daß sich die Weiterentwicklung dadurch verlangsamen würde. Es wäre ja auch möglich, daß wirkliche Neuerungen erstmal nicht freigegeben werden (Argh!), sondern nur ältere Hardware. Z.B. könnte nVidia ja die Treiber für die GForce2 freigeben, und für die GForce3 beispielsweise in ein paar Monaten. Dann wäre auf jeden Fall ein Anreiz für Neuerungen vorhanden. Allerdings gefällt mir diese Alternative nicht besonders, aber es wäre immerhin ein Anfang...

Viel besser wäre es aber, wenn die Hardware nicht erst mit dem Verkauf oder noch später freigegeben wird, sondern schon am Anfang der Entwicklung. Dann könnte(n) der/die Hersteller direkt auf Anwenderwünsche eingehen. Wenn es dann interessierte Anwender gibt, die sich auch noch mit sowas auskennen, dann entwickelt nicht nur der Hersteller, sondern eine komplette Community. Vorteile hierbei sind nicht nur an die Kundenwünsche angepaßte Produkte, sondern auch, daß das Endprodukt wahrscheinlich viel besser ist, als ursprünglich geplant.
Wenn ich da z.B. an den Via686-Bug zurückdenke, der durch solch ein Entwicklungsmodell ev. hätte vermieden werden können... naja, shit happens.

Was die Kosten zur Weiterentwicklung angeht, die sind ja bisher auch von der Öffentlichkeit getragen worden. Das wird ja durch den Verkauf der Hardware finanziert. Oder meintest Du was anderes?

Je länger ich über diese Sachen nachdenke, umso besser gefällt mir das, und umso weniger verstehe ich, warum das nicht längst schon Gang und Gäbe ist. <img src="http://www.pl-forum.de/UltraBoard/Images/Wilk.gif" border="0" align="middle">

Gruß
Marc

bakunin
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Re: Freie Hardware

#4 Post by bakunin »

Hi Marc!

Ja, das mit der Öffentlichkeit hatte ich anders gemeint. Ich wollte damit sagen, dass es nicht erst eine Firma bezahlt, die es im nachhinein dann beim Verkauf wieder einnimmt, sondern von Anfang an durch die Öffentlichkeit. Also so wie bei GnuPG, das vom BMWI gefördert wird. Die Entwicklung würde also nicht in Firmen stattfinden.

Cheers,
GNU/Wolfgang

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