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Di, 7. Januar 2020, 11:04

Gemeinschaft::Organisationen

Bruce Perens verlässt OSI

Bruce Perens hat die Open Source Initiative, die er vor mehr als 20 Jahren mitgegründet hatte, verlassen. Grund dafür ist eine Auseinandersetzung um die Anerkennung einer neuen Lizenz, die Perens als unfrei und damit nicht OSI-konform ansieht.

OSI

Die steuerbefreite, als gemeinnützig anerkannte Open Source Initiative (OSI) entstand im Jahr 1998, um die sogenannte Definition von Open Source zu formulieren und die Ziele von Open Source in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Zu ihren weiteren Aktivitäten zählt, Lizenzen zu prüfen und als Open-Source-Lizenzen zu publizieren, wenn sie mit der Open-Source-Definition konform sind, und als Ansprechpartner und Berater in Lizenzfragen zu fungieren.

Mitglieder der OSI können Organisationen und seit Mitte 2012 auch Einzelpersonen werden. Die Mitglieder bestimmen durch die Beteiligung an selbst organisierten Arbeitsgruppen den Kurs der OSI mit. Zum Jahresende hatte die derzeitige OSI-Präsidentin Molly de Blanc über die aktuellen Entwicklungen innerhalb der OSI berichtet. Über 600 Mitglieder und 75 assoziierte Organisationen engagierten sich in verschiedenen Projekten und auch politisch.

Eine weitere Aktivität der OSI besteht in der Bewertung von Lizenzen. Die OSI erhält einen stetigen Zustrom von freien Lizenzen, die sie bewerten und als offizielle freie Lizenzen anerkennen soll. Oft genug stellen sich solche Lizenzen als unfrei heraus und werden entsprechend abgewiesen. Aber auch gegen Lizenzen für einen einzigen Zweck oder spezifische Organisationen besteht eine Abneigung, da die Zahl der bestehenden Lizenzen die Situation bereits unübersichtlich genug macht. Doch freie Lizenzen können auch unabhängig vom Segen der OSI existieren, sie sind dann vielleicht nur weniger bekannt und schwieriger einzuschätzen.

Doch nun droht eine neue Lizenz die OSI zu spalten. Die Cryptographic Autonomy License 1.0 (CAL-1.0) ist eine vermeintlich freie Software-Lizenz mit einer bisher noch nirgends enthaltenen Zusatzklausel. Jede Software, die unter dieser Lizenz steht, muss es den Benutzern ermöglichen, ihre Daten zu exportieren, und zwar in einer nutzbaren Form. Das gilt auch, wenn die Software lokal läuft, da sie ja die Daten intern in einem Nichtstandard-Format oder verschlüsselt halten könnte.

Die Cryptographic Autonomy License wurde vom Rechtsanwalt Van Lindberg auf Wunsch der Firma Holochain entwickelt und der OSI zur Anerkennung vorgelegt. Die Diskussionen über die Lizenz führten zu mehreren Revisionen. Die Meinungen über die Lizenz gehen jedoch deutlich auseinander. Während Pamela Chestek, aktuelle Vorsitzende des Lizenz-Review-Komitees der OSI, und einige andere Mitglieder die Lizenz als OSI-konform ansehen, sehen das einige Aktivisten wie Bruce Perens anders. Für sie ist der Zwang, einen Datenexport in die Software einbauen zu müssen, nicht mit der Definition von Software-Freiheit vereinbar, auch wenn das Ziel durchaus ehrenwert ist. Perens schrieb in einem Beitrag bereits, dass die zusätzliche Regelung in einen separaten Vertrag mit dem Anbieter gehöre, nicht in die Lizenz, und somit gar keine neue Lizenz nötig sei.

Inzwischen ist Perens jedoch zu der Ansicht gelangt, dass die Gruppe von Mitgliedern, die die CAL befürwortet ist, auf keine Argumente mehr hören will. Daher hat er nun unvermittelt seinen Rückzug aus der OSI bekannt gegeben. Laut The Register, das sich auf einen anonymen Informanten stützt, hat Lindberg alle Mitglieder des Komitees persönlich kontaktiert und massiv für die Anerkennung der CAL geworben. Lindberg hat dies im Gespräch mit The Register bestritten, ebenso wie Chestek. Es sieht aber stark danach aus, als würde die OSI die neue Lizenz anerkennen. Wie sie sich in der Praxis bewährt, wird sich erst in einiger Zeit herausstellen, denn derzeit gibt es noch keine Software unter dieser Lizenz.

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