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Do, 24. März 2005, 07:34

Gesellschaft::Politik/Recht

Microsoft auf Patentraubzug

Microsoft hat sich im Jahr 2000 ein Patent erteilen lassen, das »mehr als als nur eine zufällige Ähnlichkeit« mit einem Verfahren hat, das in IPv6 Verwendung findet.

Rechtsanwälte der Public Patent Foundation und des Software Freedom Law Center untersuchen das Patent im Moment. Ihrer Ansicht nach hat sich Microsoft hierbei Ideen aus dem Standardisierungsgremium für IPv6 bedient, ohne diese Tatsache bekannt zu geben. Eben Moglen, Mitgründer und Direktor des Software Freedom Law Centers, glaubt, daß das Patent nicht hätte erteilt werden dürfen, da die wesentlichen Punkte bereits vorher existierten.

Das betroffene Patent, USP 6101499, wurde 1998 eingereicht und im Jahr 2000 erteilt. Es beschreibt die automatische Erzeugung von IPv6-Adressen, um einfache Netzverbindungen zu ermöglichen. Es zeigt »mehr als nur eine zufällige Ähnlichkeit« mit IPv6, wie es der Anwalt Frank Bernstein von der Kanzlei Kenyon & Kenyon aus San Jose, Kalifornien, ausdrückte. Bernstein vertritt eine nicht namentlich genannte Firma, die Open-Source-Produkte anbietet.

IPv6 ist ein Internet-Standard, ein Protokoll, das das heute verwendete IPv4 ablösen und damit zahlreiche Mängel und Engpässe des alten Protokolls beseitigen soll. Der Standard wurde von der IETF erarbeitet. Ende 1997 und Anfang 1998 waren Vertreter von Microsoft aktive Teilnehmer in der Arbeitsgruppe. Danach verließen sie merkwürdigerweise die Gruppe, genau zu dem Zeitpunkt, als Microsoft heimlich das Patent einreichte.

Zahlreiche Dokumente aus dieser Zeit belegen, daß die Ideen vorhanden waren, bevor Microsoft das Patent einreichte. Daher schätzt Eben Moglen, daß das Patent vor Gericht keinen Bestand hätte. Denn das Unternehmen wäre verpflichtet gewesen, alle ihm bekannten früheren Werke, die das Patent betreffen, anzugeben. Wahrscheinlich wurde dies absichtlich unterlassen, um das Patent zugesprochen zu bekommen. »... wir studieren den Prozess, durch den dieses Patent zustande kam, in der Hoffnung, daß wir es als eine Gelegenheit nutzen können, zukünftigen Mißbrauch des Patentsystems zu verhindern«, sagte Moglen.

Das Patent ist ein weiteres Beispiel dafür, daß Softwarepatente schädlich und innovationsfeindlich sind. Ein mögliches und in den USA übliches Vorgehen wäre: Der Patentinhaber meldet heimlich ein Patent auf eine Technologie an, die in Zukunft weite Verbreitung finden soll. Firmen beginnen, die Technologie zu nutzen und verstoßen damit unwissentlich gegen das Patent. Doch Unwissenheit schützt vor Strafe und Lizenzzahlungen nicht. Nachdem die Technologie weit verbreitet ist, gibt der Patentinhaber sein Patent bekannt und beginnt, Lizenzgebühren in beliebiger Höhe zu kassieren. Die betroffenen Firmen haben nur die Wahl, zu zahlen oder die Technologie nicht mehr zu verwenden. Letzteres ist, besonders wenn es um Standards geht, oft keine Option. Ein Patent kann auch angefochten werden, doch kann das Jahre dauern und hat keine aufschiebende Wirkung auf Lizenzzahlungen.

Zudem handelt es sich bei dem Patent 6101499 um eine Trivialität, die jedem sofort ins Auge springt, der Hash-Funktionen kennt. Die Verwendung einer Hash-Funktion ist ebenfalls keine Innovation, jede andere Abbildungsfunktion wäre ebenso in Frage gekommen. Zehntausende solcher Trivialpatente sind bereits erteilt, an denen sich die Patentämter bereichert haben, und machen nahezu jede Patentrecherche unmöglich.

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