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Thema: Offener Brief: Ministerrat zu Software- und Ideenpatenten

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Von Christof Bodner am Do, 13. Mai 2004 um 11:09 #
Ich habe vorige Woche einen Brief an die Delegationsleiterin der ÖVP (die den zuständigen Minister Bartenstein in Ö. stellt) und den Delegationsleiter der SPÖ geschrieben. Von letzterem habe ich noch keine Antwort.

Hier die Antwort von Ursula Stenzel (ÖVP):
-------------------
Sehr geehrter Herr Bodner!

Erlauben Sie mir kurz auf die von Ihnen angesprochene Problematik einzugehen, wobei
ich Sie gleichzeitg bitten darf, sich bei eventuellen Rückfragen direkt an das Büro
meines Kolegen Othmar Karas zu wenden, der als Ausschussmitglied diese Problematik
inerhalb der ÖVP-Delegation mitbetreut hat und daher der richtige Ansprechpartner
für Sie ist.

Der im Europäischen Parlament sehr kontroversiell diskutierten Richtlinienentwurf
zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen kam im Herbst 2003 zur
Abstimmung im EP. Mit zahlreichen Änderungen hat das Europäische Parlament dem
Gesetzesentwurf zugestimmt, jedoch forderte das Parlament erhebliche Einschränkungen
des zu weit reichenden Kommissionsvorschlages. Insbesondere Vertreter
österreichischer Klein- und Mittelbetriebe fürchteten fatale Auswirkungen auf die
heimische Softwareindustrie, würde Standardsoftware künftig patentierbar gemacht.

Grundsätzlich ist eine Richtlinie, die die einheitliche Rechtsanwendung durch
Patentämter und Patentgerichte regelt, im Interesse eines funktionierenden
Binnenmarktes, zur Schaffung von Rechtssicherheit und zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen zu begrüßen. Dies ist schon alleine deshalb ein wichtiger
Schritt, um der gegenwärtigen Praxis des Europäischen Patentamts, welches bereits
entgegen des Wortlauts des Artikels 52 des Europäischen Patentübereinkommens nahezu
30.000 Patente auf reine Software erteilt hat, einen Riegel vorzuschieben.

Nicht zuletzt wegen der zahlreichen engagierten Schreiben von Betroffenen aus der
Branche, sind wir uns in der ÖVP-Delegation der Problematik im Zusammenhang mit
einer möglichen Erteilung von Patenten auf computerimplementierte Erfindungen
durchaus bewusst.

Wir haben daher massiv an der Überarbeitung der Richtlinie mitgewirkt und dieser in
der jetzigen Form zugestimmt, denn das Parlament hat klar gemacht: Das
US-amerikanische Modell der generellen Patentierbarkeit von Software hat in Europa
keine Chance. So dürfen Geschäftsmethoden, Algorithmen, reine Software sowie
Datenverarbeitung nicht patentiert werden. Für computergestützte Erfindungen ist die
Patentierbarkeit nur dann möglich, wenn sie einen technischen Beitrag auf einem
Gebiet der Technik leisten, welches nun als "gewerbliches Anwendungsgebiet, das zur
Erreichung vorhersehbarer Ereignisse der Nutzung kontrollierbarer Kräfte der Natur
bedarf" definiert ist. Auch die Organisation von Daten auf einer Festplatte (z.B.
Komprimierungsprogramm) kann nicht geschützt werden.
Der vom Europäischen Parlament so modifizierte Entwurf ist gut geeignet, die
erforderlichen Grenzen zu ziehen und legt einen vernünftigen Rahmen für die
Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen fest.

Diese Richtlinie wird im so genannten Mitentscheidungsverfahren beschlossen. Der
Ball liegt nun beim Ministerrat (BM Bartenstein), der einen Gemeinsamen Standpunkt
festlegt, die Richtlinie kann jedoch nur mit Zustimmung des Parlaments verabschiedet
werden.

Mit herzlichem Gruss


Ursula Stenzel
ÖVP-Delegationsleiterin im Europäischen Parlament

******************************************
Europäisches Parlament
Büro 8F 136, Rue Wiertz 60
B-1047 Brüssel
Tel.: 0032-2-284-5766
Fax: 0032-2-284-9766
---------------------

Also da bin ich doch glatt gespannt, wie der Herr Bartenstein abstimmen wird!

P.S: Die ganze EU krankt z.Zt. daran, daß es die Mächtigen verstehen, ihre Sachen hinter verschlossenen Türen auszuhandeln. Unsere Medien wollen offenbar auch nicht, daß anständig über EU-Themen diskutiert wird. Oder welche Diskussion findet zu relevanten EU-Themen statt? (Den Beitritt der Türkei finde ich z.Zt. nicht sehr relevant!)

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