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Mo, 29. Juni 2009, 17:16

Software::Distributionen::Mandriva

MandrivaUser: »Recht auf eine angemessene Behandlung und Würdigung«

In der deutschen Mandriva-Gemeinschaft brodelt es gewaltig - Stein des Anstoßes ist die Absage der Teilnahme am LinuxTag seitens Mandriva.

»wobo« ist sicherlich kein einfacher Gesprächspartner. Er redet manchmal zu viel, fällt seinem Gegenüber ins Wort und streitet leidenschaftlich, wenn man nicht seine Meinung teilt. Dann wechselt man einfach das Thema, weg von Mandriva Linux, hin zu einem neutralen Thema. Weg von einem Feld, über das man im Beisein von wobo nicht zu viel wissen kann. Und dann passiert es. In einer Art Metamorphose wird aus wobo der Wolfgang, mit dem man sich gerne unterhält und Stunden in abgelegenen Ecken, da wo die Aschenbecher für die Raucher stehen, verbringt.

Unermüdlich kämpft wobo seit Jahren für die Verbreitung der ehemals als Mandrake und nun als Mandriva vertriebenen Distribution. Um ihn herum seine auf mandrivauser.de vereinten Gefährten, die jede Firmen-Mitteilung von wobo aufsaugen - dem Überbringer von guten und schlechten Nachrichten aus Paris, dem Mann mit dem »Draht« zu Mandriva. Danach wird oftmals diskutiert oder gezofft, wie es nun mal in Gemeinschaften zugehen kann.

Die vergangene Woche mussten die Anhänger allerdings tapfer sein, denn wobo hatte nichts Gutes zu verkünden. Es war Sonntag, der 21. Juni 2009 um 3:55, als wobo die Absage des eigentlich geplanten Auftritts der Franzosen auf dem LinuxTag verkündete. »Es wird keinen Stand von Mandriva auf dem Linuxtag 2009 geben«, schrieb er im Forum. Mittlerweile findet sich auch die Ankündigung der Teilnahme nicht mehr im Blog des Unternehmens. Das Netz vergisst allerdings nichts.

Die Tragweite der Entscheidung wird einem erst klar, wenn man die Hintergründe beleuchtet. Der eigentliche Auftritt wurde von den Anhängern frenetisch gefeiert. Seit Jahren ließen sich die Franzosen nicht mehr auf einem wichtigen Event in Deutschland blicken. Es musste für die deutsche Gemeinschaft nicht unbedingt wie ein Liebesbekenntnis ausgesehen haben, als sich Mandriva nach Jahren endlich den Deutschen zuwandte, aber vielleicht als Wertschätzung.

Blicken wir noch weiter zurück. Wer nach Mandriva im deutschsprachigen Raum sucht, stößt unweigerlich auf mandrivauser.de. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Mitstreiter von mandrivauser.de sind omnipräsent. Sie organisieren Messeauftritte, erstellen Artikel und bringen eigene Produkte, Magazine und DVDs für die Distribution heraus - alles, um Mandriva bekannter zu machen. Mandriva ist in Deutschland mandrivauser.de und mandrivauser.de die inoffizielle Vertretung von Mandriva. Wie weit das Engagement von mandrivauser.de für Mandriva in Deutschland reicht, zeigt die letzte Pressemitteilung zum Erscheinen von Mandriva. Nicht Mandriva hat die deutsche Presse über die Freigabe der Distribution informiert, sondern das Gemeinschafts-Projekt.

Es muss deshalb ein herber Schlag für das Projekt gewesen sein, als wobo am 19. Juni informiert wurde, dass Mandriva der Veranstaltung fern bleiben wird. Ein Beinbruch des CEOs sei es, der es Mandriva nicht ermögliche, an der Messe teilzunehmen, hieß die lapidare Erklärung.

Die nachfolgenden Einträge im Forum lesen sich wie eine Chronologie eines Desasters, gepaart mit der schier unerschöpflichen Hoffnung, wie sie oftmals Verliebte den Angebeteten entgegen bringen können. Aus Wolfgang wurde wieder wobo, der penetrant reagieren kann, wenn es um Mandriva geht. Das hat nun auch Mandriva zu spüren bekommen.

Entgegen jeglicher Vernunft schaltete das Pariser Unternehmen allerdings auf stur und sagte das, was ein vernünftiger Unternehmer einem der besten Mitarbeiter eigentlich nicht sagen darf: Dass er das Unternehmen in Ruhe lassen solle. Der Distributor tat dies und weitaus mehr. So ließ Mandriva die bereits gebuchte Standfläche lieber verfallen, als sie mandrivauser.de zur Verfügung zu stellen. Das komplette Versagen des Gemeinschafts-Managements manifestiert sich allerdings in einer vollkommenen Ignorierung der Gemeinschaft, die auf noch so ein kleines Zeichen gewartet hatte.

Es war ein harter Schlag, den Mandriva seiner deutschen Gemeinschaft verpasste, einer Gemeinschaft, die mit Zurückweisung eigentlich umgehen konnte. So hatte das Unternehmen bereits viele Bestrebungen gestoppt, die deutschsprachigen Anwender zu unterstützen. Die ehemals deutsche Startseite gibt es nicht mehr. Der Shop glänzt seit geraumer Zeit durch die Abwesenheit der deutschen Sprache. Einzig das Mandriva-Gemeinschaft-Wiki zeichnet sich durch eine durchgehende Unterstützung der Sprache »Deutsch« aus. Verantwortlich dafür ist allerdings nicht Mandriva, sondern überwiegend die Anwender von mandrivauser.de. Wie emsig sie an die Internationalisierung gehen, zeigt der Verhaltenskodex des Mandriva-Projektes, der nur einen Tag nach der Erstellung von dem User »TeaAge« ins Deutsche übersetzt wurde. Keine andere Gemeinschaft war schneller.

Das Verhalten von Mandriva stellt die freiwilligen Helfer deshalb vor ein Dilemma. Einerseits wollen sie Mandriva nicht komplett die Gefolgschaft verweigern, wissen sie doch, dass sie mit dem Stopp ihrer Arbeit vor allem die Anwender treffen würden. Andererseits wollen sie aber Akzente setzen und ihr Recht auf »eine angemessene Behandlung und Würdigung« fordern. »Ich fühle mich persönlich und als Leiter unserer Gemeinschaft dermaßen unverschämt behandelt, dass es dafür keine Entschuldigung gibt«, schreibt wobo im Forum.

Knapp eine Woche später sind die Fronten immer noch verhärtet. Mandriva hat sich zu den Vorkommnissen nicht geäußert. Eine Anfrage an das Unternehmen blieb unbeantwortet. Seitens mandrivauser.de wird es wohl Konsequenzen geben. Auf Anfrage teilte uns der Betreiber mit, dass morgen ein offizielles Statement der Gemeinschaft sowohl im deutschen als auch im internationalen Forum veröffentlicht wird. »Es werden definitiv Konsequenzen folgen, die einerseits dem Grundsatz unterliegen werden, dass der deutschen Benutzergemeinschaft keinerlei Nachteile erwachsen werden, andererseits jedoch ein klares Signal an Mandriva senden werden, dass das Unternehmen mit einer hilfsbereiten und bekannten Benutzerorganisation nicht in der Form umgehen kann, wie es in den letzten Monaten geschehen ist«, so wobo.

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