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Do, 27. August 2015, 20:07

Software::Distributionen::Debian

Erneute Diskussion um binäre Firmware bei Debian

Ein Thema, das Debian seit Jahren bewegt, sind binäre Firmware-Blobs. Bei einem runden Tisch mit rund 40 Interessierten bei der am vergangenen Wochenende zu Ende gegangenen Debian-Entwicklerkonferenz DebConf wurde das Thema erneut diskutiert.

Software in the Public Interest (SPI)

Debian hat sich von Beginn an freier Software verschrieben und steht zu dieser Grundfeste der Distribution. Somit ist es für die meisten Entwickler undenkbar, proprietäre Firmware auf den Installationsmedien der Distribution vorzuhalten. Das Problem dabei ist, dass die Installation von Debian ohne unfreie Firmware für WLAN in den meisten Fällen scheitert, da fast alle gängigen WLAN-Chips binäre Firmwarepakete benötigen. Für versierte Debian-Anwender ist das neben dem ideologischen lediglich ein praktisches Problem, das leicht umschifft werden kann, indem vor der Installation die benötigte Firmware aus Debians Non-Free-Archiv heruntergeladen wird und auf einem USB-Stick bereitliegt. Für weniger versierte Anwender oder gar Linux- oder Debian-Neulinge eine Situation, die leicht dazu führt, das Debian als nicht von Laien installierbar oder Linux generell als untauglich empfunden wird. Die inoffiziell kursierenden Medien, die die benötigte Firmware für gängige WLAN-Chips bereits mitbringen, werden aber aus ideologischen Gründen eher unter der Hand in IRC-Chatrooms empfohlen als offiziell proklamiert.

Die Situation ist seit langem bekannt, wie auch Diskussionsleiter Steve McIntyre bestätigte, der bereits 2009 Projektleiter war und derzeit für die Erstellung der Installationsmedien verantwortlich ist. Das Gespräch, das mit »Firmware - a hard or soft problem?« überschrieben war, wollte neue Ideen hervorbringen, wie das leidige Problem am besten umschifft werden kann. In der Vergangenheit waren bereits mehrere Lösungsvorschläge erarbeitet worden. Proprietäre Firmware, die bei der Installation benötigt werden könnte, sollte in einem Tarball-Archiv verfügbar sein. Der Installer sollte dann dem Anwender, falls nötig, die URL zum Tarball mitteilen. Dieser Vorschlag wurde aus mehreren Gründen als nicht praktikabel abgelehnt. So könne dies nicht funktionieren, wenn der Anwender am Notebook etwa keinen USB-Port mehr frei hat, da das Installationsmedium den einzig verfügbaren oder funktionierenden Anschluss belegt.

Eine weitere Idee war, den Tarball auf einer zweiten Partition auf dem USB-Stick mit dem Installationsabbild zu legen. Das würde aber, so die Erkenntnis, Windows-Umsteiger benachteiligen, da die Hürde, unter Windows eine zweite Partition dort anzulegen, als zu hoch empfunden wird. Ein rigoroser Ansatz, der ebenfalls in der Vergangenheit diskutiert wurde, war es, das Non-Free-Archiv bereits im Installer zu aktivieren und die Anwender an der Stelle umfassend zu informieren, was es bedeutet, wenn sie proprietäre Firmware in Debian nutzen. Abgesehen davon, dass die fragile Freundschaft mit der Free Software Foundation eine solche Maßnahme kaum überleben würde, bedürfte es dazu einer Grundsatzentscheidung, bei der alle Debian-Entwickler stimmberechtigt sind. Hier wäre kaum mit einem positiven Ausgang zu rechnen, da solche Ansinnen bereits früher mehrmals gescheitert sind.

Der neue Ansatz, der bei diesem runden Tisch weitgehend Zustimmung fand, will die Non-Free-Sektion aufsplitten, um die unfreien Firmwarepakete von den restlichen dort vorhandenen Paketen zu trennen. Damit bestünde eine Unterteilung in Pakete, die zur Installation benötigt werden könnten und optionalen Paketen wie Adobes Flash-Player und anderen. Technisch gesehen würde wegen der rechtlichen Brisanz eine solche Abspaltung den FTP-Mastern obliegen. Der Anwender soll, wenn der Installer feststellt, er benötigt unfreie Firmware, den User umfassend aufklären, dass er dabei ist, bei Debian nicht distributierbare, unfreie Software in sein System zu installieren. Daraufhin soll der Installer das Freischalten der Non-Free-Firmware-Sektion optional anbieten. Die Idee, dem Anwender eine E-Mail-Adresse an die Hand zu geben, mit der dieser den Hersteller des Chips bitten kann, freie Firmware zu entwickeln, wurde verworfen, da nicht in jedem Fall der richtige Ansprechpartner einwandfrei festzustellen sei, da die Vendor- und Product-IDs nicht immer stimmig sind.

Die Gesprächsrunde fasste in der Kürze der Zeit keine Beschlüsse, scheint aber gewillt, erneut den delikaten Spagat zwischen der proklamierten Freiheit und den Bedürfnissen der Anwender zu wagen und den neuen Ansatz weiter zu forcieren.

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