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Do, 1. Dezember 2011, 15:00

KVM ab USB-Stick in 30 Sekunden

Server-Virtualisierung für die Hosentasche direkt ab USB-Stick

Lohnt sich das?

Die Frage ist etwas rethorisch gemeint. Wäre ich nicht der Überzeugung, dass es sich lohnen würde, hätte ich den KVM-Server ab dem USB-Stick wohl nicht entwickelt. Allerdings gibt es dazu auch eine Story, und diese sei hier angeführt.

Vor einigen Wochen bin ich zusammen mit meiner Familie in den Urlaub gefahren. Normalerweise habe ich für diese Fälle ein Quad-Core-Notebook bei mir. Das Notebook hatte ich auch mit nach Hause genommen, das Netzteil dummerweise nicht. Es galt rasch zu entscheiden: nächsten Zug nehmen (vier Stunden später) und Netzteil im Büro abholen oder Erwerb eines preiswerten Notebooks am Hauptbahnhof in Zürich. Für die Familie war der Fall klar. Ich durfte dabei in 10 Minuten zwischen HP und Acer wählen, mit AMD-CPU habe er keines, meinte der Verkäufer. HP war dann doch nicht da und das Acer hatte letztlich sogar eine AMD-CPU.

Darauf installiert war selbstverständlich ein Windows. Ich hatte nun drei Möglichkeiten. Ich konnte A) das neue Notebook mit der ArchivistaBox (Stick war dabei) bespielen und darauf hoffen, dass ich die richtigen Treiber für WLAN bereits aufgespielt hatte. Plan B) war, eine Live-CD mit Ubuntu oder Knoppix am Kiosk um die Ecke zu erwerben. Modernerweise hatte mein Notebook aber kein CD-ROM-Laufwerk, sodass ich dann in den österreichischen Alpen einem solchen hätte nachrennen müssen. Folglich fiel Plan B) ins Wasser bzw. die österreichischen Alpen. Blieb C) und das hiess, mit Windows zu arbeiten. Noch im Zug hab ich das Notebook ausgepackt und in Betrieb genommen. Irgendwo um Sargans herum (etwa 45 Minuten nach Zürich) konnte ich mit dem System arbeiten, bis dahin liess sich Windows Zeit (zugegebenerweise recht ohne Zuhilfe meinerseits, aber mit ca. 5 Bootvorgängen), ehe ich mit dem Gerät arbeiten konnte... Immerhin, der Akku hatte danach noch ca. 30 Prozent Kapazität.

Im Wissen, dass mein System in ca. 1 Minute (inkl. OpenOffice) aufgespielt gewesen wäre, brannte es mir schon irgendwie unter den Nägeln, Windows ins Nirwana zu befördern. Nur eben, die Geschichte mit den WLAN-Treibern, nicht unbedingt ein Glanzstück bei einem Debian-basierten System.

Und was macht der Mensch, während er auf Bestätigungsmeldungen wartet? Er denkt daran, dass das Notebook-Leben besser sein könnte bzw. müsste. Und irgendwann war Plan D) geboren. Ich wollte mein System auf einem USB-Stick haben. Und ich wollte es ab diesem Stick zum Leben erwecken, ohne die inneren Werte des Gerätes zerstören zu müssen. Natürlich gibt es im Web Anleitungen für Live-Systeme ab USB-Sticks.

Aber das ist/war nicht das, was ich wollte. Es sollte ein System her, dass nicht nur mein System beherbergen konnte, sondern gleich alle Betriebssysteme zusammen und das schön virtualisiert. Und damit der USB-Stick nicht schon in den Ferien schlapp macht, wollte ich mein System (und bei genügend Speicher auch alle anderen) im RAM laufen lassen. Als Vorlage diente mir dabei TinyCore-Linux, allerdings konnte ich mich mit dem Paket-Management-System und mit 32-Bit von TinyCore-Linux nie so richtig anfreunden. Wofür haben wir denn 64-Bit und mitunter auch schon 8 oder noch mehr GByte RAM in einem Notebook? So, und nun wissen wir, dass ein vergessenes Netzteil und die österreichischen Alpen für die Entstehung des KVM-Servers ab USB-Stick herzuhalten haben.

