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Mi, 17. Oktober 2007, 19:30

Gesellschaft::Politik/Recht

Globale Standardisierungsarbeit an Dokumentenformaten blockiert

Die massive Manipulation von Microsoft mit dem Ziel, das eigene OOXML-Format als Standard bei der ISO durchzudrücken, hat das zuständige Komitee handlungsunfähig gemacht.

Als bekannt wurde, in welchem Ausmaß Microsoft die Standardisierungsgremien weltweit manipuliert hatte, war die Empörung groß. Nur wenige sahen aber bereits zu diesem Zeitpunkt voraus, was unweigerlich folgen musste: Das für Dokumentenformate zuständige ISO-Komitee SC 34 ist handlungsunfähig geworden.

Nach Informationen von Andy Updegrove erfuhr das Komitee kurz vor der OOXML-Abstimmung zweimal unerwarteten Zuwachs. Zuerst traten insgesamt 23 Länderorganisationen als Beobachter bei. In den letzten Wochen vor dem Ende der Abstimmung änderten elf Beobachter, sowohl unter den neuen als auch älteren Mitgliedern, ihren Status zu P, um als erstrangige Mitglieder mehr Gewicht bei der Stimmabgabe zu erhalten.

Fast alle neuen Mitglieder stimmten für OOXML, während laut Updegrove die etablierten Mitglieder überwiegend dagegen stimmten. Am Ende verfehlte OOXML die notwendige Mehrheit. Ausgestanden ist die Sache noch nicht, da Microsoft bis Februar Zeit hat, den Standardvorschlag zu verbessern. Glaubt man den Kritikern, so ist dies beim Anlegen von objektiven Qualitätskriterien ein aussichtsloses Unterfangen.

Doch die Arbeitsgruppe SC 34 hat noch mehr zu tun als nur über OOXML zu entscheiden. Nur kommt sie damit nicht weiter: Seit Anfang September konnte keine einzige gültige Abstimmung durchgeführt werden. Der Grund ist, dass die Microsoft-Strohmänner nach der OOXML-Abstimmung keine Anstalten mehr machten, an weiteren Abstimmungen teilzunehmen, und damit bei keiner Abstimmung die notwendige Stimmenzahl erreicht wurde.

Mit der gestiegenen Mitgliederzahl wuchs auch die Mindestzahl der Stimmen, die abgegeben werden müssen, damit eine Abstimmung gültig ist. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Standardentwurf ausreichend Begutachtung erhielt, bevor abgestimmt wird. Immerhin hätte ein Mitglied, das sich noch keine Meinung bilden konnte, mit einer Enthaltung stimmen können. Doch selbst dazu ließen sich die neuen Mitglieder des Komitees nicht hinreißen. Nur ein einziges der neuen Mitglieder hat, selbst nach mehrfacher Aufforderung, seine Stimme abgegeben, und auch das nur einmal. So werden nun hochrangige Fachleute in diesem Komitee zur Untätigkeit verdammt, denn eine Besserung ist momentan nicht in Sicht. Zudem ist nicht absehbar, wann wichtige neue Standardvorschläge wie RELAX NG (ISO/IEC 19757 Teil 2), Schematron (ISO/IEC 19757 Teil 3) und Topic Maps (ISO/IEC 13250) sowie eine neue Version von ODF und PDF bearbeitet werden können. Zudem will Microsoft einen Konkurrenzentwurf zu PDF ins Rennen schicken, offenbar nach dem gleichen Muster wie OOXML.

Updegrove bezeichnet diesen Zustand als traurig und zitiert aus der Korrespondenz des Komitees, aus der sich eine zunehmende Frustration herauslesen lässt.

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