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Do, 31. März 2005, 21:38

Gemeinschaft::Personen

Ian Murdock zu Progenys Überlebenskampf

Progeny Linux Systems dürfte wohl den meisten Linux-Benutzern, insbesondere den Debian-Nutzern ein Begriff sein.
Von ThomasS

Die Open-Source-Firma wurde 2000 unter anderem mit Kapital von der Linux Capital Group und der Unterstützung von Bruce Perens aus dem Debian-Projekt heraus gegründet. Viele Entwicklungen von Progeny Debian, Progenys kommerzieller Debian-Variante, sind mittlerweile ins Debian-Projekt zurückgeflossen.

Auf der Basis von Debian-GNU/Linux entwickelte Progeny z.B. eine Netzwerklösung namens Linux NOW (Network of Workstations), die das Administrieren von Netzwerken auf Debian-Basis erleichtern sollte.

Erste Schwierigkeiten traten nach gut einem Jahr auf, NOW und später auch Progeny Debian wurden wieder eingestellt. In dieser Phase, so Ian Murdock, seien viele Änfänger-Fehler gemacht worden. Im Rückblick, so Murdock, habe man zu schnell eingestellt und nicht über die Folgen dieser dynamischen Personalpolitik nachgedacht. Es hat viele Situationen gegeben, in denen man sich zu Einstellungen verpflichtet gefühlt habe, ohne dass es tatsächlich einen Job für das neue Personal gab. Hinzu kam, dass die Progeny-Manager mit Ausnahme von Bern Galvin, zuständig für Finanzen, alle keinerlei Geschäftserfahrungen hatten. Gerade diese geschäftliche Unerfahrenheit machte sich am zu ambitionierten Geschäftsplan bemerkbar, der vorwiegend auf der Annahme beruhte, dass Progeny immer weitere Investoren finden könnte. Das Platzen der Dotcom-Blase vereitelte aber die Beschaffung weiteren Investitionskaptials, man hatte schlicht die ersten Zeichen der herannahenden Krise übersehen.

Im Juni 2001 ereilte die Krise auch Progeny und die Hälfte aller Angestellten musste über Nacht gehen. Einzig die hohe Moral der verbleibenden Mitarbeiter hielt Progeny am Leben, einige der Entlassenen wurden später wieder eingestellt, nachdem das Unternehmen eine harte Durststrecke durchlaufen hatte. Zeitweise musste auch Ian Murdock aus der Gehaltszahlung ganz aussteigen und schlug sich mit einem Job in der Forschung an der Universität in Utah durch. Letztlich, so Murdock, habe die Krise Progeny zusammengeschweißt.

Hinzu kam, dass Progeny, händeringend auf der Suche nach neuen Geldquellen, kurz zuvor eine Version von Progeny Debian herausgebracht hatte. Theoretisch eine Einnahmequelle, die jedoch niemals floß, da unter 50.000 Downloads Progeny Debian nur von ca. 2% der Nutzer wirklich gekauft wurde. Erst durch ratsuchende Gespräche mit Geschäftspartnern wie Hewlett-Packard kam Progeny wieder ins Geschäft, so dass man ab August 2001 erstmals profitabel arbeitete und bis Oktober 2002 die Restrukturierung von Progeny erfolgreich abschließen konnte. Im Zuge der Veränderungen betrat Progeny neue Geschäftsfelder wie etwa den Support und Entwicklung für Red Hat-Plattformen.

Mit diesen Erfahrungen im Rücken ist Murdock sicher, dass er auch neuen Start-Ups im Open-Source-Bereich einige gute Ratschläge mit auf den Weg geben kann:

  • Niemals Investitionskapital ablehnen, wie Progeny es am Anfang tat!
  • Finde heraus, was du gut kannst oder tun möchtest, am besten etwas, was niemand anders kann. Dann umgebe dich mit guten Leuten, die dich ergänzen.
  • Ein guter Geschäftsplan ist wichtig, um Ideen an neue Mitarbeiter zu kommunizieren und den aktuellen Status der Firma beurteilen zu können. Im heutigen konservativen Geschäftsklima ist ein solider Geschäftsplan für Investoren ein wichtiges Gütekriterium zur Geldanlage.
Natürlich ist der Geschäftsplan Gegenstand ständiger Änderungen: »Du musst sehr flexibel sein. Du musst schnell sein. Die Welt um dich herum kann sich jederzeit verändern. Halte den Geschäftsplan einfach. Versuche nicht, den Ozean zu kochen. Arbeite mit einem Geschäftsplan, der auch ohne enorme Kapitalsummen erreichbar ist. Murdock stellt selbstkritisch fest, dass er durch die schwierigen Erfahrungen mit Progeny heute viel praktischer vorgehe als noch vor fünf Jahren.

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