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Di, 15. Juni 2004, 21:53

Linux in Treuchtlingen - der unerwünschte Erfolg

In der Stadtverwaltung Treuchtlingen läuft bereits seit zwei Jahren alles unter Linux - allen Erschwernissen zum Trotz.

Genau vor zwei Jahren konnte der Systemadministrator der Stadt, Heinz-M. Graesing, den letzten Windows-Rechner entsorgen. Die Anwender mußten sich seither nicht mehr mit lauten und unzuverlässigen Desktop-Rechnern herumschlagen, sondern arbeiten an geräuschlosen und wartungsarmen Sun Ray-Workstations. Über diese erhalten sie von dem zentralen Sun-Server ein Linux-System. KDE und StarOffice laufen nativ unter Solaris auf dem Server. Fachanwendungen werden, soweit sie nicht unter Linux lauffähg sind, unter Emulationen oder einem der beiden Windows-Terminalserver gefahren. Anders als früher ist es daher jetzt sogar möglich, jede Anwendung von jedem Platz aus zu starten.

Nach Angaben von Heinz-M. Graesing arbeitet das System noch kostengünstiger als vorausgesagt. Die Gesamtkosten, die auch die Software einschließen, liegen bei unter 2000 EUR pro Arbeitsplatz und Jahr. Obwohl dieser Preis die Server-Hardware und Lizenzen der Fachanwendungen einschließt, liegt er deutlich unter vergleichbaren Windows-Lösungen, die nicht unter 2300 EUR kommen. Die Produktivität ist gestiegen, da der Arbeitsplatz frei gewählt werden kann und Reboot- und Shutdown-Zeiten entfallen. Auch die Mitarbeiter sind zufrieden, wie eine Umfrage zeigt. Von den rund fünfzig Mitarbeitern gaben dreißig Auskunft über ihre Zufriedenheit mit dem System (die Umfrageergebnisse online umfassen noch nicht alle Antworten). Dies ist ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das alte System mit Windows NT 4 kennen und einen Vergleich ziehen können.

Die meisten Teilnehmer der Umfrage halten das neue System für qualitativ besser und prduktiver als das alte. Immerhin ein Viertel hält StarOffice für komplexer als MS Office, während der Rest StarOffice positiv sieht. Fast 60% halten StarOffice sogar für stabiler als MS Office. Der Zugriff auf Fachanwendungen wird von keinem als schwieriger empfunden, von vielen sogar als einfacher. Die meisten sehen in dem Linux-System Vorteile, keiner wünscht sich das alte System zurück.

Trotz dieser Daten scheint von Seiten der Politik die Anerkennung zu fehlen. Mehr noch, angeblich gibt es Bestrebungen, über externe Berater wieder mehr proprietären Einfluss in die Stadt zu tragen. Die Hersteller der Verwaltungssoftware erwiesen sich als weitgehend unkooperativ, wenn es darum ging, ihre Software auf Linux zu migrieren. Einige drohten damit, die Betriebserlaubnis zu entziehen, falls ihr Produkt im Zusammenhang mit Open Source genannt würde. Vier Rechner konnten aufgrund der restriktiven Lizenzbestimmungen eines Herstellers gar nicht migriert werden.

Auch der konsequente Einsatz der Debian-Distribution scheint einigen Kritikern sauer aufzustoßen. Mancherorts scheint man den Einsatz einer weniger offenen Linux-Distribution für die bessere Lösung zu halten.

So plant Heinz-M. Graesing nun, seine Lösung der Öffentlichkeit zu präsentieren und den Linux-Einsatz in der Verwaltung unter dem Banner »We are open« zu propagieren. Die Erfahrungen sollen mit anderen geteilt werden, unter anderem auf der Webseite www.open-government.org, die im Juli offiziell starten soll. Zudem soll benötigte Software gemeinsam mit anderen Verwaltungen angeschafft, teilweise auch in Kooperation mit anderen öffentlichen Bildungsträgern entwickelt werden.

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Kommentare (Insgesamt: 54 || Alle anzeigen )
Re[3]: ???Firma kündigen (GNU-Emulator, Do, 17. Juni 2004)
Kamele (Markus, Do, 17. Juni 2004)
Re[8]: c't Leserbrief (g., Do, 17. Juni 2004)
Re[7]: c't Leserbrief (CE, Do, 17. Juni 2004)
Re[4]: hmmm (CE, Do, 17. Juni 2004)
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