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Sa, 18. November 2006, 00:00

»Microsoft ist nicht der böse Feind«

Interview mit Chefarchitekt Kurt Garloff von Novell

Die Kooperation zwischen Novell und Microsoft, die Anfang November 2006 bekanntgegeben wurde, kam für die meisten überraschend und rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Besonders zwiespältig wurde der Teil des Abkommens aufgenommen, der sich mit Softwarepatenten befasst. Novell versuchte diesen Teil zwar zu erklären, doch bleiben viele Fragen offen. Eine weitere Erläuterung zu diesem Thema kann da nur von Vorteil sein. Pro-Linux traf sich während der Linuxworld Expo in Köln mit Linux-Chefarchitekt Kurt Garloff von Novell, um alles über das Abkommen, und was sich seit der Übernahme von Suse durch Novell noch getan hat, zu erfahren.

Kurt Garloff

Pro-Linux

Kurt Garloff

Pro-Linux: Herr Garloff, ihre Person dürfte manch einem Leser nicht bekannt sein. Könnten sie sich vielleicht kurz vorstellen und vor allem Ihre Position bei Novell erläutern?

Garloff: 1994 habe ich angefangen, Linux zu benutzen. Damals war ich ein Physikstudent in Dortmund. Bin darauf gekommen, weil mir Kollegen Linux empfohlen haben, dass ich auf diese Art und Weise ein Unix-System auch zu Hause nutzen kann. Zum ersten Mal wirklich in Kontakt bin ich mit Linux gekommen, als ich 1996 einen SCSI-Treiber versucht habe ans Laufen zu bekommen. Er sollte eigentlich funktionieren, tat es aber nicht und ich habe ihn erst durch langes Experimentieren zum Laufen gebracht. Danach habe ich ihn eine Weile lang maintaint und bin auf diese Art und Weise ein wenig mit den Kernel-Entwicklern in Kontakt gekommen. War somit ein Teil einer Community, die ich eigentlich als sehr gut empfunden habe. Es hat Spaß gemacht, mit den Leuten zu arbeiten. Vielleicht war damals die Kernel-Community etwas freundlicher gegenüber Newcomern, als sie es heute ist.

1999 habe ich mein Studium abgeschlossen. Seit dem Abschluss habe ich dann in Teilzeit für Suse gearbeitet und drei Jahre lang in den Niederlanden verbracht, wo ich an meiner Promotion gearbeitet habe.

Pro-Linux: Und Ihre momentane Position bei Novell?

Garloff: Seit 2003 bin ich wieder Vollzeit bei Novell beschäftigt. Dort bin ich als Abteilungsleiter für die Suse Labs zuständig gewesen und bin jetzt als Leiter für ein Team von Architekten zuständig. Momentan habe ich zusätzlich die Aufgabe, den Standort Nürnberg als Entwicklungschef zu leiten.

Pro-Linux: Die Linux World Expo geht zu Ende. Wie war eigentlich die Resonanz der Kunden auf die neue Enterprise-Produktpalette?

Garloff: Ich habe nur mit ein paar Leuten geredet. Die Resonanz war durchaus positiv. Was die Kunden insbesondere im Enterprise-Bereich gut finden, ist Virtualisierung. Das ist sehr großes Interesse vorhanden und da waren wir auch diejenigen die es soweit stabilisiert haben, dass man es auf den Markt bringen konnte.

Pro-Linux: Im Dezember soll der Erste Service-Pack herauskommen. Stimmt das?

Garloff: Für Suse Linux Enterprise 10 ist der Service-Pack für Mitte Mai geplant, in dem dann weitere Verbesserungen stattfinden werden, insbesondere im Bereich der Virtualisierung.

Pro-Linux: Worauf dürfen sich die Nutzer noch freuen?

