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Mo, 22. November 1999, 00:00

Linux-Historie

Multics

Vor langer, langer Zeit (um genau zu sein 1969, also doch noch nicht so lange her) wurde bei Bell Laboratories an einem neuen Betriebssystem gearbeitet. Es war allerdings nicht irgendein System, sondern eines, das so voller genialer neuer Ideen steckte, dass man heute nur noch darüber staunen kann. Eine dieser neuen Ideen war das "hierariches Dateisystem", d.h. man legt die Dateien in Verzeichnissen ab, die in einer baumartigen Struktur angeordnet sind. Noch heute ist es üblich, hierarchische Dateisysteme zu verwenden.

Dieses System sollte den Namen Multics bekommen.

Das Schicksal lenkte die Geschichte aber in eine andere Bahn. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt war Bell Laboratories finanziell in Bedrängnis. Um das Unternehmen zu retten, wurden branchenfremde Manager eingestellt, die das Multics-Projekt beenden.

Die Programmierer, die an diesem Projekt mitgearbeitet hatten, waren frustriert. Einer von ihnen aber, ein Mann mit dem Namen Ken Thompson, konnte es nicht ertragen, dass dieses vielversprechende Projekt gestoppt worden war.

Unix

Er implementierte ein Multics-artiges System auf einer DEC PDP 7, die ansonsten unbenutzt gewesen wäre. Dieses System taufte er auf den Namen Unics, in Anlehnung an das Vorbild Multics. Später wurde der Name von Unics nach Unix geändert.

1971 schrieben Ken Thompson und Denis Ritchie das komplette System neu, diesmal in der von Denis Ritchie entwickelten und von Brian Kernighan verbesserten Programmiersprache C, die seitdem untrennbar mit Unix verbunden ist.

Derivate

Im Laufe der Zeit wurden viele Unix-Abkömmlinge erstellt, sogenannte Derivate. Diesen wurden meist Namen gegeben, die auf "x" enden, wie Irix, Sinix, Ultrix und Minix.

GNU

Lange Jahre war es üblich gewesen, Software untereinender auszutauschen und Quellcode anderer Leute wiederzuverwenden. Insbesondere unter Unix-Systemen hatte das Tradition. Anfang der 80er Jahre jedoch bestand beinahe die komplette Software-Landschaft aus proprietärer Software.

Einer fand das unerträglich: Richard Stallman. Er sagte sich: "Ich weiß, dass ich mein Leben damit verbringen kann, proprietäre Software zu programmieren. Ich kann dabei auch glücklich werden. Doch wenn ich alt bin, werde ich darauf zurückblicken und mir bewusst werden, dass ich mein Leben damit verbracht habe, Mauern zu bauen, die Menschen voneinander trennen."

Es gab damals kein freies Betriebssystem, daher war es nicht möglich, einen Computer zu starten, ohne proprietäre Software zu verwenden. Daher entschloss sich Stallman, ein freies Betriebssystem zu entwickeln. Er schrieb auch eine freie Lizenz, die GNU General Public License, oder auch GNU GPL.

Dieses Betriebssystem sollte zu Unix abwärtskompatibel sein, Unix-Programme sollten also darunter laufen. Es sollte aber mehr können, also kein Unix sein.

Damals waren rekursive Akronyme sehr beliebt, deshalb nannte er sein System GNU, was das Kürzel für "Gnu's Not Unix" ist. Der Name sagt also, was es ist, indem er sagt, was es nicht ist.

Stallman und diejenigen, die ihm beim Errichten von GNU helfen wollten, entschieden sich dazu, erst die Anwendungssoftware zu schreiben und erst dann den Kernel. Im Jahre 1990 war es dann soweit - es wurde mit dem Programmieren des Kernels, dessen Name Hurd ist, begonnen. Auf den Hurd werde ich später nochmal zurückkommen.

Linux

Andrew Tanenbaum hatte ein Mini-Unix für PCs entwickelt, das er Minix nannte. Dieses Minix-System war kostenlos erhältlich, aber es war eben ein Unix und damit wesentlich leistungsfähiger als kommerzielle Betriebssysteme für die PC-Plattform, wie z.B. DOS.

Der Student Linus Torvalds verwendete dieses System wohl vor allem auch, weil es kostenlos war, denn er hatte sich seinen 386er ja auf Raten kaufen müssen. Um seine Kenntnisse des PCs zu vertiefen, begann er, einen eigenen Betriebssystem-Kernel zu schreiben, wozu er zwar den Minix-Code als Vorbild verwendete, doch behielt er keinen Teil des Codes bei.

Das Resultat stellte er im Internet anderen Minix-Anwendern vor: Linux Version 0.01. Er stellte es aber nicht nur den anderen zur Verfügung, sondern veröffentlichte das Ganze unter der GNU General Public License.

Viele fähige Leute halfen nun bei der Entwicklung von Linux mit. Im Jahre 1994 war es dann soweit: Linux 1.0 erblickte das Licht der Welt.

Das GNU-Projekt hatte nun einen freien Kernel, nämlich Linux, wodurch erstmalig ein komplett freies System möglich war: Ein Linux-basiertes GNU-System. Der Einfachheit halber (und inzwischen auch oft aus Unwissenheit) wird dieses komplette System meist als "Linux" bezeichnet, obwohl Linux ja nur der Kernel ist.

Hurd

Durch die Existenz von Linux scheint der Hurd überflüssig zu sein, doch es wird daran weitergearbeitet. Das mag unsinnig wirken, und viele Leute verstehen den Sinn dieser Übung auch nicht, doch wenn man sich den Hurd näher anschaut, dann findet man doch einige ganz interessante Dinge und beginnt zu verstehen, warum daran weitergearbeitet wird.

Hurd ist die Abkürzung für "Hird of Unix-Replacing Demons", wobei "Hird" als "Hurd of Interface-Representing Depth" definiert ist. Wer GNU schon verwirrend fand, der wird wohl hier aus dem Fenster springen, alle anderen erfahren nun mehr über den Hurd.

Der Hurd basiert auf dem Mikrokernel MACH 3 und ist eigentlich eine Sammlung von Servern. Wärend des laufenden Betriebes kann man Server hinzufügen und entfernen, was Programmierern solcher Server das Testen wohl enorm erleichtert. Aber man kann auch eine komplett neue Instanz des Hurd starten und später z.B. per "halt"-Befehl zum vorherigen Hurd zurückkehren.

Dies alles dürfte die heutigen Iconklick-Anwender wohl wenig interessieren und ist eher für Experten interessant, aber ich wollte mal erwähnen, was der Hurd alles kann.

Anmerkungen

Manchmal schreibe ich "frei", manchmal "kostenlos", manchmal verwende ich das Wort "proprietär" und manchmal "kommerziell". Ich achte sehr sorfältig darauf, wann ich welches Wort verwende, denn "frei" ist nicht das gleiche wie "kostenlos".

Freie Software muss nicht kostenlos sein (auch wenn sie es fast immer ist) und kostenlose Software muss nicht frei sein (die kostenlose Software aus dem Windows-Bereich z.B. ist eigentlich nie frei).

Mit "frei" ist hier "Freiheit" gemeint, und nicht "Freibier" (dass den meisten Menschen heute leider Freibier lieber als Freiheit ist, ist eine andere Sache...).

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