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Fr, 9. August 2013, 10:45

Gesellschaft::Politik/Recht

Gräßlin: Privatsphäre in freier Software verankern

KDE-Entwickler Martin Gräßlin fordert, dass freie Software ihren Datenaustausch mit Diensten spezifizieren soll. Die Entscheidung über das Senden von Daten soll vollständig dem Benutzer überlassen werden.

Präsentation mit einer PRISM-Suchmaske

US National Security Agency

Präsentation mit einer PRISM-Suchmaske

Falls es jemand noch nicht gemerkt haben sollte: Fast alle bedeutenden Staaten sind zu Polizei- und Überwachungsstaaten verkommen. Es herrschen mittlerweile Zustände, die teils schlimmer sind als das, was George Orwell in seinem berühmten Roman »1984« schon vor über 60 Jahren ausmalte. KDE-Entwickler Martin Gräßlin macht sich in seinem Blog Gedanken, wie freie Software dem Überwachungsstaat entgegentreten kann.

Freie Software ist mit vier grundlegenden Freiheiten verknüpft, die allgemein bekannt sein sollten. Sie darf von jedem Benutzer für jeden Zweck ausgeführt werden. Man darf ihre Funktionsweise untersuchen und sie an eigene Zwecke anpassen. Der freie Zugang zum Quellcode ist daher eine Voraussetzung freier Software. Die Software darf an andere weitergegeben werden. Sie darf auch geändert und in der modifizierten Form weiter verteilt werden.

Angesichts der neuen Tatsachen postuliert Gräßlin eine fünfte Freiheit, die aus den ersten vier abzuleiten sei: Die Freiheit zu entscheiden, welche Daten an welchen Dienst gesendet werden. Diese Freiheit ist als informationelle Selbstbestimmung bereits im deutschen Recht verankert.

Leider, so Gräßlin, existiert bereits eine Menge Software, die die fünfte Freiheit verletzt. So gibt es Software, die Benutzer über Webseiten hinweg verfolgt oder Suchbegriffe an Amazon sendet. Smartphones stellen mehr oder weniger Überwachungsinstrumente dar (solange sie eingeschaltet sind und - künftig - auch wenn sie ausgeschaltet sind). Selbst wenn es sich um freie Software handelt, können allenfalls kundige Entwickler missliebige Funktionen entfernen, und selbst das wird oft mit anderen Maßnahmen verhindert. So bleibt oft keine Möglichkeit, außer zu protestieren.

Die Umsetzung der fünften Freiheit soll nach dem Vorschlag von Gräßlin darin bestehen, dass freie Software genau deklariert, welche Daten sie an welchen Dienst senden will. Dies soll mit einer von der Gemeinschaft entwickelten Spezifikation geschehen.

Die Deklaration soll vom Rechner verarbeitbar sein, um die Funktionalität nur einmal schreiben und dann allen Anwendungen zur Verfügung stellen zu können. Die Software sollte zumindest einmalig die Inhalte der Spezifikation anzeigen und dem Benutzer gestatten, auszuwählen, wohin Daten gesendet werden dürfen, und welche. Die Zusammenfassung all dieser Informationen an einer zentralen Stelle im System würde es ermöglichen, eine Sicherheitscenter-Anwendung zu entwickeln.

Zwar kann keine Anwendung gezwungen werden, ihren Datenaustausch zu deklarieren. Das sieht Gräßlin jedoch als soziales Problem, das nicht mit Technik lösbar ist. Die freien Projekte müssten davon überzeugt werden, dass der Schutz der Privatsphäre von großer Wichtigkeit ist. Projekte, die sich dem widersetzen, sollten von den Benutzern ignoriert werden.

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