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Mo, 20. Dezember 2010, 14:20

Gesellschaft::Politik/Recht

Richard Stallman sieht Einkesselung von Wikileaks

Richard Stallman, Gründer der Free Software Foundation, zieht Parallelen zwischen der Verweigerung von Diensten für Wikileaks und der Verweigerung von Rechten der Benutzer durch DRM.

Anlass für den aktuellen Artikel von Richard Stallman, Gründer und Präsident der Free Software Foundation (FSF), sind die Personen, die gerade im Rahmen der Aktion Payback gegen die Repressalien gegen Wikileaks protestieren. Laut Stallman sind diese Personen keine Hacker oder Cracker, und ihre Aktion kann auch nicht als verteilter Denial-of-Service-Angriff gewertet werden, denn letzteres bezeichnet automatisierte Angriffe mittels vieler Zombie-PCs. Die beteiligten Personen sind für Stallman Demonstranten, die keinen Schaden anrichten, aber durchaus unbequem werden können, sowohl für die Unternehmen, die Ziel der Aktionen sind, als auch für deren Kunden.

Diese Demonstranten sollten nicht verdammt werden, denn sie lenken die Aufmerksamkeit darauf, in welch hohen Maße Internet-Nutzer vom guten Willen von Unternehmen abhängig sind - und wie schnell sie von diesen Unternehmen vom Internet ausgeschlossen werden können. Um eine funktionierende Web-Präsenz zu haben, benötigt man DNS-, Internet- und teils auch Hosting-Anbieter. Wenn nur einer von diesen den Dienst aufkündigt, ist die Präsenz nicht mehr erreichbar, und oft bedarf es nur eines kleinen Anstoßes durch die Staatsanwaltschaft oder gar andere Unternehmen, dass der Dienst beendet wird. In den USA zumindest gibt es kein Gesetz, das solche Dinge regelt. Die Internet-Benutzer sind im Grunde völlig rechtlos.

Viele Verträge zwischen Betreibern und Internet-Nutzern sind so gestaltet, dass der Betreiber den Nutzer praktisch jederzeit aussperren kann. Stallman zufolge ist das wie ein Mietvertrag, bei dem man von einer Minute auf die andere aus seiner gemieteten Wohnung geworfen werden kann. Genau das praktizieren diverse Unternehmen gerade mit Wikileaks, ohne dass eine richterliche Anordnung dafür ergangen wäre.

Nicht nur bei Internet-Diensten, sondern auch beispielsweise bei e-Books sind viele Benutzer rechtlos, und zwar durch den Einsatz von DRM (Digital Rights Management)-Maßnahmen. In der realen Welt kann man ein gekauftes Buch ausleihen, verschenken oder verkaufen, bei e-Books mit »digitalen Handschellen«, wie Stallman die DRM-Maßnahmen nennt, wird das verhindert. Amazon nutzte gar eine Funktion, um den Kunden gekaufte Bücher nachträglich zu löschen. »Das Wahrheitsministerium wurde privatisiert«, so Stallman.

Nicht viel anders ist es mit Online-Zahlungen. Ohne Dienste wie Paypal und MasterCard ist kein Geldtransfer möglich, und der Überwachungsstaat zeichnet jeden Transfer auf. Dazu kommen Gesetze wie der Digital Economy Act in Großbritannien, bei denen die Schuld und damit die Bestrafung schon mit der Anklage feststeht.

Auch was man mit dem eigenen Computer tun kann, wird von Unternehmen kontrolliert - jedenfalls dann, wenn man unfreie Software einsetzt. Das war für Stallman bereits vor über 25 Jahren der Grund, die FSF zu gründen, um sich dieser Kontrolle zu verweigern. Für Stallman ist die USA heute nur noch ein Filz aus Unternehmensinteressen. Der Staat fürchtet, dass von dieser Wahrheit noch mehr ans Licht kommt, und bekämpft aus diesem Grund Wikileaks. Nebenbei wird damit die Pressefreiheit eingeschränkt und Demonstranten laufen weitaus mehr Gefahr, im Gefängnis zu landen, als die, so Stallman, »offiziellen Folterknechte und Mörder«.

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