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Fr, 16. Oktober 2015, 12:48

Gesellschaft::Politik/Recht

Offenheit und Freiheit für die ganze Welt: Die »Französische Revolution«

Die Bewegung für Open Source und Open Data erfasst immer größere Bereiche. In Frankreich ist diese Entwicklung bereits ziemlich weit fortgeschritten, was mit der besonderen Tradition des Landes zu tun haben könnte. Letztlich soll sie in eine weltweite Bewegung zur Freiheit der Menschheit münden.

data.gouv.fr

Die geltenden Richtlinien zu Open Source und Open Data haben den IT-Markt in Frankreich wesentlich belebt, stellte Professor Didier Tranchier in einem kürzlich gehaltenen Vortrag fest. Professor Tranchier forscht und lehrt am Institut Mines-Telecom, einem universitären Institut mit Informatik- und Wirtschaftsausrichtung. Im September hielt er einen Vortrag mit dem Titel »Die Zukunft von Open Data, Open Source und Open Content in Frankreich« auf der Konferenz Mindtrek OpenMind in Tampere, Finnland. Die Unterlagen des Vortrags sind als PDF-Datei frei erhältlich.

Laut Tranchier hat Open Source eine lange Tradition in Frankreich - sie begann 1789 mit der Französischen Revolution. Damals entstand die erste offene Gemeinschaft, die sich Freiheit auf die Fahnen geschrieben hatte. Das Streben nach Freiheit verlor jedoch nach den »beinahe erfolgreichen« Studentenrevolten von 1968 an Schwung, Freiheit besaß in der Folge keine Priorität mehr. Doch mit der Open-Source-Bewegung und Linux setzte ein Gegentrend ein. Seit 2004 begann die französische Regierung, massiv zu freier Software zu wechseln.

So bescheinigte der 2009 erschienene Open Source Index von Red Hat Frankreich, die Nummer 1 in Open Source bei der Regierungsaktivität zu sein, während Finnland die Top-Position in der Wirtschaft hielt. Insgesamt ist Europa führend beim Einsatz von Open Source. Die starke Befürwortung freier Software durch die französische Regierung führte zu einem beachtlichen Markt. 2013 gab es in Frankreich nach einer Studie des Conseil National du Logiciel Libre (PDF) über 300 Open-Source-Firmen mit über 30.000 Mitarbeitern in Frankreich, die mit einem Jahresumsatz von 2,5 Mrd. Euro 6% des gesamten Software-Marktes ausmachten. Das jährliche Umsatzwachstum soll bei 68% liegen.

Zu den erfolgreichen Firmen gehören Anevia, eine Gründung der VLC-Entwickler, die mittlerweile an der Pariser Börse notiert ist, Linagora, Nuxeo und Talend.

Auch offene Daten wurden von der Regierung gefördert und spielen eine ganz wesentliche Rolle. Schon 1978 wurden die Weichen für den freien Zugang zu Behördendaten gestellt, 2011 wurden alle offenen Daten im Portal data.gouv.fr zusammengefasst. All diese Daten stehen unter der ziemlich einfachen Open License. 2014 wurde Henri Verdier als erster Chief Data Officer eingesetzt. Verfügbare Daten umfassen unter anderem solche zu öffentlichen Diensten, Transport, Steuern und Gesundheitswesen.

Verwandt mit den offenen Daten sind offene Inhalte (Open Content), bei denen Frankreich ebenfalls auf alte Traditionen baut, da schon Rezepte stets offengelegt wurden. Seit 2014 publizieren französische Museen Bilder auf Artsy. Seit diesem Jahr sind sie sogar verpflichtet, ihre Sammlungen auf www.photo.rmn.fr zu veröffentlichen. Auch diese Regelungen schaffen Gelegenheiten für neue Unternehmen. Beispiele sind Snips, eine Firma, die Anwendungen für die Nutzung dieser Daten entwickelt, und Parrot, eine Firma, die für ihre preisgünstigen Drohnen bekannt wurde, aber eigentlich auf Bluetooth-Anwendungen spezialisiert ist und über 1000 Mitarbeiter hat.

Erwähnenswert ist auch, wie diese Richtlinien die Bildung und Ausbildung beeinflussen. 42 ist nicht nur eine bekannte Zahl, sondern auch der Name einer von dem Milliardär Xavier Niel gegründete Schule, in der mehr als tausend Schüler pro Jahr programmieren lernen. Sie ist kostenlos und setzt auf interaktive Lehrmethoden. Die Schule, die sich in Paris befindet, besitzt keine Klassenräume und ist rund um die Uhr geöffnet. Die Studenten sollen dort durch Projekte und Peer-to-Peer-Methoden lernen. Diese offene Ausbildung ist nach Meinung von Tranchier die Zukunft. Die gesamte Open-Source-Bewegung erfasst immer mehr Bereiche. Es ist für Tranchier eine Revolution. Diese Transformation sei nicht unbedingt einfach, aber sie sei ein Kampf für die Freiheit der Menschheit.

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