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Fr, 9. September 2011, 14:30

Software::Distributionen::Ubuntu

Remnant: Ubuntu sollte monatlich erscheinen

Der Ubuntu-Mitarbeiter Scott James Remnant hat eine Verkürzung des Veröffentlichungszyklus auf einen Monat vorgeschlagen. Damit sollen kleine Neuerungen schneller zu den Benutzern gelangen, während größere Änderungen erst in der Distribution erscheinen, wenn sie fertig sind.

Canonical

Ubuntu erscheint bekanntlich alle sechs Monate, und jede vierte Veröffentlichung ist eine Long-Term-Support (LTS)-Version, die drei Jahre auf dem Desktop und fünf Jahre auf dem Server unterstützt wird. Remnant rechnet in seinem Blog nun vor, dass von den theoretisch sechs Monaten, die an den neuen Funktionen der nächsten Version gearbeitet werden könnte, nur drei bleiben, da die Entwicklung erst nach dem Beschluss auf der Ubuntu-Entwicklerversammlung starten könne und bis zur Betaversion abgeschlossen sein müsse.

Funktionalitäten, deren Entwicklung länger dauert, können daher nicht in einem Zyklus entwickelt werden. Ist zum Beispiel ein Aufwand von 12 Mannmonaten zu veranschlagen und die Arbeit kann nicht aufgeteilt werden, so wurde die vollständige Entwicklung nicht nur 12, sondern wegen der erzwungenen Pausen während der Ubuntu-Veröffentlichungen 24 Monate dauern. Die Praxis ist aber derzeit, dass solche Neuerungen schon in die nächste Ubuntu-Version integriert werden, auch wenn sie noch offensichtliche Unzulänglichkeiten haben und nur Grundfunktionen bieten. Oft ersetzen sie Funktionalität, die zuvor zuverlässig funktionierte. Das Beispiel Unity drängt sich hier nachdrücklich auf. Dies wirkt sich laut Remnant auf die Qualität der Distribution aus: Die Nicht-LTS-Versionen werden von vielen Benutzern als instabil und nicht einsetzbar bewertet, doch auch die LTS-Versionen verlieren nach seinem Eindruck mit jedem Zyklus an Qualität und Stabilität. Darunter leidet wiederum der Ruf von Ubuntu.

Das aktuelle Vorgehen verschwende also Entwickler- und Benutzerzeit. Der sechsmonatige Zyklus passe nicht zur Entwicklung der meisten Projekte, außerdem sei es nicht miteinander vereinbar, dass man einerseits feste Veröffentlichungstermine setze, andererseits auch noch deren Funktionalität definiere. Als Lösung schlägt Remnant vor, die Zyklen radikal zu verkürzen. Ohnehin gebe es keinen Grund mehr, an der Sechsmonatskadenz festzuhalten. Denn außer Gnome, das für Ubuntu an Bedeutung verloren hat, habe sich kaum ein Projekt dem Zyklus angeschlossen.

Ab Version 11.10 würden, wenn es nach Remnant geht, monatliche Veröffentlichungen mit den Versionsnummern 11.11, 11.12, 12.1 usw. folgen. Zur Integration der Neuerungen sollte es neben der stabilen Version (release) eine Beta- und eine Alphaversion geben. Pakete aus Alpha würden nach dem Erfüllen von bestimmten Qualitätskriterien halbautomatisch nach Beta wandern, und ebenso von Beta nach Release. Entwickler würden die Alpha-Version nutzen, aber ihre Pakete nicht direkt nach Alpha hochladen, sondern in einen nicht öffentlichen Zweig, wo sie erste Integrationstests durchlaufen. Die Entwicklung könnte jeder in seinem eigenen PPA durchführen. Die meisten Bestandteile dieses Entwicklungsprozesses wären also bereits vorhanden.

Was Remnant hier vorschlägt, ist in weiten Teilen der Debian-Entwicklungsprozess, nur mit einem von 24 auf einen Monat verkürzten Zyklus. Die bisherigen Kommentare zu dem Vorschlag, die teilweise von anderen Ubuntu-Entwicklern stammen, sind gemischt. Ein Kritikpunkt ist, wer diese ganze Integrations- und Veröffentlichungsarbeit leisten soll, die sechsmal mehr Aufwand als bisher bedeuten würde. Fraglich ist auch, wie externe, insbesondere kommerzielle Software-Anbieter reagieren, die sich für eine Ubuntu-Version entscheiden müssen. Zudem läuft die häufige Aktualisierung vielen Entwicklern und Server-Betreibern, aber auch Endanwendern, zuwider, die sich nicht einmal mit kleinsten Änderungen der Funktionalität befassen wollen, weil sie einfach nur ein laufendes System benötigen.

Fast einhellige Zustimmung erntet Remnant zumindest bei der Analyse des Problems. Der sechsmonatige Zyklus scheint für die Mehrheit der Kommentatoren tatsächlich unzulänglich zu sein. Doch während einige einen monatlichen Zyklus begrüßen, würden andere, auch unter den Ubuntu-Mitarbeitern, eine Verlängerung auf ein Jahr mit einer LTS-Version alle drei Jahre vorziehen. Einige Stimmen warnen auch vor dem negativen Effekt auf die Publizität, die häufige Veröffentlichungen mit sich bringen. Wie man an Chrome und Firefox deutlich sieht, setzt bei den Benutzern schnell eine Updatemüdigkeit ein. Ständige neue Versionen ohne nennenswerte Neuerungen nerven die Benutzer nur, und auch das Medieninteresse sinkt bis zu dem Punkt, wo neue Versionen kaum noch eine Erwähnung wert sind. Denn die Anzahl an interessanten Änderungen, die binnen eines Monats auflaufen, hält sich in sehr engen Grenzen. Doch zweifellos wird Remnants Vorschlag noch eine Weile diskutiert werden.

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