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Mi, 21. Oktober 2009, 14:27

Software::Datenbanken

Widerstand gegen MySQL-Übernahme durch Oracle

In einem offenen Brief an die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes fordern der GNU-Gründer und Präsident der Free Software Foundation, Richard Stallman, sowie die Organisationen Knowledge Ecology International (KEI) und Open Rights Group (ORG) die Ablehnung der Übernahme von MySQL durch Oracle.

Wie die beteiligten Parteien in ihrem Schreiben formulieren, schränke die Übernahme von MySQL massiv den Wettbewerb im Datenbank-Segment ein. Würde Oracle eine Genehmigung zur Übernahme erhalten, so sei vorherzusehen, dass die Entwicklung stagnieren werde. Der Grund hierfür ist der Druck von MySQL auf den Datenbankgiganten in vielen Marktsegmenten. Vor allem im unteren Preissegment verfüge das freie MySQL-System über eine Dominanz, die Oracle schwer zu schaffen mache und einen direkten Einfluss auf die Preise im oberen Segment habe. Es ist deshalb vorherzusehen, so die Unterzeichner, dass Oracle, das vor allem im oberen Marktsegment eine dominierende Rolle angenommen hat, eine weitere Stärkung von MySQL nicht zulassen und versuchen wird, die Abschwächung der Einnahmen zu begrenzen.

Eine ähnliche Meinung vertritt auch der langjährige Chefentwickler von MySQL, Monty Widenius. Auch er teile die Bedenken, dass die Übernahme von MySQL durch Oracle zu Marktverzerrungen führen wird. Wie die Unterzeichner des Briefes sehe auch er in der Übernahme den Versuch, die Erosion der eigenen Marktanteile zu stoppen. Sollte Oracle wie geplant MySQL übernehmen, werde das Unternehmen, so Widenius, die Entwicklung, die Funktionalität und die Geschwindigkeit des freien Projektes erheblich ausbremsen. In direkter Folge würde das deshalb vor allem die Anwender treffen.

Als Beleg für seine These nennt Widenius den bereits 2006 gestarteten Versuch des Datenbankgiganten, MySQL zu übernehmen. Die Übernahme scheiterte damals an Bedenken aus dem Management des einstigen Eigentümers, der auch Bedenken äußerte, dass das Unternehmen nicht wirklich an die Technologie von MySQL interessiert sei und lediglich einen Konkurrenten neutralisiere wolle.

Widenius' Meinung widerspricht allerdings Marten Mickos, langjähriger Chef von MySQL AB. Auch er hat sich in den vergangenen Tagen in einem offenen Brief an die EU-Kommissarin für Wettbewerb gewandt und dafür ausgesprochen, die Übernahme von Sun und damit auch MySQL durch Oracle schnell zu genehmigen. Wie Mickos in seinem Schreiben erläutert, bestehen durch die Übernahme keine Gefahren für den Wettbewerb. Demnach habe Oracle gute Gründe, das Geschäft sogar auszubauen. Im Gegensatz zu Oracle fokussiere MySQL nicht den Markt der etablierten Unternehmens-Datenbanken, sondern eher den der Web-Datenbanken. Dies sei auch der Grund für die enorme Bekanntheit von MySQL. Würde Oracle darüber hinaus, was Mickos nicht erwartet, die Entwicklung von MySQL behindern oder gar stoppen, würden sicherlich schnell Forks des unter der GPL verfügbaren Lösung entstehen. Oracle sei deshalb gar nicht in der Lage, MySQL zu behindern.

Gerade diesen Punkt aber lassen die Unterzeichner um Stallman nicht gelten. MySQL ist nicht nur durch die Einsatzgebiete, sondern auch durch die duale Lizenz erfolgreich. Bei einem Fork würde automatisch die Möglichkeit einer Relizenzierung entfallen. Anwender, die freie Software schätzen und trotz allem auf eine kommerzielle Lizenz des Produktes gesetzt haben, hätten in diesem Fall keine andere Wahl, als die von Oracle diktierten Bedingungen zu akzeptieren. Und diese seien laut den Unterzeichnern noch auffällig unauffällig, denn Oracle äußerte sich noch in keinem Wort über die Zukunft von MySQL.

Das ehemals von MySQL AB hergestellte gleichnamige Open-Source-Datenbanksystem ist eines der beliebtesten relationales Datenbanksysteme unter Linux und einer Vielzahl anderer Systeme. Durch seine Schnelligkeit und Ressourcenfreundlichkeit mauserte sich MySQL zu einem »Quasi-Standard« als Backend für Webseiten und mittelgroße Projekte. Nicht minder trug dazu die Änderung der Lizenz zur GNU General Public License bei, die als Lizenz im Jahre 2000 angenommen wurde. Seither wird das System im dualen Lizenzmodell angeboten. Entwickler und Organisationen können also je nach Anforderungsprofil zwischen einer Open-Source-Version (GPL-Lizenz) und der kommerziellen Variante wählen.

Anfang 2008 übernahm Sun den MySQL-Hersteller und damit auch das freie System. Mit der Übernahme von Sun würde nun auch MySQL in den Besitz des Datenbankspezialisten übergehen, was unter anderem die EU-Kommission auf den Plan rief. Auch sie hegt Zweifel an der Zukunft von MySQL und sieht es als direkte Konkurrenz zu Oracles eigener Datenbank.

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