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Do, 5. April 2018, 12:05

Gesellschaft::Politik/Recht

Stallman: Radikaler Vorschlag zum Schutz der Privatsphäre

FSF-Präsident Richard Stallman hat in der englischen Zeitung »The Guardian« einen »radikalen« Vorschlag zum Schutz der Privatsphäre veröffentlicht. Der Schutz besteht darin, solche Daten erst gar nicht zu sammeln.

Richard Stallman, Gründer und Präsident von GNU und FSF

Richard Stallman

Richard Stallman, Gründer und Präsident von GNU und FSF

Richard Stallman ist Gründer und Präsident von GNU und der Free Software Foundation. Seine ethischen Grundsätze, die ihn zur Gründung dieser Organisationen und zur Entwicklung freier Software bewegten, will er auch auf die Gesellschaft als Ganzes angewandt sehen. In einem Gastbeitrag in The Guardian spricht sich Stallman dafür aus, personenbezogene Daten erst gar nicht zu erheben. Anlass des Artikels ist wohl der neuerliche Datenskandal bei Facebook.

Stallman meint, dass die Öffentlichkeit ihre Kampagnen für mehr Datenschutz sowohl breiter als auch tiefer gestalten muss. Breiter bedeutet dabei, dass es nicht nur um Facebook, sondern alle Überwachungssysteme gehen muss. Tiefer bedeutet für ihn, nicht nur dem Umgang mit Daten, sondern schon ihre Erfassung stärker zu regulieren. Die praktizierte Überwachung ist heute bereits schlimmer als sie beispielsweise in der Sowjetunion je war. Zur Wahrung von Freiheit und Demokratie muss sie laut Stallman nahezu komplett beseitigt werden. Diese Beseitigung erfordert starke Maßnahmen. Er fordert daher Gesetze, die es Systemen weitgehend verbietet, persönliche Daten zu sammeln. Das bedeutet, dass Systeme bereits so gebaut werden müssen, dass sie keine Daten sammeln können, wenn dies für ihre Grundfunktion nicht nötig ist.

Als Beispiel dient ihm das Bezahlungssystem des »Transport for London«, des öffentlichen Nahverkehrs in London. Durch die Zahlungen werden die Passagiere identifiziert, und ihre Fahrten werden zentral gespeichert. So wird das System zu einem vollständigen Überwachungssystem. Selbst mit dem neuen europäischen Datenschutzgesetz dürfte dies legal bleiben. Die Lösung wäre, dass das System nicht mehr aufzeichnet, wer wohin fährt. Die Grundfunktion der Karte ist die Zahlung der Fahrt, was ohne Aufzeichnung geschehen kann. Ferner können Zahlungen anonym abgewickelt werden. Zwar haben Passagiere den Vorteil, dass sie die Historie ihrer Fahrten ansehen können, aber das ist laut Stallman verzichtbar und kann von den Passagieren, die es wollen, auch privat aufgezeichnet werden.

Ein Beispiel für funktionierenden anonymen Transport sind die Taxis. Daher sollte es Transportsystemen nicht erlaubt sein, die Passagiere zu identifizieren, und anonyme Zahlung sollte möglich sein. Dabei ist Bargeld nicht die einzige Möglichkeit für anonyme Zahlungen. GNU Taler ist ein digitales System, das nur die Empfänger identifiziert und es trotzdem unmöglich macht, Steuern zu hinterziehen. Alle digitalen Zahlungssysteme, fordert Stallman, sollten auf diese oder ähnliche Weise die Anonymität der Zahler sichern.

Der Datenschutz ist auch mit der Sicherheit verbunden. Sicherheitssysteme wie Videokameras im öffentlichen Raum sollten keine Möglichkeit haben, Personen zu verfolgen. Die Aufzeichnungen sollten rein lokal erfolgen und nach einigen Wochen gelöscht werden. Biometrische Systeme sollten lediglich auf eine gerichtlich angeordnete Liste von Verdächtigen ansprechen. Ein ungerechter Staat ist, wie Stallman ausführt, gefährlicher als Terrorismus, und zuviel Sicherheit fördert einen ungerechten Staat.

Das am 25. Mai in Kraft tretende europäische Datenschutzgesetz (General Data Protection Regulation, GDPR) ist nach Stallmans Meinung gut gemeint, aber nicht sehr weitreichend. Zum Abschluss weist Stallman auf die Software auf den eigenen Rechnern hin. Wer proprietäre Software von Apple, Google oder Microsoft nutzt, wird unausweichlich ausspioniert. Der einzige Ausweg ist, wie zweifellos alle Befürworter freier Software unterschreiben würden, der Einsatz freier, letztlich von den Benutzern kontrollierter Software.

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