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Sa, 16. Februar 2013, 12:17

Gesellschaft::Politik/Recht

Lizenzen im Wandel der Zeit

Glyn Moody erläutert in einem Essay, warum er glaubt, Copyleft sei überholt und Public Domain der richtige Weg.

Copyleft

Zscout370

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Glyn Moody, britischer Buchautor, Journalist und Technologie-Autor spricht sich in seinem neuesten Essay für eine Abkehr von Lizenzen aus, die ein starkes Copyleft vertreten, und konstatiert einen anhaltenden Trend zu Lizenzen mit schwachem oder gar keinem Copyleft. Dabei bedient er sich hauptsächlich der Thesen von Clark Asay aus dessen Artikel A Case for the Public Domain. Clark Asay ist Assistenzprofessor an der »Penn State University Dickinson School of Law« und der Bruder des in Open-Source-Kreisen bekannten Matt Asay.

Das Paradox, dass freie Software Lizenzen braucht, die per Copyright die Rechte des Nutzers schmälern, soll laut Moody im Gegensatz zu 1985, als Richard Stallman die »GNU Emacs General Public Licence« vorstellte, heute keine Daseinsberechtigung mehr haben. Er sieht auch seit einiger Zeit Tendenzen in diese Richtung. Auf GitHub werden immer mehr Projekte gar nicht mehr lizenziert. Lizenzen mit schwächerem Copyleft wie etwa die Apache- oder BSD-Lizenzen werden vermehrt eingesetzt. Dabei sieht Moody den Verzicht auf starkes Copyleft nicht als Mangel, im Gegenteil. Freie Software habe überall abseits vom Desktop bereits längst gewonnen, die Begriffe »Freie Software« und »Open Source« seien so verankert, dass sie den starken Schutz von Lizenzen wie der GPL nicht mehr brauchen. Zusammenarbeit und des Zurückgeben von Änderungen in den Softwarepool seien den Entwicklern in Fleisch und Blut übergegangen. Somit wären, so Moodys Fazit, Lizenzen mit weniger Copyleft ein Weg zu noch mehr Freiheit und Kreativität sowie weiterer Verbreitung.

Der radikale Ansatz von Moody, basierend auf der Arbeit von Clark Asay, fragt: Welche Lizenzen sollen denn freie Software-Projekte zukünftig nutzen. Die provokante Antwort lautet: gar keine. Der Weg zu permissiven Lizenzen endet bei Moody in Public Domain (PD). Der Begriff, der in den USA gesetzlich geregelt die Abwesenheit jeglicher Rechte inklusive der Autorenschaft eines Werkes regelt, ist in Deutschland so nicht möglich, da hier ein Totalverzicht auf das Urheberrecht nicht vorgesehen ist. Bei uns trifft eher der Begriff »Gemeinfreiheit« den Sinn der Sache, vor allem auch, da der Begriff Public Domain oft missverständlich gebraucht wird.

Das Papier von Clark Asay beleuchtet den Status quo und verfolgt die mögliche Zukunft ohne Lizenzen ausführlich. Er kommt zu dem Schluss, freie Software würde mit Public Domain nur gewinnen. Sowohl Firmen als auch Entwickler würden von der lästigen Pflicht befreit, sich Gedanken über Lizenzen zu machen und darauf zu schauen, dass diese rechtlich standhalten und eingehalten werden. Oft ist auch die Unvereinbarkeit einzelner freier Lizenzen ein Hemmschuh zu Zusammenarbeit und weiterer Verbreitung.

Asay beleuchtet auch zwei Hauptargumente, die gemeinhin in Diskussionen gegen schwächeres Copyleft ins Feld geführt werden. Das erste Gegenargument ist meist, wenn Software durch keine Lizenz geschützt ist, nehmen Firmen den Code und wandeln ihn in Closed Source um. Asay hält dieses Argument für nicht stichhaltig, denn Firmen wären dumm, wenn sie das tun, entledigen sie sich doch damit selbst der kostenlosen Entwickler und der Gemeinschaft, die ein freies Projekt tragen.

Das zweite Argument gegen PD, das Asay aufgreift, ist die durch fehlende Autorschaft entfallende Anerkennung für die Entwickler. Sie ist nicht nur wichtig für den Status einzelner Entwickler in ihren Projekten und in der Szene, sondern kann auch indirekt ökonomische Vorteile mit sich bringen. Asay sieht diesen wichtigen Punkt auch in den derzeit genutzten Lizenzmodellen nicht genug gewürdigt. Die für die Anerkennung wichtigen Daten wie der Name des Entwicklers seien meist in den Untiefen des Dateisystems in Dateien versteckt, die kaum jemand zu Gesicht bekommt. Sozialer Status für Entwickler wird laut Asay heute zunehmend auf GitHub als sozialem Coding-Werkzeug gesucht und gefunden. GitHub-Profile finden Eingang in Stellenanzeigen für Software-Entwickler.

Wie also sieht laut Asay der praktische Umgang mit PD aus? Zuerst müssen die Begrifflichkeiten geregelt werden, denn wie oben beschrieben wird PD geografisch nicht überall gleich ausgelegt. Es muss festgelegt werden, dass PD über jeglichen automatischen Urheberrechten steht und Rechte auf Patente ausschließen. Lediglich bestehende Marken- und Namensrechte seien zu schützen. Das betont zum Beispiel auch die Public Domain Dedication bei Creative Commons. Trademarks unterscheiden sich von Patenten oder Copyright, sie schützen in erster Linie den Verbraucher, auch wenn Unternehmen sich damit oft lästige Konkurrenten auf Abstand halten. Bei Software-Projekten sind Trademarks eher ein Indikator für ein etabliertes Projekt und dienen nicht der Abgrenzung.

Der Weg, etwas als PD freizugeben, ist, entgegen der Vermutung, heute unter legalen Aspekten nicht gerade einfach. Asay plädiert hier für einen »PD Act«, ein Gesetz, das die nationalen Eigenheiten und alle weiteren Probleme regelt. Ist das erfüllt, dann sieht er PD als die Zukunft für freie Software an, wobei die alten Lizenzen erhalten bleiben, falls jemand sie nutzen möchte. Er gibt seiner Hoffnung Ausdruck das zukünftig weder neue Lizenzen mit Copyleft entstehen noch dass eine GPLv4 jemals nötig wird.

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