Garloff: Es wird auf jeden Fall eine große Anzahl an neuen Funktionen kommen. Der Hauptfokus ist aber die Konsolidierung aller Bugfixes, die während der Zeit gefunden wurden. Bugs, die wir während des Testvorgangs noch gefunden haben, oder Fehler, die bei Benutzern tatsächlich zu Problemen geführt haben. Sie werden nun von uns sukzessive behoben und dann im Servicepack gebündelt veröffentlicht.

Ein Bereich, in dem noch einiges passiert, ist Virtualisierung. Da werden wir auf die neue Version der Xen-Technologie aufsetzen, die insbesondere Vorteile bringt, was Geschwindigkeit angeht. Was im Bereich Visualisierung ansonsten sehr interessant ist, ist, dass immer mehr unterstützte Systeme dazukommen. Momentan ist unser Angebot, dass wir ein SLES 10 virtualisiert auf einem SLES 10-Host betreiben können. Oder natürlich auch mehrere virtuelle Maschinen, aber noch keine anderen Typen. Es muss einfach alles getestet und validiert werden. Man muss sicher sein, dass es keine Probleme gibt, bevor man es dem Kunden als Enterprise-Lösung anbietet. Die nächsten Schritte, die geplant sind, sind, auch ein SLES9 oder Red Hat zu haben, das dann auf Suse Linux betrieben werden kann. Was auch einige Kunden interessiert, ist natürlich Windows.

Pro-Linux: Sie haben ziemlich viel Lob für SLED 10 erhalten. Auch dank Xgl. Wird die Entwicklung von Xgl weiter vorangetrieben, nachdem jetzt ein Fork des Servers entstanden ist? Einige Programmierer waren mit der Entwicklung von Xgl bei Novell nicht zufrieden und bemängelten, dass sie teilweise hinter verschlossenen Türen stattfindet.

Garloff: Novell wird die Entwicklung im Desktop-Bereich weiter vorantreiben. Enterprise-Desktop ist für Linux ein relativ neuer Markt. Obwohl es technologisch schon da ist, ist erst jetzt zum ersten Mal ein Produkt herausgekommen, das »rund genug« ist. Viele Enterprise-Benutzer sagen nun »ja, es kommt für uns in Frage - ja, das wollen wir machen« und da bleiben wir dran. Wir haben nun auch ein paar große Kunden, die angefangen haben, sehr schöne Stückzahlen in ihren Unternehmen auszurollen.

Xgl wird weiter entwickelt. Da werden noch weitere Effekte dazu kommen, die die Benutzbarkeit weiter verbessern. Natürlich auch schöne Effekte, die dann als Eye-Candy dem Benutzer gefallen.

Pro-Linux: Und der Fork?

Garloff: Über den Fork mache ich mir jetzt persönlich weniger Sorgen. Ich denke, dass es in der Open-Source-Community relativ normal ist, dass sich Dinge auseinanderbewegen. Wir reden auch mit den Programmierern des Forks und denke, dass Entwicklungen, die dann gut funktionieren, auch wieder zusammenlaufen werden. Da mache ich mir wenig Sorgen.

Die Kritik, die jetzt gerade von Ihnen geäußert wurde, dass Xgl hinter verschlossenen Türen entwickelt wurde, ist eine Kritik, die eigentlich auf die Vergangenheit zielt. Als Xgl angefangen wurde, fand die Entwicklung tatsächlich in einer relativ geschlossenen Umgebung statt. Es war aber nie das Ziel von Novell, es dauerhaft so zu lassen. Man hatte die Hoffnung, dass man dadurch etwas mehr Fokus haben kann und nicht unendlich viele Diskussionen und alle Probleme auf einmal lösen muss, sondern ein paar Sachen voranbringen kann, bevor man an die Öffentlichkeit geht.

Von hinterher gesehen, ist es vielleicht nicht die beste Vorgehensweise gewesen. Von Anfang an offener zu sein, wäre vielleicht schöner gewesen. Das ist aber die Vergangenheit. Wenn jetzt da aktuell Beschwerden sind, ist mir es nicht ganz klar, woher die kommen.

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