Raspberry Pi als Multimedia-Zentrale
Ferngesteuertes Multimedia-System auf Basis eines Raspberry Pi, Linux, XBMX mit einer LCD-Anzeige
Es vergeht kaum eine Woche, in der Hersteller von Fernsehern, Multimedia-Geräten oder Anbieter von Diensten nicht irgend eine Neuerung vorstellen. Wer nicht gerade in den erlesenen Kreis der Multimillionäre gehört, verzichtet dankend oder ärgert sich womöglich. Doch das muss nicht sein, denn der preiswerte Winzling »Raspberry Pi« erlaubt es mit geringsten finanziellen Mitteln ein Multimedia-Gerät aufzusetzen, der sich hinter weit teureren Lösungen nicht zu verstecken braucht. Wir zeigen Ihnen, wie Sie ihre persönliche, moderne Multimedia-Zentrale samt einer Fernbedienungssteuerung und einer Display-Anzeige für nicht einmal 50 Euro realisieren können.
Einleitung
Der Raspberry Pi ist eine außerordentliche Erfolgsgeschichte - Linux und Python machten es möglich. Über eine Million Exemplare des - je nach Ausstattung - 24 oder 33 Euro kostenden Mini-Rechners sollen bereits verkauft worden sein, und fast täglich gibt es neue Erfolgsgeschichten, was kreative Bastler mit den Rechnern alles ersinnen. Zuletzt stellte der Hersteller ein neues Kameramodul vor, das den Einsatzbereich des Kleinstrechners noch weiter vergrößern dürfte.
Dabei wurde der ARM-basierte Mini-Rechner ursprünglich ersonnen, um der neuen Generation die Grundprinzipien von Computern und Programmierung nahezubringen, eine Rolle, die in den frühen 1980er-Jahren die 8-Bit-Mikrocomputer erfüllten, und die seit einigen Jahren von keinem System mehr ausgefüllt werden konnte. Das Projekt hat hier noch riesiges Potenzial und es sieht so aus, als könnte es dabei auch äußerst erfolgreich sein.
Nicht minder verantwortlich für die Verbreitung des Raspberry Pi ist neben dem Preis auch Hardware und das Design. Die Platine enthält im Wesentlichen das Ein-Chip-System BCM 2835 von Broadcom mit dem 700 MHz-Hauptprozessor ARM1176JZF-S, der sich mühelos auf 1 GHz hochtakten lässt. Ein Wermutstropfen bleibt, denn die Spezifikation des Gerätes ist nicht vollends offen, was unter anderem dazu führt, dass geschlossene Treiber eingesetzt werden müssen.
Der ARM11-Prozessor ist mit Broadcoms »VideoCore«-Grafikkoprozessor kombiniert und unterstützt unter anderem OpenGL ES 2. Filme lassen sich zudem in Full HD-Auflösung über die eingebaute HDMI-buchse ausgegeben – eine perfekte Voraussetzung für ein Multimedia-Gerät. Mit der Einführung des zweiten Modells »B« hat die hinter dem Winzling stehende Raspberry Pi Foundation zudem den Speicher auf 512 MB ausgebaut und dem Gerät zusätzlich neben USB nun auch noch eine Ethernet-Schnittstelle spendiert.
Ein Highlight des Mini-Computers, der im Übrigen im Vollbetrieb um die 3 Watt verbraucht, stellt die frei programmierbare Schnittstelle namens GPIO (General Purpose Input/Output) dar. Gerade darüber lässt sich eine schier unendliche Anzahl an Geräten, Sensoren oder Gedgets steuern. GPIO erlaubt es zudem, mit relativ preiswerten Mitteln das Gerät um neue Funktionen zu erweitern. Die Schnittstelle stellt auch ein wichtiges Teil des Artikels dar, ermöglicht sie doch unter anderem die Ansteuerung diverser Komponenten, die wir nutzen wollen.
