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Sa, 23. September 2006, 08:33

Gesellschaft::Politik/Recht

Linux-Entwickler lehnen GPLv3 ab

Die aktivsten Linux-Kernelentwickler haben in einem überraschend harschen Positionspapier ihre Ablehnung des Entwurfs der GPLv3 bekundet, nicht nur für den Kernel, sondern allgemein.

Konnte es bisher den Anschein haben, als sei Linus Torvalds, der Initiator des Kernels, der einzige, der die GPLv3 vollständig ablehnte, stellt sich die Situation nach einer Besprechung und Abstimmung der dreißig aktivsten Kernelhacker anders dar. Kein einziger der Entwickler wollte die geplante neue Version der GPL befürworten, nur Dave Miller äußerte sich neutral. Auf einer Skala von -3 (lehne GPLv3 komplett ab) bis +3 (lehne GPLv2 komplett ab) stimmten die Entwickler durchschnittlich mit -2.

Die treibende Kraft hinter der Abstimmung war Linus Torvalds, der nach eigenem Bekunden die Meinung anderer führender Entwickler in Erfahrung bringen wollte. Um die Diskussion effektiver zu gestalten, schrieb er lediglich die in den letzten 18 Monaten aktivsten Entwickler an.

Die Gründe der Ablehnung wurden von einer kleineren Gruppe von Entwicklern (James E.J. Bottomley, Mauro Carvalho Chehab, Thomas Gleixner, Christoph Hellwig, Dave Jones, Greg Kroah-Hartman, Tony Luck, Andrew Morton, Trond Myklebust und David Woodhouse) in einem Positionspapier zusammengefasst. Dieses Positionspapier stellt allerdings nur die Meinung der zehn Autoren dar. Andere haben sich davon distanziert, auch wenn sie die GPLv3 ablehnen. Zunächst stellen die Autoren fest, dass die GPL in der aktuellen Version gute Dienste geleistet hat und es überzeugende Gründe für eine Änderung geben müsse. Korrekturen von wichtigen Fehlern oder Bekämpfung von konkreten Gefahren wären mögliche Gründe.

Auch die »Fragmentierung des GPLv2-Ökosystems« ist ein Gesichtspunkt für die Autoren. Die Anzahl der Lizenzen müsse reduziert werden, weil dies die Arbeit der Distributoren vereinfache. Es sei heute möglich, eine Distribution zusammenzustellen, die ausschließlich GPLv2-Software enthält. Um eine Fragmentierung zwischen GPLv2 und GPLv3 zu vermeiden, müssten die Vorteile letzterer so überzeugend sein, dass nahezu alle Projekte zu dieser Lizenz wechseln würden.

Die Freiheit der GPLv2 ist für die Entwickler der entscheidende Grund, warum Beiträge zu Linux aus so vielen unterschiedlichen Bereichen kommen. Daher lehnen sie grundsätzlich jede Änderung ab, die diese Freiheiten beeinträchtigen könnten. Der aktuelle zweite Entwurf der GPLv3 hat aber ihrer Ansicht nach drei Stellen, die die Freiheiten gefährden würden. Darüber hinaus sehen sie gar kein Problem mit der GPLv2, das die neue Version der Lizenz lösen würde.

Eine neue universale Lizenz sollte die GPLv3 werden, die laut ihrer Autoren Eben Moglen und Richard Stallman den Geist der GPLv2 beibehält, die Formulierungen klarer macht und an aktuelle Entwicklungen der Technik und des Rechts angepasst ist. Glaubt man den Kernel-Entwicklern, so versagt die GPLv3 gerade im letzten Punkt völlig. Die Anti-DRM-Klauseln werden als Beschneidung der Freiheit der Anwender angesehen. Dies wäre ein Novum, da die GPL bisher bei der Anwendung und Änderung der Software keinerlei Einschränkungen macht. Lediglich die Weitergabe wird von der GPL geregelt. Die Kernel-Entwickler halten die DRM-Klauseln in der GPLv3 für politisch motiviert und fehl am Platz. Die Klausel über zusätzliche Einschränkungen ist für sie auch problematisch, weil sie zu Varianten der Lizenz führt, die möglicherweise schwierig zu kombinieren und gemeinsam zu vertreiben sind.

Auch der Versuch der GPLv3, Entwickler und Anwender vor Softwarepatenten zu schützen, geht nach Ansicht der Kernelhacker daneben: »Derzeit sieht es danach aus, als würde [die GPLv3] das gesamte Patent-Portfolio eines Unternehmens gefährden, einfach durch Veröffentlichung eines GPLv3-lizenzierten Programms auf der Webseite.« Linux sei sehr auf die Beiträge von Unternehmen angewiesen und wenn deren Anwälte auch nur die kleinste Gefahr in der GPLv3 sehen, könnten diese Beiträge zurückgehen. Auch einige Linux-Distributoren verfügen über Patentportfolios und könnten durch die GPLv3 an der Distribution von Linux gehindert werden.

Trotz der Kritik an der GPLv3 sind die Kernel-Entwickler weitgehend gegen DRM und Softwarepatente, allerdings glauben sie, dass man gegen diese Probleme nicht mit Lizenzen, sondern mit anderen Methoden kämpfen sollte. Die GPLv3 stellt ihrer Meinung nach eine große Gefahr dar. Wenn die FSF ihre Projekte unter eine GPLv3 stellt, die dem jetzigen Entwurf ähnelt, so könnte das zu einer »Balkanisierung« der ganzen freien Softwarewelt führen.

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Kommentare (Insgesamt: 63 || Alle anzeigen )
Re[3]: Ich kann die Entwickler nur zu gut verstehe (Boris Jakubith, Di, 26. September 2006)
Re[5]: Nichts als Propaganda (Der Hans, Mo, 25. September 2006)
Re[2]: Ich kann die Entwickler nur zu gut verstehe (Jochen Schmitt, Mo, 25. September 2006)
Re[8]: Lizenz (Chris, Mo, 25. September 2006)
Re[2]: Die Spaltung der Kirchen (berndix, Mo, 25. September 2006)
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