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Fr, 7. Mai 2010, 12:45

Software

Rollenspiel Ryzom wird freie Software

Wie Winch Gate Properties bekannt gab, steht der einstige Primus unter den Mehrspieler-Rollenspielen Ryzom im Quellcode allen interessierten Entwicklern, Künstlern und Anwendern zu Verfügung. Ab sofort steht das Spiel unter den Bedingungen der GNU Affero General Public License Version 3 und mehr als 13 GByte Grafiken, Texturen und Modelle sind unter der CC-BY-SA 3.0 verfügbar.

ryzom.com

Ryzom, früher unter dem Namen »The Saga of Ryzom« bekannt, stellt ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG) für Windows-Betriebssysteme dar. Das Spiel spielt 30.000 Jahre in der Zukunft und beinhaltet sowohl Science-Fiction- als auch diverse Fantasy-Elemente. Der Spieler steht, wie in dem Genre üblich, zwischen zwei Fraktionen und kann sich mit einer von ihnen sich verbünden. 2005 errang Ryzom den Reader's Choice Award von mmorpg.com für die beste Spielgeschichte. Ein Jahr später belegte das Spiel in der Statistik der Seite den dritten Platz der am höchsten bewerteten MMORPGs. Doch auch vier Jahre später steht Ryzom mit einem Rating von 8,27 auf der achten Stelle, noch vor World of Warcraft, Dark Age of Camelot, Anarchy Online, Lineage 2, Aion und EverQuest.

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Das Spiel wird bereits seit dem Jahr 2000 entwickelt und wurde im September 2004 veröffentlicht. Doch bereits am 5. April 2005 musste der französische Hersteller Nevrax einen Antrag auf Gläubigerschutz stellen. Unter anderem wurde Nevrax gewährt, dass das Unternehmen für den Zeitraum von vier Monaten von sämtlichen Schuldansprüchen befreit wird und unter gerichtlicher Beobachtung neue Verträge mit den Schuldnern ausarbeitet. Am 9. August 2005 bestätigte die Community-Vertreterin des Unternehmens, dass Nevrax aufgrund von Neuerungen ein Aufschub bis Ende 2006 gewährt wurde.

Zeitgleich startete eine Gruppe ehemaliger Nevrax-Angestellter, Mitglieder der NeL-Community, freie Software-Aktivisten und »Leuten, die gerne Ryzom spielen«, unterstützt von der FSF, eine Initiative, das Spiel aufzukaufen und unter die freie GNU General Public License (GNU GPL) zu stellen. Nach eigenen Angaben arbeitete das Team an einem Vorschlag, der den Offiziellen, die den Liquidationsprozess überwachen, unterbreitet werden konnte. Dazu sammelten die Organisatoren finanzielle Mittel, die im Falle einer geglückten Übernahme für den Kauf aufgewendet werden konnten.

ryzom.de

Nachdem der Kauf scheiterte und der deutsche Hersteller Gameforge am 21. Dezember 2006 Nevrax und damit auch die Rechte am Spiel übernahm, wurde es recht still um Ryzom. Doch auch Gameforge, das Ryzom an Gameforge France übertrug, wurde mit dem Spiel nicht glücklich. Nachdem die französische Dependance insolvent wurde, übernahm die zypriotische Firma Winch Gate Property Ltd. die Rechte an Ryzom und führt seit Mai 2009 die bezahlten Abonnements fort.

Wie das Unternehmen nun bekannt gab, steht das Spiel ab sofort unter den Bedingungen der GNU Affero General Public License Version 3 (AGPLv3) zu Verfügung. Der insgesamt über 13 GByte umfassende Grafik, Modell und Textur Bereich wurde dagegen unter die Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Lizenz (CC-BY-SA 3.0) gestellt.

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Doch nicht alle Daten sind frei verfügbar. Um eine Spaltung der Gemeinschaft zu vermeiden und die Weiterentwicklung zu sichern, ist es zwar möglich, Änderungen am Server oder dem Client durchzuführen, die Welt allerdings ist nur partiell zugänglich. So sind weder die Waypoints noch Quests oder Gegenstände frei. Interessenten steht es allerdings frei, ihre eigenen Welten auf Basis von Ryzom zu erstellen. Darüber hinaus stellte das Unternehmen auch die Sound- und Musikdateien nicht unter eine freie Lizenz, da sie nur lizenziert wurden und die Rechte nicht bei den Betreibern liegen.

Die FSF zeigte sich von der Freigabe beeindruckt und bezeichnete den Schritt als »wahrscheinlich größten Beitrag zu den freien Spielen bis jetzt«. Die Organisation erwartet, dass eine Vielzahl von Personen Interesse an den Quellen findet. Den einzigen Wermutstropfen stellt die Tatsache dar, dass die Entwicklungstools ebenfalls nicht im Quellcode zugänglich sind. Die FSF erhofft sich allerdings, dass sich vielleicht Projekte bilden, die freie Alternativen wie Blender einbinden werden. »Das ist der nächste große Schritt, der gemacht werden muss, um Ryzom für die Freie Software-Gemeinschaft nützlicher zu machen«, so die Organisation. Die Gemeinschaft selbst plant allerdings zuerst eine Portierung des Spiels für andere Plattformen durchzuführen. Geplant sind unter anderem Versionen für Linux und Mac OS X.

An dem Spielmodell ändert sich indes nichts. Spieler, die in die Welt von Ryzom eintauchen wollen, müssen weiterhin monatliche Gebühren entrichten. »Deine finanzielle Hilfe ist für uns essentiell und nur Dank dieser Unterstützung ist Ryzom heute noch am Leben«, schreibt ein Gemeinschafts-Betreuer auf der Seite des Spiels. Demnach wird Ryzom weiterhin von demselben Team wie heute weiterentwickelt werden.

Die Übernahme eines großen kommerziellen Projektes durch eine Gemeinschaft, die von einer Firma unterstützt wird, ist indes nicht neu. 2002 startete beispielsweise eine Gruppe der Angestellten der ehemaligen Besitzers von Blender eine Sammelaktion und kaufte die Quellen des professionellen 3D-Modellierers auf. Das Projekt veröffentlichte die Anwendung ebenfalls unter der GPL und entwickelte Blender seither zum Referenzprojekt für 3D-Grafik unter Linux. Auch die freien Projekte OpenOffice.org und Firefox entsprangen kommerziellen Applikationen und gewannen erst durch die Freigabe massiv an Bedeutung. Ob das Modell auch für Spiele funktioniert, wird sich allerdings erst zeigen müssen.

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