Angetrieben werden kann der Raspberry Pi von einer Vielzahl von Betriebssystemen. Der Anwender kann, wie bei Linux üblich, selbst entscheiden, welches System er einsetzen möchte. Neben einem RISC OS-basierenden System steht auch eine Vielzahl an Distributionen zur Auswahl bereit. So bietet beispielsweise die Raspberry Pi Foundation direkt auf ihrer Seite neben einer optimierten Version von Debian »Wheezy« (»Raspbian«) auch eine weitere Abwandlung von Wheezy und eine Arch Linux-Version an. Zusätzlich stehen auch zahlreiche Pakete von unabhängigen Projekten zum Download bereit.
Das Multimedia-Problem und die Lösung

Mirko Lindner
Die Steuerung von XBMC kann auch mittels eines mobilen Geräts geschehen – hier ein iPad von Apple
Der Wunsch nach einem Selbstbau ist deshalb nur legitim, doch scheiterte beispielsweise die Realisierung eines solches Systems oftmals an diversen Hürden. Teils waren die Systeme zu laut, dann zu groß, zu langsam oder einfach nur zu unwirtschaftlich. Mit einem knapp 50 Euro teuren Gerät, das zudem im Betrieb nur geringfügig mehr als den Stand-By-Stromverbrauch moderner LCD-Fernseher verbraucht, bietet sich eine Gelegenheit, dem Spieltrieb freien Lauf zu lassen.
Für den Raspberry Pi gibt es gleich mehrere Distributionen, die die Einrichtung eines Media-Systems erleichtern. Die beispielsweise für Multimedia optimierten OpenELEC, Raspbmc oder XBian basieren auf der freien, multifunktionalen Media-Center-Software Xbmc, die ihre Wurzeln auf der Xbox-Spielkonsole hat und sich selbst als klassisches Mediacenter versteht. Die Applikation erlaubt Multimedia-Dateien wie Video-, Bilder- und Audiodateien von DVD, Festplatte, Server oder aus dem Internet wiederzugeben. Gepaart mit einer Plugin-Schnittstelle ergibt sie eine ergiebige Kombination, die kaum Wünsche offen lässt. Gerade diese Vielseitigkeit ist auch der Grund, weshalb wir zu der Anwendung greifen.
Kombiniert man das Gerät und XBMC mit kleineren elektronischen Spielereien, sind der Erweiterbarkeit kaum noch Grenzen gesetzt. Dabei bedarf es weder eines großen Geldbeutels noch besonderer Bauteile. In unserem Beispiel wollen wir zeigen, wozu der Raspberry Pi imstande ist, ohne dass teure Komponenten eingesetzt werden müssen. Benötigt werden für den Aufbau unseres Multimedia-Centers folgende Komponenten:
Benötigte Komponenten | |
Komponente | Ca. Preis |
Raspberry Pi | 33 Euro |
Micro USB-Ladegerät 5V | 6 Euro |
SDHC-Speicherkarte | 5 Euro |
LCD-Modul | 4 Euro |
IR-Empfänger | 1 Euro |
Die genannten Preise stellen lediglich Richtwerte dar, die naturgemäß bei verschiedenen Anbietern abweichen können. Ferner sind in den Angaben die Lieferkosten nicht enthalten. Geboten bekommt man schlussendlich eine Multimedia-Zentrale, die imstande ist, Videos oder Musik von verschiedenen Quellen abzuspielen, Bilder anzuzeigen oder aber einfach nur das Surfen im Internet, Stöbern auf Videoseiten oder das Lesen von E-Mails ermöglicht. Zudem lässt sich die Lösung mühelos an die eigenen Bedürfnisse anpassen und um weitere Funktionen erweitern.
Einige Einschränkungen gibt es dennoch. Eine davon ist die Tatsache, dass auch eine hochgetaktete 1 GHz-CPU nicht in der Lage ist, komplexe Vorgänge schnell zu berechnen. Aus diesem Grund sind die Anwender beispielsweise bei der Wiedergabe von Filmen auf eine Hardwarebeschleunigung angewiesen. Von Hause aus verarbeitet der BCM2708-Chipsatz allerdings nur das H.264-Format. Unterstützung für MPEG2 oder VC-1, sofern benötigt, kann direkt bei der Organisation käuflich erworben werden. Hinzu kommen noch weitere Limitierungen der Hardware, wie beispielsweise fehlende Bus-Anschlüsse oder der geringer Speicher.