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So, 26. September 2004, 00:00

Vortrag: Open Source Software in Telecommunications

Der ÖVE veranstaltete einen Vortrag über Open Source Software und den Aufbau einer Telefonanlage im PC. Die Kernaussagen des Vortrags sowie die Telefonanlage werden präsentiert.

Einleitung

Am 22.9.2004 veranstaltete der Österreichische Verband für Elektrotechnik (ÖVE) in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Fernmeldetechnischen Entwicklungs- und Förderungsgesellschaft (ÖFEG) den Vortrag Open Source Software in Telecommunications. Der Vortragende DI Wolfgang Reichl führte im Palais Eschenbach in Wien das anwesende Publikum kompetent in die Grundlagen von Open Source Software (OSS) ein und erläuterte anschließend die Erfahrungen der ÖFEG mit einen Test-Aufbau für Telekommunikation.

In der Einleitung pries er OSS als relevantes und sinnvolles Software-Entwicklungsmodell, was er mit den Beispielen LiMux (Migration der Stadt München) sowie Apache (Marktführer als Web-Server) belegte. Anschließend verglich er OSS mit Closed Source Software (CSS) und ging auf Themen wie Urheberrecht und Lizenzbestimmungen ein.

Herr Reichl gliederte den weiteren Vortrag in zwei Teile:

  1. OSS Entwicklungs-Modell
  2. ÖFEG Telekommunikations Versuchsaufbau

Open Source Software

Der erste Teil wurde mit einer kurzen Einführung in Marktwirtschaft (Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, Ressourcenknappheit und Nutzenmaximierung als Bedingungen) begonnen. Mit dem Satz "There Ain't No Such Thing As A Free Lunch" (TANSTAAFL) leitete der Vortragende zu Werbestrategien von Unternehmen, aber auch zu OSS über. Versuchen doch Werbestrategen durch Gratis-Proben einen Kunden anzulocken und für weitere Produkte und Services dann Geld zu verlangen. Entscheider vermuten auch hinter der kostenlosen OSS diese Strategie und lassen sich daher leicht abschrecken.

Im weiteren Verlauf des ersten Teils beschäftigte sich der Vortragende mit dem Schutz geistigen Eigentums, verglich die Eigenschaften der GPL und eines Microsoft EULA (End User License Agreements), betonte die Sinnhaftigkeit von OSS mit dem Satz "On the shoulders of giants" (mit dem einst Newton sagte, dass auch er seine wegweisenden Forschungsergebnisse nur auf den bereits publizierten Erkenntnissen basierend machen konnte) und zählte die wichtigsten Motivations-Faktoren für OSS-Programmierer auf.

Danach ging DI Reichl auf das Buch »The Cathedral and the Bazaar« von Eric S. Raymond ein, in dem Software Engineering (bei CSS) mit einer genau konstruierten Kathedrale, OSS jedoch mit einem Basar verglichen wird. OSS hat auch einen Charakter von Evolution: der beste Code setzt sich durch. Die große OSS Entwickler-Gemeinde bewies er mit einem Screenshot der sourceforge.net Seite, wo knapp 90.000 Projekte und knapp eine Million Entwickler registriert sind. Abschließend erläuterte der Vortragende die Auswahlkriterien für Software in Unternehmen, wobei die Anschaffungskosten nur ein kleiner Teil sind. Das ist der Grund, warum nicht alle Firmen schlagartig auf kostenlose OSS umsteigen. Um trotzdem Geld zu verdienen, obwohl man Software herschenkt, wurden vier OSS-Geschäftsmodelle aufgelistet: Distributor (Red Hat, SuSE, ...), Applikations-Entwickler (Mozilla-Projekt), Dienstleister, Zubehör-Hersteller (O'Reilly).

Asterisk - OSS Telefonanlage

Der zweite Teil handelte von einer nur mit OSS auf einem normalen PC betriebenen Telefonnebenstellenanlage. Dazu verwendete die ÖFEG das Programm Asterisk. Es ist eine komplette Telefonanlage in Software. Sie läuft auf Linux und bietet alle Funktionen, die man erwartet und noch mehr. Asterisk kann dabei zwischen vielen verschiedenen Netzen vermitteln: ISDN, PSTN (analoge Telefonie), VoIP (Voice Over IP), GSM, H.323, SIP, ... Dazu unterstützt es spezielle Hardware, die den PC mit T1- oder E1-Leitungen, ISDN und dem Ethernet verbinden. Eigene PCI-Einsteckkarten für Vielfachanschlüsse (T1, E1) werden von der Firma Digium hergestellt, die gleichzeitig auch der Hauptsponsor von Asterisk ist.

Der Vortragende erläuterte ein Anwendungsbeispiel: In Wien befindet sich der Asterisk-Server und ist unter einer bestimmten Telefonnummer über das normale Telefonnetz anwählbar. Wählt der Anrufer eine bestimmte Durchwahl, verbindet Asterisk das Gespräch via VoIP über das Internet nach Seoul, ein SIP-Gateway leitet es ins dortige Telefonnetz und lässt es an einem Telefon in Seoul klingeln.

Asterisk kann auch für Call Center, als Anrufbeantworter, für Telefonkonferenzen und vieles mehr benutzt werden. Und all das mit einer Vielzahl von Endgeräten, Protokollen und Netzen. Der Vortragende erläuterte dazu die Einrichtung eines »Dial Plan«. Damit wird festgelegt, wie ein eingehender Anruf behandelt wird. Weiter beschrieb er kurz die Erweiterbarkeit von Asterisk mit AGI (Asterisk Gateway Interface), das sehr ähnlich zu CGI ist.

Die Erfahrungen der ÖFEG mit Asterisk als Nebenstellenanlage waren durchwegs positiv. Die Anschaffung ist kostenlos und man erreicht mit sehr wenig finanziellem Einsatz einen gut funktionierenden Prototypen. Der gute und oft rasche Support über die Mailing-Listen sowie die vollständige Verfügbarkeit des Quellcodes wurden ebenfalls positiv eingestuft. Negativ fiel den Testern die schlechte Dokumentation auf, ein bei OSS leider oft anzutreffendes Problem.

Abschluß

Insgesamt war der Vortrag sehr kurzweilig und informativ. Der Vortragende war erstaunlich gut über OSS informiert und brachte die wichtigen Details dem Publikum auch verständlich nahe. Leider betonte er das Gegenargument der LiMux-Gegner (»Freizeitprogrammierer«) zu sehr und erwähnte auch nicht, dass viele professionelle Programmierer, manche auch für ihren Arbeitgeber, an OSS programmieren. Die Vorstellung von Asterisk fand ich besonders interessant, da dieses Programm bestimmt für viele kleine Unternehmen eine gute und erschwingliche Alternative zu oft teuer gemieteten Telefonanlagen sein kann.

In der anschließenden Fragerunde wurden noch einmal CSS und OSS verglichen, die Unvorhersehbarkeit der Technik in zehn Jahren und die rechtlichen Rahmenbedingungen für VoIP erläutert. Die Diskussion wendete sich dann sehr schnell Richtung Software-Patente, wobei sich sowohl Befürworter als auch Gegner zu Wort meldeten. Die Veranstaltung wurde dann mit Applaus für den Vortragenden beendet und die Anwesenden zum Büfett gebeten.

  • Dieses Werk wurde unter der GNU Free Documentation License veröffentlicht. Das Kopieren, Verbreiten und/oder Modifizieren ist erlaubt unter den Bedingungen der GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation.

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