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Do, 29. Oktober 2009, 00:00

Linux-Kongress: Keynote von Theodore Ts'o

Theodore Ts'o, Chief Technology Officer der Linux Foundation, eröffnete den Linux-Kongress in Dresden mit einer Keynote zum Thema »Linux and Open Source in 2010 and Beyond«.

Letzte Woche noch auf dem Linux Kernel Summit in Tokio, nahm es der Chief Technology Officer (CTO) der Linux Foundation dennoch auf sich, die Reise nach Dresden anzutreten - gab es doch bis jetzt nur eine Auflage des Linux-Kongresses, bei der er fehlte. Sein Vortrag sollte technische Details außen vor lassen, um einen Überblick über Linux und Open-Source-Software in den kommenden Jahren zu geben.

Hans-Joachim Baader

Zwei Themen standen im Mittelpunkt: Mobile Computing und Cloud Computing. Mobile Computing hat zahlreiche Smartphones, die Linux verwenden, hervorgebracht: Android-Smartphones, das Nokia N900 und Geräte, die der Spezifikation der LiMo Foundation folgen - letztere haben für Ts'o angesichts der starken Konkurrenz eine fragliche Zukunft. Eine zweite Geräteklasse, die Beachtung verdient, sind die Netbooks und mobilen Internetgeräte (MIDs): Moblin, Android und Chrome OS konkurrieren hier um die Gunst der Benutzer.

Cloud Computing auf der anderen Seite bedeutet für verschiedene Leute ganz unterschiedliche Dinge. Zum einen können Clouds günstige Rechnerkapazitäten bereitstellen: Platform as a Service. Auch wenn einige Anwender die geforderten Preise für zu hoch halten, sind sie laut Ts'o im Vergleich zu realen Servern günstig, besonders wenn man nur Spitzenlasten abfedern muss. Zu unterscheiden ist zwischen öffentlichen und privaten Clouds. Zum anderen kommt Software as a Service immer mehr auf: E-Mail, Office-Systeme, CRM, Buchhaltung und viele andere Anwendungen sind hier als Beispiele zu nennen. All diese Anwendungen sind laut Ts'o real und werden nicht mehr verschwinden.

Was diese Entwicklungs gemeinsam haben, ist Linux. Es sind die beiden Gebiete, auf denen zur Zeit »Creative Destruction« stattfindet. Das bedeutet, dass teure proprietäre Technologie durch Linux-basierte Technologie ersetzt wird. Es ist das Gleiche, was vor fünf Jahren bei Unternehmensservern und Rechenzentren zu beobachten war.

Der Mechanismus, der hier greift, ist »Shared Innovation«. Schon in früheren Keynotes wiesen Redner auf diese Tatsache hin. Wettbewerber arbeiten zusammen, um gemeinsam eine Basis zu entwickeln, auf der jeder wiederum im Wettbewerb mit den anderen das beste Produkt erstellen will. Dazu verwenden sie Linux, denn eine freie Lizenz ist Voraussetzung dafür. Jeder profitiert von den Änderungen der anderen, sofern er flexibel genug ist, den Neuerungen zu folgen.

Die Gründe für dieses Vorgehen sind rein ökonomisch: Der Gewinn soll maximiert werden. Der Gewinn kommt von dem Wert, den ein Kunde dem Produkt zumisst, denn daraus ergibt sich, was er bereit ist zu zahlen. Der Gewinn hängt aber auch von den Entwicklungskosten ab: Je geringer die Kosten, desto größer der Gewinn. Mit Open Source lassen sich aber die Entwicklungskosten ideal reduzieren: viele Kosten werden geteilt (»Shared Innovation«).

Hans-Joachim Baader

Um einen dauerhaften Gewinn zu erzielen, muss sich eine Firma aber auch weiterentwickeln. Ts'o nennt das »Climbing the Value Stack«. Was anfangs ein einzigartiges Feature war, mit dem man Geld verdienen konnte, wird zum Standardfeature, für das der Kunde nichts mehr extra zahlen will. Man macht nun einen Teil der privaten Infrastruktur (Eigenentwicklungen) Open Source. Damit muss man die Wartung nicht mehr allein finanzieren, und man beeinflusst die Richtung der Projekte. Zudem hat man einen Vorsprung von 6-9 Monaten vor der Konkurrenz. In dieser Zeit ist der Code zwar öffentlich verfügbar, aber außerhalb der Kernentwickler versteht ihn niemand vollständig.

Folgende Ratschläge hält Ts'o für Firmen bereit, die Linux und Open-Source-Software erfolgreich einsetzen wollen. Man sollte den proprietären Wert nicht in den Kernel stecken, wo sowieso nur Lizenzprobleme lauern, wenn man den Code nicht unter die GPLv2 stellt. Besser sei es, wohldefinierte Schnittstellen nutzen. Mit der oben genannten »Shared Innovation« kann man aggressiv die Kosten reduzieren. Einige Firmen tendieren dazu, jeden Experten eines Projekts einzustellen, um möglichst viel Kompetenz zu vereinen. Es ist aber laut Ts'o besser, wenn nicht alle Experten in einer Firma sitzen. Bekannte Beispiele, wo dies eher nachteilige Effekte hatte, sind jfs und MySQL.

Gibt es noch Hobby-Entwickler in Linux? Dazu präsentierte Ts'o das bereits bekannte Diagramm, nach dem die größten Beiträge eines Unternehmens zum Kernel, die von Red Hat, nur 12% ausmachen, gefolgt von Intel, Novell und IBM mit je ca. 6%. Die meisten Beiträge kommen von einer Vielzahl von anderen Firmen oder sind keinem Unternehmen zuzuordnen. Hobby-Entwickler existieren also sicherlich noch, sie steuern aber eher kleinere Dinge wie Korrekturen, Treiber etc. bei. Komplexe Änderungen sind den Entwicklern vorbehalten, die ihre Arbeitszeit vollständig dieser Aufgabe widmen können. Ein erfolgreiches Projekt sollte Einsteigern Möglichkeiten zur Beteiligung geben, die einen leichten Einstieg ermöglichen.

Wie wird es mit dem Einsatz von Linux auf Servern und Desktops weitergehen? Auf Unternehmensservern und in Rechenzentren sieht Ts'o weiter eine hohe Verbreitung für Linux. Aber ein Betriebssystem wird nicht um seiner selbst Willen eingesetzt, denn es verursacht Kosten. Der Grund für die Benutzung sind die Dienste, die es bereitstellt, sei es der LAMP-Stack, WebSphere, SAP oder was auch immer. Innovationen im Server-Bereich sind nicht mehr allzu häufig. Es gibt sie noch, haupsächlich werden aber Neuerungen aus anderen Bereichen übernommen, beispielsweise die Energieverwaltung.

Es bleibt schwierig, auf dem Desktop nennenswerte Marktanteile zu gewinnen, da kaum Geld damit zu verdienen ist. Auf dem Desktop wird eine hervorragende Benutzbarkeit verlangt, und diese bedeutet sehr viel Aufwand, doch welche Firma würde dort investieren, wenn sie kaum Verdienstmöglichkeiten dabei sieht?

Als Ausblick stellte Ts'o fest, dass immer mehr Unternehmen verstehen, wie sie Open-Source-Software vorteilhaft verwenden. Eine Denkaufgabe gab er den Zuhörern noch mit auf den Weg: Was wird in zwei oder drei Jahren die nächste Innovation, nachdem sich Mobilgeräte und Cloud Computing etabliert haben? Wer hier die richtige Idee hat, könnte damit ziemlich reich werden.

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