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Do, 18. März 2010, 19:00

Das Prometheus-Konsortium und die konsortiale Software-Entwicklung

Von der Fachpresse weitgehend unbeachtet fand am 15. März in München die Gründungssitzung des Prometheus-Konsortiums statt. Betreut von der Open Source Business Foundation (OSBF) fanden sich hier Versicherungen und Maklerverbände zusammen, um in einem echten Open-Source-Projekt eine gemeinsame Anwendungsplattform für den Datenaustausch zwischen Versicherern und Maklern zu entwickeln. Pro-Linux berichtet in diesem Artikel über die Hintergründe dieses Projektes, das zum Vorbild für etliche weitere werden könnte.

Definition

Der vielleicht interessanteste Aspekt an der Vereinsgründung der Prometheus Foundation ist die konsortiale Software-Entwicklung. Eine Definition dieses Begriffes könnte folgendermaßen lauten (die Formulierung stammt teilweise von der OSBF):

Konsortiale Software-Entwicklung basiert auf Konsortien, die gemeinsam die Entwicklung einer Anwendung übernehmen. Die entwickelte Software wird unter eine Open-Source-Lizenz gestellt und steht somit allen Mitgliedern des Konsortiums und auch der Allgemeinheit frei zur Verfügung.

Es handelt sich um eine Zusammenarbeit zur Entwicklung von Software, wie sie nur mittels freier Software möglich ist. Die Analogie zu freien Softwareprojekten ist offensichtlich. Aufgrund seiner Größe lässt sich das Projekt am ehesten mit größeren Projekten wie dem Linux-Kernel, Eclipse, Apache, Mozilla, X.org oder Android vergleichen. Allerdings unterscheidet es sich doch in mancher Hinsicht von diesen. Zu diesen Unterschieden kommen wir später.

Die Ausgangssituation

Die Versicherungen in Deutschland operieren in einem gesättigten Markt, in dem ein harter Konkurrenzkampf herrscht. Um Marktanteile zu sichern oder auszubauen, müssen die Unternehmen entweder fusionieren, was vom Kartellamt erst einmal genehmigt werden muss, oder der Vertrieb muss verbessert werden. Eine wachsende Bedeutung beim Vertrieb haben die unabhängigen Makler. Es wird erwartet, dass ihr Anteil von 30% an den Abschlüssen weiter steigen wird. Teilweise agieren die Makler alleine in einem Voll- oder Teilzeitberuf, teils in größeren Firmen. Viele Makler sind in einem von mehreren existierenden Maklerverbänden organisiert.

Ein Makler sollte möglichst viele Versicherer in seinem Portfolio haben, um seinen Kunden ein optimales Angebot unterbreiten zu können. Dies wird durch neue gesetzliche Regulierungen noch stärker gefordert. Das Problem ist nun, dass jede Versicherung ihre eigene Software besitzt, über die die Anfragen, Berechnungen und Transaktionen abgewickelt werden. Selbst Versicherungsagenten, die nur für eine Versicherung arbeiten, sind mitunter von der Komplexität dieser Software schon überfordert. Ist es für einen Makler nun erforderlich, viele solcher Softwarepakete effektiv bedienen zu können, kann man sich vorstellen, was das für Schwierigkeiten bereitet.

Jochen Krause, Leiter der Projektgruppe COSAD

Jochen Krause

Jochen Krause, Leiter der Projektgruppe COSAD

Doch auch für die Versicherer bedeutet diese Situation Ineffizienz und damit Kosten. Viele Vorgänge werden immer noch über Papier abgewickelt, die Fehlerquote ist hoch. Jede Gesellschaft muss ihre individuelle Software entwickeln und pflegen. So entstand bei einigen Versicherungsgesellschaften und Maklern der Gedanke, eine einheitliche Software zu schaffen und sich die Kosten der Entwicklung zu teilen. Mit dieser Idee wandten sie sich an die OSBF, speziell an deren Projektgruppe COSAD, um sich deren Ratschläge zu sichern.

Gründung der Foundation

Ins Zentrum der Aktivitäten rückte nun Jochen Krause, Gründer und Projektleiter der Projektgruppe Collaborative Open Source Application Development Project in der OSBF. Neben der Tätigkeit für die OSBF, die er wie alle Mitglieder ehrenamtlich leistet, ist der 35-jährige Unternehmer Gründer, Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der INNOOPRACT Informationssysteme GmbH in Karlsruhe. Zudem ist Jochen Krause seit Mai 2003 Mitglied des Boards of Stewards des Eclipse-Konsortiums.

Das COSAD-Projekt schlug den beteiligten Firmen vor, ein Konsortium zu gründen und die Software unter einer freien Lizenz zu entwickeln. Dieser Vorschlag wurde zunächst nicht einhellig begrüßt, da einige Mitglieder die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen befürchteten. Doch ein alternatives Modell, etwa das Bereitstellen der Software nur für die Mitglieder, hatte nach Ansicht von Krause in früheren Initiativen nicht gut funktionert. Auf einer solchen Basis ließ sich nicht gut ein Ökosystem aufbauen. Sicher musste seitens COSAD einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden, bis die beteiligten Unternehmen sich schließlich auf eine Vorgehensweise einigen konnten.

Bedenken gab es sicherlich auch dahingehend, dass die Gefahr besteht, dass einige Unternehmen die Entwicklung finanzieren, während andere sich nur bedienen. Bei freier Software besteht diese Möglichkeit immer, aber man kann Anreize schaffen, sich dennoch zu beteiligen. Einer davon kann beispielsweise sein, dass nur aktiv Beitragende die Möglichkeit haben, die Entwicklung mit zu bestimmen.

Wahrscheinlich waren auch kartellrechtliche Erwägungen nicht ganz »unschuldig« an dieser Entwicklung. Bei einem Konsortium, das die Software nur Mitgliedern verfügbar macht, hätte das Kartellamt aufmerksam werden und möglicherweise einschreiten können. Wenn die Software aber jedem frei zur Verfügung steht, ist in dieser Hinsicht kein wettbewerbswidriges Verhalten zu bemängeln. Es wurde eigens ein Rechtsgutachten einer Anwaltskanzlei eingeholt, um sich kartell- und lizenzrechtlich keinen Schwierigkeiten auszusetzen.

Etwa zwei Jahre dauerten die Vorbereitungen zur Gründung des Vereins, der Prometheus Foundation e.V. In dieser Zeit wurde von den beteiligten IT-Unternehmen ein IT-Konzept erarbeitet. Auf dieses wollen wir nun kurz eingehen.

Kommentare (Insgesamt: 3 || Alle anzeigen )
BiPRO ? (guest, Mo, 22. März 2010)
Re: Jochen Krause (Anonymous, So, 21. März 2010)
Jochen Krause (catconfuser, Fr, 19. März 2010)
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