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Di, 12. Oktober 2004, 01:15

Unternehmen

MontaVista macht Linux echtzeitfähig

Mit der Freigabe einiger Patches hat MontaVista angekündigt, den Standard-Linux-Kernel zu »harter« Echtzeitfähigkeit verhelfen zu wollen.

Die Firma MontaVista ist einer der führenden Anbieter von eingebetteten Linux-Systemen, die teilweise auch Echtzeit-Fähigkeit aufweisen. Das Interesse an »harter« Echtzeit-Fähigkeit wird laut der Ankündigung von der Unterhaltungs-Industrie getrieben. Beispielsweise erfordern HDTV-Applikationen oder Kommunikationsprotokolle in Mobiltelefonen die strikte Einhaltung von bestimmten Zeitschranken, wobei diese Zeitintervalle immer kleiner werden und bereits unterhalb einer Millisekunde liegen können.

Ein Rechnersystem wird als echtzeitfähig bezeichnet, wenn es eine Aufgabe garantiert zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt hat. Dabei kommt es nicht darauf an, wie weit dieser Zeitpunkt entfernt ist, sondern, daß er nicht überschritten wird. Man spricht von »weicher« Echtzeit-Fähigkeit, wenn das Verfehlen der Zeitschranke keine katastrophalen Auswirkungen hat. Weiche Echtzeit-Fähigkeit wird zum Beispiel zum Abspielen von Audio- und Video-Dateien benötigt und von heutigen Desktop-Systemen problemlos geliefert. »Harte« Echtzeit-Fähigkeit bedeutet dagegen, daß die Zeitschranke niemals verfehlt werden darf. Dies ist mit Betriebssystemen, die eine Vielzahl von Prozessen laufen lassen und virtuellen Speicher verwenden, prinzipiell nicht erreichbar - normalerweise. Daher wurden Linux-Systeme für harte Echtzeit-Fähigkeit auch so aufgebaut, daß Linux sozusagen als Anwendung auf einem kleinen echtzeit-fähigen Kernel läuft, und alle Echtzeit-Prozesse als Kernel-Module geschrieben wurden. Zwei solche Ansätze sind RTAI und RTLinux.

MontaVista will nun die harte Echtzeitfähigkeit direkt im Kernel möglich machen. Damit könnte Linux zu einer nahezu universellen Plattform für eingebettete Systeme werden, denn Marktbefragungen zufolge sind Bedenken wegen der Echtzeitfähigkeit der wichtigste Faktor, der eine noch breitere Akzeptanz im eingebetteten Sektor verhindet.

Die nötige Infrastruktur hat MontaVista nun im Kernel - als Patch für Kernel 2.6.9rc3 und neuere - geschaffen. Sie soll nach eigenen Angaben bereits sehr solide sein. Anfang 2005 ist mit ersten Produkten zu rechnen. Der Patch ist zunächst nur für x86 verfügbar. Unterstützung für ARM, einen sehr populären Prozessor im eingebetteten Bereich, soll bald folgen.

Technisch gesehen besteht der Patch aus folgenden Komponenten:

  • Voluntary Preemption von Ingo Molnar, ein Ansatz, die maximale Latenzzeit des Kernels weiter zu verringern, indem in lang laufende Code-Stücke mögliche Unterbrechungspunkte eingebaut werden
  • IRQ Thread-Patches von Scott Wood and Ingo Molnar zur Behandlung von Interrupts auf Thread-Basis
  • BKL Mutex-Patch von Ingo Molnar, ein Versuch, den »Big Kernel Lock«, der ohnehin nur noch an wenigen Stellen verwendet wird, durch Mutexe zu ersetzen
  • PMutex, eine spezielle Art von Mutexen, resultierend aus einer Forschungsarbeit an der Universität der Bundeswehr in München
  • Eine Abstraktionsschicht von MontaVista, die Spnlocks durch Mutexe ersetzt

MontaVista ist nicht die erste Firma, die diesen Ansatz versucht. Es gibt bereits zwei kommerzielle Linux-Varianten, die harte Echtzeitfähigkeit erreicht haben: TimeSys Linux seit 2001 und Lineo seit 2003. MontaVista lädt alle Entwickler ein, am »Open Source Real-Time Linux Project« mitzuarbeiten. Dazu wurde eine Webseite eröffnet, auf der die Patches und weitere Informationen zu finden sind.

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Kommentare (Insgesamt: 18 || Alle anzeigen )
Re[2]: Endlich Amiga-Feeling auch unter Linux (falkmar, Di, 12. Oktober 2004)
Re[3]: schon jemand ausprobiert? (DoomWarrior, Di, 12. Oktober 2004)
Re[3]: schon jemand ausprobiert? (anonymous, Di, 12. Oktober 2004)
Re[2]: schon jemand ausprobiert? (anonymous, Di, 12. Oktober 2004)
Re: Endlich Amiga-Feeling auch unter Linux (Pfau Thomas, Di, 12. Oktober 2004)
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