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So, 19. Dezember 2004, 23:18

Gesellschaft::Politik/Recht

Aktionen und Gegenaktionen um die Softwarepatent-Direktive

Die Annahme der umstrittenen Softwarepatent-Direktive durch den Rat der Europäischen Union soll nun offenbar am 21. Dezember erfolgen, die Gegner der Direktive antworten mit neuen Protestaktionen.

Nach verwirrendem Hin und Her wurde die Abstimmung des Rates der Europäischen Union über Softwarepatent kurzfristig auf Dienstag, den 21.12.2004 verschoben. An diesem Tag soll der Ministerrat eigentlich über Agrar- und Fischereithemen beraten. Es handelt sich eigentlich nicht einmal um eine Abstimmung, denn der Ausschuß der Ständigen Vertreter des Rates hatte bereits letzte Woche alles klar gemacht, um diesen wichtigen Punkt auf die Tagesordnung des Rates zu setzen, wo dieser ohne weitere Diskussion »durchgewunken« werden soll.

Ein Kommentar auf der Webseite www.nosoftwarepatents.com nennt die bevorstehende Entscheidung eine Mehrheitsentscheidung, die gar keine Mehrheit mehr hat. Denn sowohl Polen als auch andere Länder wollen die Direktive in der derzeitigen Form nicht mittragen, werden aber trotzdem nach diplomatischem Druck durch die holländische Ratspräsidentschaft mit Ja stimmen. Der österreichische konservative Europaparlaments-Abgeordnete Othmar Karas nannte die bevorstehende Entscheidung deswegen antidemokratisch.

Etwas anders gelagert ist die Situation in Deutschland und Holland, wo die nationalen Parlamente Resolutionen beschlossen haben, die Direktive abzulehnen, die Regierung bzw. die zuständigen Minister, die daran nicht gebunden sind, aber keinen Anlaß sehen, sich demokratischen Prozeduren zu unterwerfen. Das Vorgehen der Befürworter der Direktive scheint weiter darauf ausgerichtet, um jeden Preis und so unauffällig wie möglich Fakten schaffen zu wollen, was den Zweifeln an der Rechtschaffenheit ihrer Ziele weitere Nahrung gibt.

Die Fakten, die der Rat schaffen kann, können allerdings, wenn auch nur schwer, noch geändert werden. Normalerweise wird die Direktive zur zweiten Lesung an das Europäische Parlament zurückgehen, sobald die Übersetzung des Ratsprotokolls in alle zwanzig Amtssprachen der EU abgeschlossen ist. Das Parlament könnte dann bei seiner nächsten Sitzung in Straßburg darüber beraten, die in der Woche des 10. Januar stattfindet. Dort wäre dann für etwaige Änderungen an der Direktive die absolute Mehrheit aller Abgeordneten notwendig, gleichgültig, wieviele der Abgeordneten anwesend sind. Das Parlament könnte aber auch auf Paragraf 55 seiner Geschäftsordnung zurückgreifen und einen Neubeginn des Gesetzgebungsverfahrens beschließen.

Indessen hat der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) eine neue Webseitenaktion gestartet. Diese soll vor der EU-Ministerratssitzung einen offenen Brief an Renate Künast (die die Bundesregierung vertreten wird) im Netz kommunizieren und die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Versuch, die Softwarepatente noch schnell durchzudrücken, lenken. Der Brief fordert die Ministerin auf, die Direktive von der Tagesordnung entfernen zu lassen. Der Text des Briefes macht noch einmal deutlich, auf welch wackeligen Füßen das Vorhaben des Rates steht, da offenbar nicht einmal die in der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Fristen und Bedingungen eingehalten werden.

Im Zuge dieser Gegenaktion des FFII wird die Gemeinschaft der Softwarepatentgegner aufgerufen, den offenen Brief oder Banner, die auf ihn verweisen, auf den eigenen Seiten zu platzieren. Außerdem gibt es eine Unterschriftenaktion. Weitere Vorschläge für Aktionen sind der Webseite des FFII zu entnehmen.

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