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Mo, 24. Juni 2002, 00:00

Gentoo Linux - der schnellste aller Pinguine

Am ehesten wohl mit Rocklinux vergleichbar, bietet Gentoo das beste aus LSF, Debian und FreeBSD. Ausgehend von einem wenige Megabyte großen Basispaket kompiliert man sich einfach seine Wunschdistribution selbst.

Gentoo Linux

Andreas Reichel

Gentoo Linux

Einleitung

Als fleißiger Leser von Pro-Linux wollte ich mich schon einige Zeit lang für viele vergnügliche Stunden Lektüre bedanken. Etwas unerwartet bietet sich nun die Gelegenheit dazu: Aus einer Laune heraus installierte ich den Newcomer Gentoo-Linux und möchte nun von meiner Erfahrung berichten.

Am ehesten wohl mit Rocklinux vergleichbar, bietet Gentoo das beste aus LSF, Debian und FreeBSD. Ausgehend von einem wenige Megabyte großen Basispaket kompiliert man sich einfach seine Wunschdistribution selbst. Im folgenden Bericht möchte ich subjektiv die Frage beantworten, ob Gentoo den gestellten Ansprüchen Schnelligkeit, Aktualität und Stabilität gerecht wird und natürlich auch mögliche Stolpersteine aufzeigen.

Voraussetzung

Um es gleich vorweg zu nehmen: Gentoo Linux wird niemals die erste große Linux-Liebe sein. Deswegen schildere ich genau die Ausgangssituation, damit mein Votum im richtigen Kontext gelesen wird.

Ich habe inzwischen vier Jahre Linux-Erfahrung. Außer einer DOS-Diskette zum BIOS-Update nutze ich Windows ausschließlich beruflich, kenne mich aber auch damit recht gut aus. Meine erste Distribution war eine SuSE-Evaluation der Version 6.0. SuSE habe ich erst abgelegt, nachdem die versprochenen Versionsupdates (insbesondere libc5 nach glibc2) wiederholt komplett scheiterten. Danach kaufte ich eine Red Hat-Distribution und fand diese wesentlich komfortabler und geschmeidiger. Insbesondere funktionierte das Erstellen von Paketen aus SRPM-Dateien recht gut, wenngleich die Auflösung von Abhängigkeiten oftmals mühsam war. Redhat schätzte ich jedenfalls sehr.

Vor etwa einem Jahr schickte ich ein mkreiserfs an /dev/hda2 statt an /dev/hdb2 und fand das einen guten Zeitpunkt, um etwas Neues auszuprobieren. Auf einer Zeitschrift fand ich einen ersten Snapshot von Debian-Woody. Vom sagenhaften apt-get hatte ich vorher schon gelesen, fand also 10 Euro gut investiert. Trotz seines Alpha-Stadiums machte sich Woody sehr gut, apt-get hielt weitestgehend, was man versprach. Unzufrieden war ich nur mit der Leistung. Kompiliert für 386-Kompatible, empfinde ich Debian als unheimlich zäh (optimierte Pakete habe ich nicht gefunden). Negativ fiel mir auf, dass die Kompilierung von Sourcen oftmals scheiterte und die Aktualität auch der Testing-Zweige nicht besonders gut ist. Mir blieb der Eindruck haften, dass Debian vor Kraft nicht laufen kann.

Mit dieser Erfahrung und ein paar Tagen Urlaub war es also an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren: Gentoo-Linux. Auf einem normalen PC

  • CPU: Athlon TB 800
  • Motherboard: Asus AV133A (VIA KT133A-Chipsatz)
  • RAM: 384MB PC133 CL2
  • Graphik: Nvidia Geforce 2 GTS
  • Laufwerke: 2x40GB IDE UDMA 100, IDE CDRW+ IDE DVD
  • Netzwerk: AVM Fritz PCI und Realtek 8139too

richtete ich eine winzige 2 GB-Partition /dev/hda2 mit dem ext2-Dateisystem ein.

Installation

Gentoo-Linux kann man in drei verschiedenen Formen installieren: als Minimal-Image (stage1), als erweitertes Image (stage2) und als vorkompiliertes Basis-System (stage3). Die ersteren beiden ergeben jeweils eine bootfähige CDROM, die alles enthält, um "from scratch" eine Distribution aus den Quelldateien aufzubauen.

Trotz Quellcode ist die Installation sehr einfach

Andreas Reichel

Trotz Quellcode ist die Installation sehr einfach

Da diese Quellen aus einer Netzwerkverbindung gezogen werden müssen, empfiehlt es sich eher, mit dem Basis-System stage3 zu starten, welches für i686 und alternativ für i586 optimiert kompiliert wurde. Einige Tage nach offiziellem Erscheinen des GCC 3.1 bot Gentoo bereits ein auf diesem Compiler basierendes Basissystem an ( stage3-i686-1.3a.tbz, 116MB), welchem ich dann auch nicht widerstehen konnte.

Gemäß der beiliegenden Readme entpackte ich dieses Basissystem einfach von meiner Debian-Distribution aus auf meine /dev/hda2-Partition. Ich kopierte meine Kernel-Konfigurationsdatei in die Quellen des Gentoo-Kernels und übersetzte aus Debian heraus den Kernel für Gentoo-Linux. Danach teilte ich LILO noch mit, dass es auf /dev/hda2 eine Datei /boot/vmlinuz finden solle und startete das System neu. Tatsächlich bootete mein Gentoo sofort ohne Probleme bis zur Login-Shell. Im Gegensatz zum Hinweis der Gentoo-FAQ war das Root-Passwort leider nicht blank (so etwas muss man erwarten, wenn man drei Tage nach dem Erscheinen des Compilers das Basissystem bekommt) - unter Debian war die /etc/shadow aber schnell geändert. Bis hierher war alles sehr einfach.

Doch nun kam der weitaus schwierigere Teil: das Netz. Gentoo ist dafür ausgelegt, dass man alles, was man braucht, aus dem Netz holt. Leider habe ich zwar von den Telekomikern das modernste Glasfasernetz der Welt bekommen, musste dafür aber meine Kupferleitung abgeben, die mir DSL ermöglicht hätte - eine zukunftssichere Investition also. Die Schwierigkeit bestand also darin, Gentoo ISDN beizubringen. Gentoo selbst hat keine ISDN-Unterstützung, es gibt nichtmal ein entsprechendes Software-Paket. Wiederum half mir Debian aus: ich kopierte einfach alle Dateien /usr/sbin/isdn*, /etc/init.d/isdn* und /etc/isdn* auf die Gentoo-Distribution. Bei der Gelegenheit kopierte ich auch alle wichtigen Konfigurations-Dateien (z.B. /etc/X11/XF86Config-4, /etc/hosts, /etc/resolv.conf etc.) und ersparte mir mit ein paar Änderungen, alle Einstellungen komplett neu zu erfassen.

Tatsächlich konnte ich nun eine ISDN-Verbindung aufbauen und startete das erste große Experiment: die Installation der grafischen Oberfläche XFree86. Von vornherein wusste ich, dass das den wohl wichtigsten Schritt darstellte. Wenn er scheiterte, wäre auch mein Gentoo-Experiment gescheitert.

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