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So, 17. April 2005, 12:51

Software::Entwicklung

Hitzige Debatte um das Reverse-Engineering von BitKeeper-Protokollen

Eine harsche Attacke von Linus Torvalds auf Andrew Tridgell, Autor des Samba-Servers, zieht immer weitere Kreise.
Von ThomasS

Andrew Trigdell hatte sich in der vergangenen Woche den Unmut von Linux-Vater Torvalds zugezogen, weil er mittels Reverse-Engineering über das Netz den kompatiblen Client SourcePuller zum proprietären BitKeeper entwickelt hatte. Schon bei der Einführung von BitKeeper als Verwaltungstool der Linux-Kernelquellen war und blieb das Programm unter den Kernelentwicklern umstritten. Späte oder gar ignorierte Sicherheitsupdates und die Tatsache, dass es sich um ein proprietäres Programm handelte, ließen BitKeeper immer wieder in den Mittelpunkt des Interesses verschiedener Parteien in der Open-Source-Szene rücken.

Die Wellen der Empörung scheinen nun jedoch noch höher zu schlagen, weil Linus Torvalds eine heftige, in Teilen als unfair empfundene Kritik an Tridgells Bemühungen, einen BitKeeper-kompatiblen Client zu entwicklen, geäußert hatte. In seiner Kritik wirft Torvalds Tridgell vor, dass das Reverse-Engineering einfach nur der Versuch sei, das Geschäft von BitKeeper zu zerstören. Statt ein eigenes wettbewebsfähiges Open-Source-Programm zu entwickeln, habe sich Trigdell in destruktiver Weise an BitKeeper zu schaffen gemacht, nur weil es sich um ein proprietäres Programm handele. Diese Auseinandersetzung sieht Torvalds auch als einen Streit zwischen den verschiedenen Lagern der freien Software-Szene, da es um ethische Fragen gehe. Torvalds bestärkte nochmals seinen Standpunkt, dass für ihn nur die Nützlichkeit, nicht aber die moralische Seite eines Programmes eine entscheidende Rolle spielt. Daher habe er damals auch auf die Verwendung von BitKeeper gedrängt, das vom Funktionsumfang konkurrenzlos gewesen sei. Tridgell hat sich, vermutlich aus rechtlichen Gründen, bislang nicht zu den heftigen Vorwürfen geäußert.

In den Fortgang dieser hitzigen Debatte hat sich nun auch Bruce Perens eingeschaltet. In The Register fragt sich Perens verwundert, was Andrew Tridgell denn überhaupt getan habe. In diesem Zusammenhang erinnert Perens, früher selbst aktiver Kernelentwickler und Debian-Projektleiter, daran, dass die Einführung von BitKeeper von Anfang an in der Kernelhacker-Szene umstritten war und blieb. Warum, so fragt sich Perens, ist das Reverse-Engineering von Microsofts Netzwerkprotokollen gut, aber im Falle des proprietären BitKeeper schlecht? Im Zusammenhang mit dem Samba-Projekt erinnert Perens daran, dass Tridgell auf der Basis des Reverse-Engineering von Netzwerkkommunikationen zwischen Windows und UNIX- bzw. Linux-Systemen den Samba-Server entwickelt hat. Die Ergebnisse dieser Bemühungen wurden begeistert von allen aufgenommen und in einer Reihe von Produkten von HP, IBM, Apple und anderen Firmen verwendet. Perens dazu: "Niemals ist die Frage von Copyright-Verletzungen aufgekommen, da er nie in den Quellcode schaute, sondern nur die Kommunikation über das Netz beobachtet hat."

Genau das gleiche sei im Fall von BitKeeper geschehen, da Tridgell niemals den Quellcode von BitKeeper angerührt hätte. Daher hat es für Perens den Anschein, als sei Tridgell für eine Vorgehensweise in die Kritik geraten, die im Falle von Samba erfolgreich und im hohen Maße erwünscht gewesen sei. Dies ist für Perens unerträgliche Doppelmoral und nicht nachvollziehbar. Die Tatsache, dass Tridgell schweigt und Linus in der Öffentlichkeit schwere Vorwürfe erhebt, drängt Perens zu der Feststellung: "Manchmal kann Linus Torvalds ein richtiger Idiot sein. Das ist einer dieser Momente." Besonders im Hinblick auf die Kritik und Bemühungen McVoys, die Entwicklung eines kompatiblen Programms zu unterbinden, sieht Perens keine besonderen Probleme. Sollte McVoy tatsächlich versuchen, Tridgells Bemühungen zur Entwicklung eines kompatiblen Bitmover-Client gerichtlich zu ahnden, würde dies aus der Sicht von Perens nichts bringen. Insgesamt hat es für Perens den Anschein, dass die eigentliche Kritik eher auf die Zeit der umstrittenen Einführung von BitKeeper für die Linux Kernelentwicklung zurückfällt. Schon damals hatten viele Kernelentwickler daran Anstoß genommen, dass dieser Schritt das Ergebnis einer Absprache zwischen Torvalds und McVoy gewesen sei. Erst durch diese Entscheidung seien alle weiteren Ereignisse, sowohl das harsche Auftreten seitens McVoys gegenüber allen Kernelentwicklern, die BitKeeper nicht verwenden wollten, als auch Tridgells Reverse-Engineering zu verstehen. Eine solche Entwicklung ist zu Beginn des Einsatzes von BitKeeper in der Kernelentwicklung absehbar gewesen und von Linus Torvalds unterschätzt worden. Angesichts dieser Sachlage rät Perens Linus Torvalds: "Cool it, Linus!"

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