Was bringt es in der Praxis?

Offen gestanden ist es noch etwas früh für ein abschliessendes Fazit. Persönlich arbeite ich nun seit ca. zwei Wochen mit dem System; das System läuft unter einer Bedingung sehr stabil und extrem schnell. Was mit einem RAM-basierten System nicht gemacht werden sollte, ist die System-Partition vollständig zu füllen. Das ist mir bisher zwar noch nicht passiert, aber ausschliessen möchte ich es nicht.

Für einen produktiven Server-Betrieb (KVM-Virtualisierung) würde ich zwei Dinge mit hineinnehmen wollen: ECC-RAM und ein Notstrom-Gerät (USV). Beide Punkte sind aber unabhängig von einem Aufspielen des Systems im RAM bei einem Server-Betrieb ohnehin zu empfehlen; allfällige Probleme bie Missachtung dieser Punkte treten bei einem RAM-basierten System nur nochmals in verschärfter Form auf.

Wenn ich daran denke, dass der hier vorgestellte KVM-Server mit dem gleichen Speed ab dem USB-Stick installiert und gestartet werden kann, wie wenn die Lösung einzig von der Platte gestartet würde, dann ist die Frage schon berechtigt, weshalb ein System überhaupt noch auf Festplatten zu installieren ist? Wenn ich daran denke, dass ich meinen KVM-Server zwischen Zürich und Sargans sicher gut und gerne über 50 Mal aufsetzten hätte können (wohl eher könnte, einmal reicht ja schliesslich), dann wundert es mich, weshalb das Einrichten eines einzigen Windows-Systems (das ja bereits auf der Festplatte vorinstalliert ist) plus/minus 45 Minuten Zeit in Anspruch nimmt. So gesehen gehört Windows definitiv in den virtualisierten Käfig, darin lässt es sich ab USB-Stick nämlich auch in 15 Sekunden hochfahren, genau wie all die anderen Systeme, die ich ab und wann gerne verwende.

ArchivistaDMS und mehr

In diesem Artikel wurde ArchivistaVM vorgestellt. Ebenfalls existieren daneben ArchivistaDMS (Dokumenten-Management) sowie ArchivistaDesktop (DMS und Desktop-Applikationen). Alle drei Systeme enthalten den KVM-Server für die Virtualisierung und alle drei ISO-Dateien können auf den Stick gepackt und wie obenstehend im RAM aufgestartet werden. Bei ArchivistaDMS sind minimal 4 GByte RAM erforderlich, beim ArchivistaDesktop sind plus/minus 8 GByte für ein Arbeiten vorzuhalten. Dafür können direkt im RAM OpenOffe, Gimp, Scribus, Kile und viele weitere Desktop-Applikationen gestartet werden.

Über den Autor und die ArchivistaBox

Mit 16 den ersten Computer (CPC464), mit 30 die eigene Firma, kurz darauf zu Linux hinübergeschwenkt. Und seit dieser Zeit gilt meine Leidenschaft Open Source und allem was dazugehört. Zur Hauptsache beschäftigt mich die Weiterentwicklung der ArchivistaBox, die unter der GPLv2-Lizenz vertrieben wird.

Im Jahre 2011 hat die ArchivistaBox den Swiss Open Source Award in der Kategorie Special gewannen, siehe dazu auch www.ossaward.ch. Jury Mitglied Matthias Günther (IGE) meint zu Archivista: Archivista war in der Schweiz ein Pionier im Bereich der Kombination Open Source und Businesslösung. Mit der zusätzlichen Bündelung mit Hardware (und dem »Recyclen« alter Hardware) ist der Firma Archivista ein Produkt gelungen, dessen lange Lebensdauer und Erfolg exemplarisch zeigt, wie Open Source Software in geschäftskritischen Bereichen verwendet werden kann.

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