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Do, 8. Mai 2008, 10:05

Gesellschaft::Politik/Recht

Produktneutrale Ausschreibungen trotz Rahmenvertrag gefordert

Ein vom Linux-Verband beauftragtes Rechtsgutachten bekräftigt die Pflicht zu produktneutralen IT-Ausschreibungen in der öffentlichen Verwaltung.

Nach Auffassung des Linux-Verbandes hat seit dem 1. Juni 2007, als ein dreijähriger Rahmenvertrag des deutschen Bundesministeriums des Inneren (BMI) mit Microsoft in Kraft trat, die Vergabe von Aufträgen ohne Ausschreibung an Microsoft und dessen Geschäftspartner zugenommen. Das habe zu vermehrten Berichten von Mitgliedsunternehmen geführt, die sich benachteiligt fühlen, aber nicht gegen potenzielle Kunden vorgehen möchten. Auch die Anfragen von IT-Verantwortlichen aus der öffentlichen Verwaltung, die über die Vergabepraxis verunsichert sind, haben zugenommen.

Daraufhin hat der LIVE Linux-Verband, der schon früher die Vergabepraxis einzelner Behörden kritisiert hatte, nach eigenen Angaben ein Rechtsgutachten erstellen lassen. Der Rechtsanwalt Thomas Feil, Fachanwalt für IT-Recht aus Hannover, analysiert darin rechtliche Grundlagen und einschlägige Gerichtsurteile zur Vergabe von IT-Aufträgen durch die öffentliche Verwaltung sowie den BMI-Microsoft-Vertrag. Er kommt zu dem Schluss, dass die Ausschreibungspflicht weder national noch EU-weit umgangen werden darf.

Diese Auffassung vertritt laut LIVE auch das BMI selbst in einem ergänzendem Merkblatt zum Select-Vertrag. Dem Abkommen können Institutionen der öffentlichen Verwaltung von Bundes- bis zur kommunale Ebene beitreten, wodurch ihnen besonders günstige Konditionen für die Beschaffung von Microsoft-Produkten, auch über akkreditierte Handelspartner, eingeräumt werden. Allerdings sind in jedem Fall Ausschreibungen erforderlich. Diese dürfen keine diskriminierenden Einschränkungen enthalten. Auch dem Verweis auf »Kompatibilitätsprobleme« haben Gerichte sehr enge Grenzen gesetzt.

Es sei ein Irrtum, anzunehmen, der BMI-Select-Vertrag sei gleichzusetzen mit Rahmenvereinbahrungen mit Lieferanten, die in einem normalen Ausschreibungsverfahren zustande gekommen sind. Über diese Rahmenvereinbarungen können dann tatsächlich unkompliziert und ohne erneute Ausschreibung Leistungen des jeweiligen Herstellers bezogen werden. Der BMI-Select-Vertrag ist damit laut Elmar Geese, 1. Vorsitzender des Linux-Verbandes LIVE und Geschäftsführer der Tarent GmbH, aber nicht zu vergleichen.

In Fällen von zweifelhaften Vergabeverfahren können sich Anbieter an den Linux-Verband wenden. Sie sollten dabei Eile an den Tag legen, denn Gerichte erwarten gegebenenfalls eine Rüge gegen die Ausschreibung nicht innerhalb des gesetzlich festgelegten Zeitraums von zwei Wochen, sondern innerhalb weniger Tage.

Das Gutachten steht als PDF-Datei zum Download bereit.

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