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Fr, 4. Juni 2004, 00:05

Gesellschaft::Politik/Recht

Breite Kritik an Softwarepatent-Entscheidung

Die Zustimmung der deutschen Delegation zu der umstrittenen Software-Patent-Direktive zieht nach wie vor viel Kritik auf sich.

Nachdem die Bundesregierung noch am 14. Mai verkündet hatte, ganz auf der Seite der Kritiker der Rechtlinie zu stehen, fiel die Delegation im Europäischen Rat dann um. Nachdem die Deutschen zunächst die Zustimmung verweigert hatten und es daher zu Verhandlungen kam, genügte den Delegierten eine unbedeutende Änderung im Text der Direktive, ihre Zustimmung doch zu geben.

Die FDP-Fraktion hat am 2. Juni im Bundestag den Antrag gestellt, diese Entscheidung zu revidieren und sich der Position des Europaparlaments anzuschließen. Das Europaparlament hatte den Richtlinienentwurf im September 2003 so geändert, daß die Patentierbarkeit von Software weitgehend ausgeschlossen war. Der Europäische Rat hat dieses Votum jedoch vollständig ignoriert, und mit der Zustimmung zum Ratsentwurf hat die Bundesregierung eine wettbewerbs- und wirtschaftspolitische Fehlentscheidung getroffen, die zu missbilligen sei, sagte die FDP-Fraktion.

Auch Jörg Tauss, Bundestagsabgeordneter der SPD für den Landkreis Karlsruhe, hat die Entscheidung scharf kritisiert und einen offenen Brief an die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geschrieben. »Es ist bedauerlich, dass in dieser innovationspolitisch so wichtigen Frage die SPD-geführte Bundesregierung eine derart desolate Figur abgibt, und das vollkommen ohne Not«, heißt es in der Einleitung. Tauss prangert das »Mediendurcheinander zwischen unterstellter Ablehnung, angekündigter Enthaltung oder gar tatsächlicher Zustimmung im Rat« an. Er stellt auch in Frage, ob eine Harmonisierung der Rechtsprechung, wie sie von den Patentbefürwortern »gebetsmühlenartig« wiederholt wird (und auch im Richtlinienentwurf angeführt wird) überhaupt nötig ist. Daß der Text der Direktive nur ein schlechter Witz ist, hat auch Tauss bemerkt: »Auch die tautologische, verschachtelte Definition des technischen Beitrags ist bestenfalls als »kafkaesk« zu bezeichnen...« Zudem kritisiert er die mangelhafte Bereitschaft des Justizministeriums zur Zusammenarbeit in der Patentfrage.

Ferner gibt es eine gemeinsame Erklärung des Dachverbandes der europäischen Mittelstandsvereinigungen (CEA-PME), ObjectWeb, FFII und einzelnen Abgeordneten, die sich »sehr besorgt« über die Entscheidung vom 18. Mai äußern. Sie fordern unter anderem, daß die Ratspräsidentschaft dazu gebracht werden soll, die Richtlinie von der Tagesordnung der nächsten Ratssitzung zu nehmen, und daß »der Vorgang den Händen der Patentbürokratie zu entwinden« sei.

Als nächstes muß die Direktive jedoch ein zweites Mal das Europäische Parlament passieren - davor liegen jedoch die Europawahlen. Es wird daher viel davon abhängen, daß man den neuen Abgeordneten die Problematik der Software-Patente vermitteln kann. Dies ist auch Alan Cox bewußt. In einer engagierten Stellungnahme mahnt er, vom Wahlrecht bei der EU-Wahl Gebrauch zu machen, um gegen Softwarepatente aufzutreten. Dabei empfiehlt er, den Europäischen Grünen (Green-EFA alliance) für ihre klare Haltung gegen Softwarepatente die Stimme zu geben. »Die Wahlbeteiligung wird vermutlich nur bei 18% liegen. Umso mehr Gewicht hat jede einzelne Stimme. Dies ist eine einmalige Gelegenheit, der Patentlobby dorthin zu treten, wo es wehtut«, schrieb Cox sinngemäß. (Dank an Dominik Bartenstein.)

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