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So, 20. Februar 2005, 22:41

Gesellschaft::Politik/Recht

Bundestag spricht sich gegen Softwarepatente aus

Am Freitag, den 18.2.2005, kurz vor Mitternacht sprach sich der Deutsche Bundestag als viertes Parlament in diesem Monat gegen den aktuellen Vorschlag des EU-Rats für eine Softwarepatent-Richtlinie aus.

Die Abstimmung über den interfraktionellen Antrag ging einstimmig aus. Einen halben Tag zuvor hatten die Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament ebenfalls einstimmig entschieden, die Europäische Kommission zur Vorlage eines neuen Richtlinienvorschlags aufzufordern. In der ersten Monatshälfte hatten der spanische Senat und die niederländische Zweite Kammer ähnliche Erklärungen in der strittigen Frage abgegeben. Der Text der Entschließung des Bundestags ist unter http://www.nosoftwarepatents.com/docs/1504403.pdf nachzulesen. Florian Müller von NoSoftwarePatents.com glaubt, dass von diesen parlamentarischen Entscheidungen »erheblicher politischer Druck« ausgeht, aber er drückte seine Sorge darüber aus, dass EU-Kommissar Charlie McCreevy »möglicherweise mehr daran interessiert ist, was für Microsoft gut ist, als was Europa im Ganzen nützt«. Seine Bedenken begründet er damit, dass Microsoft der größte Steuerzahler Irlands sei, da Microsoft aus dem »Steuerparadies« in Dublin seine Kunden in der gesamten EU beliefere. Nach dem offiziellen Teil der Pressekonferenz erläuterte Müller, dass »Irland mit seinem Steuersparprogramm für europäische Niederlassungen von US-Softwarefirmen innerhalb von knapp zwei Jahrzehnten den Sprung vom ärmsten zum reichtsen Land Europas geschafft hat«.

Auf der Website von NoSoftwarePatents.com befindet sich seit geraumer Zeit ein Text, der die Haltung verschiedener EU-Mitgliedsstaaten zu Softwarepatenten beschreibt und hierbei speziell die Rolle Irlands heraushebt: http://www.nosoftwarepatents.com/de/m/politics/members.html. Der EU-Kommissar für den Binnenmarkt Charlie McCreevy war zuvor irischer Finanzminister und in Müllers Worten »in dieser Funktion derjenige, der Monat für Monat einen großen Scheck von Microsoft erhielt und darum deren bester Freund in der Kommission ist«. Die irische Regierung hielt die Präsidentschaft der EU und somit speziell des EU-Rats in der ersten Jahreshälfte 2004. Ihre Amtszeit, die ganz offiziell von Microsoft gesponsert wurde, nutzten die Iren, um eine politische Einigung auf eine Softwarepatent-Richtlinie herbeizuführen, die seitdem der Gegenstand heftiger Kritik gewesen ist.

Als fachlich zuständiger EU-Kommissar hat McCreevy nun über den Wunsch des Europaparlaments nach einem Verfahrensneustart zu entscheiden. Gibt er dem Wunsch statt, wird damit die von seiner eigenen Regierung erarbeitete politische Einigung aufgehoben. Als die neue Kommission im letzten Jahr besetzt wurde und jedes der 25 Mitgliedsländer einen Kommissar stellte, legte Irland größten Wert darauf, das Ressort Binnenmarkt zu besetzen, das für die Softwarepatent-Richtlinie federführend ist. Aufgrund der heiklen Situation im Zusammenhang mit dieser Richtlinie und der Gefahr eines Konfliktes zwischen den EU-Institutionen scheint allerdings denkbar, dass sich auch der Präsident der Kommission und der deutsche Vizepräsident Günter Verheugen (SPD) einschalten werden.

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