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Mi, 6. Juli 2005, 14:15

Gesellschaft::Politik/Recht

Europaparlament weist Patentdirektive zurück

Das Europäische Parlament hat in seiner Plenarsitzung in Straßburg in zweiter Lesung die umstrittene Patentdirektive in ihrer Gesamtheit abgelehnt.

Was sich gestern bereits abzeichnete, wurde heute perfekt gemacht. Nachdem heute morgen auch die SPD-Fraktion erklärt hatte, die Ablehnung der Direktive zu unterstützen, gab es eine überwältigende Mehrheit: 648 Abgeordnete stimmten gegen die Direktive, 14 dafür, und 18 enthielten sich. Bei insgesamt 732 Sitzen im Parlament hätten bereits 367 Stimmen zur Ablehnung gereicht.

Angeblich will die Europäische Kommission keinen neuen Richtlinienentwurf vorlegen. Die Patentvergabe würde damit auf absehbare Zeit im Ermessen der nationalen Patentämter verbleiben.

Für den Ausgang der Abstimmung war sicher teilweise auch die Verärgerung der Parlamentarier über die Unverfrorenheit von Kommission und Rat verantwortlich, sich zweimal über demokratische Mehrheitsentscheidungen hinwegzusetzen - Ereignisse, die in der Geschichte der EU wohl bisher einmalig waren, und die erahnen lassen, welche skrupellosen Wirtschaftsinteressen hinter der Direktive standen. Zuerst hatte der Rat der EU die Änderungen an der Richtlinie ignoriert, die das Parlament in der ersten Lesung beschlossen hatte, und den ursprünglichen Entwurf zur zweiten Lesung vorgelegt. Dann hatte die Kommission die Forderung des Parlaments nach einem Neustart der Direktive abgelehnt.

Die Free Software Foundation Europe hat nun formuliert, was die Gegner der Direktive seit langem klar sehen: Das Eurpäische Patentamt müsse nun seine Praxis beenden, illegalerweise Software-Patente zu vergeben. Diese Praxis verstoße gegen den Geist und Absicht der Europäischen Patentkonvention von 1973. Dennoch seien bereits mehr als 30.000 Patente bewilligt worden. Viele davon sind offenbar sehr fragwürdig, da sie sehr unspezifisch sind oder keine nennenswerte Innovation enthalten.

Neben dem Problem der Trivialpatente kann man sich nun endlich auch einmal der Frage widmen, ob Patente gesellschaftlich überhaupt noch sinnvoll sind. Verschiedene Studien sehen diese als Relikt aus dem 18. Jahrhundert an und fordern zumindest Verbesserungen an den bisherigen Regelungen. Mehr über die Hintergründe der Softwarepatente finden Sie in diesem Artikel, der den Stand von 2003 wiedergibt. Ferner ist das unerschöpfliche Archiv des FFII zu empfehlen, das zahlreiche detaillierte Analysen enthält.

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