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Do, 6. Juni 2013, 15:00

Debian GNU/Linux 7.0 »Wheezy«

Über zwei Jahre hat das Debian-Projekt unermüdlich gearbeitet, um den Nachfolger von Debian 6.0 »Squeeze« fertigzustellen. Dieser Artikel stellt Debian 7.0 »Wheezy« mit einem Fokus auf die Neuheiten dieser Version vor.

Software in the Public Interest (SPI)

Vorwort

Debian GNU/Linux bezeichnet sich als »das universelle Betriebssystem« und ist zweifellos die größte Distribution, sowohl von der Entwickler- als auch der Anwenderzahl, die unabhängig von einem Unternehmen entwickelt wird. Debian steht auf eigenen Füßen und bildet die Basis für viele weitere Distributionen, ganz besonders Ubuntu. Mehrere sehr große Installationen wie das System der Münchner Stadtverwaltung oder das der spanischen Provinz Extremadura beruhen auf Debian.

Die neue Version 7.0 »Wheezy« war plangemäß Mitte 2012 eingefroren worden, um den letzten Feinschliff für die Veröffentlichung zu erhalten. Dieser Feinschliff hatte schon beim Vorgänger fast acht Monate gedauert; bei Wheezy wurden daraus volle zehn Monate. Natürlich führt das zwangsläufig zu neuen Diskussionen, wie man die Freeze-Phase verkürzen könnte. Es bleibt abzuwarten, was daraus wird. Auf jeden Fall wurde die Freeze-Phase wie geplant erreicht, so dass sie genau zwei Jahre nach der vorherigen beginnen konnte.

Die lange Freeze-Phase führt dazu, dass keine in Debian vorhandene Software jünger als zehn Monate ist, diverse Pakete sind sogar deutlich älter. Doch wenn man ehrlich ist, gibt es im Verlauf von zwei Jahren vielleicht höchstens ein Dutzend Pakete, bei denen man eine neuere als die angebotene Version wirklich benötigt. Um diese zu bekommen, gibt es genug Möglichkeiten. Auf der Habenseite steht dagegen, dass die Software bereits zehn Monate oder mehr von einer großen Gemeinschaft getestet wurde. Dies führt zu einer Qualität, die Debian mühelos für alle kritischen Aufgaben, sei es privat oder in Unternehmen, geeignet macht. Und den Aufwand der Aktualisierung muss man nur alle zwei Jahre einmal einplanen. Der Support für Debian 6.0 »Squeeze« wird voraussichtlich erst im Mai 2014 eingestellt. Die Benutzer haben also noch reichlich Zeit für ein Update.

Bevor ich mit meinem kleinen Erfahrungsbericht loslege, sei angemerkt, dass es sich hier nicht um einen Test der Hardware-Kompatibilität handelt. Es ist bekannt, dass Linux mehr Hardware unterstützt als jedes andere Betriebssystem, und das überwiegend bereits im Standard-Lieferumfang. Ein Test ist damit überflüssig, und es wäre zu viel Aufwand für wenig Nutzen, eine repräsentative Auswahl von Hardware zu beschaffen.

Zwar läuft Debian auf allen meinen Rechnern und meine Desktopsysteme waren bereits seit mehr als einem Jahr auf Wheezy umgestellt und machten alle Aktualisierungen mit, aber virtuelle Maschinen sind die einzige praktikable Möglichkeit, ein unverändertes System zu zeigen. Für den Artikel werden daher zwei identische virtuelle Maschinen (eine für Gnome, eine für KDE), 64 Bit, unter KVM mit jeweils 1 GB RAM verwendet.

Unterstützte Systeme

Anders als viele andere Distributionen beschränkt sich Debian nicht auf die x86-Architektur in ihren 32- und 64-Bit-Varianten. Die unterstützten Architekturen sind jetzt, nachdem armhf (ARM mit Hardware-Gleitkomma) und s390x (eine 64-Bit-Portierung für IBM System z-Maschinen) hinzukamen, SPARC, PowerPC, MIPS (in Big und Little Endian), Itanium, S/390 und ARM EABI. Das System lässt sich auf verschiedenen ARM-basierten Geräten installieren, darunter Buffalo Linkstation LiveV3 (LS-CHL), Buffalo Linkstation Mini (LS-WSGL), Toshiba AC100, MX53 LOCO Board, OMAP4 Pandora und Genesi Efika MX Nettops und Smarttops.

Zu den Linux-Architekturen kommen kfreefsd-amd64 und kfreefsd-i386, bei denen der Linux-Kernel durch einen FreeBSD-Kernel (8.3 und 9.0 stehen zur Auswahl) ersetzt wurde. Diese dürften nur für eine Handvoll Leute von Interesse sein und sind nach Projektangaben zumindest im Desktop-Bereich noch nicht so gut benutzbar wie die Linux-Varianten, für den Server-Einsatz aber durchaus ausgereift genug.

Neben den offiziellen Portierungen existieren weitere, nicht ganz aktualisierte oder noch unvollständige Portierungen. Damit unterstützt Debian fast alle Architekturen, auf denen der Linux-Kernel läuft. Prinzipiell bietet Debian Platz für jede Architektur, wenn sich Freiwillige dafür finden. Die Portierungen-Seite listet sie alle auf.

Neu in Debian 7.0

Eine der größten Neuerungen ist die Multiarch-Unterstützung, die eines der Hauptziele für die Veröffentlichung von »Wheezy« war. Sie erlaubt es Benutzern, Pakete unterschiedlicher Architekturen auf einem System zu installieren, wobei sämtliche Abhängigkeiten automatisch aufgelöst werden. Findet man beispielsweise für eine bestimmte Software nur 32-Bit-Pakete, benutzt aber ein 64-Bit-x86-System, dann kann man jetzt das 32-Bit-Paket problemlos installieren und nutzen.

Der Installationsprozess wurde erheblich verbessert: Debian kann nun mit Hilfe von Sprachsynthese installiert werden, was vor allem sehbehinderten Personen entgegen kommt, die keine Braille-Zeile benutzen. Die Sprachsynthese ist in mehr als einem Dutzend Sprachen verfügbar, das System insgesamt in 74 Sprachen. Außerdem unterstützt Debian erstmals die Installation und den Betrieb auf 64-Bit-PCs mit UEFI (amd64), allerdings noch ohne »Secure Boot«.

Die Distribution enthält jetzt über 36.000 Pakete, die aus knapp 17.500 Quellpaketen erstellt wurden. Die Multimedia-Bibliothek ffmpeg wurde durch libav ersetzt, einem Fork von ffmpeg, der mehr Stabilität verspricht. Mehr noch, Debian verspricht, dass die Zeiten der verkrüppelten Multimedia-Unterstützung vorüber sind, und liefert alle frei verfügbaren Codecs im Main-Archiv mit.

Der Standard-Desktop von Debian 7.0 ist Gnome 3.4, nachdem zwischenzeitlich (aber letztendlich nicht abgesegnet) Xfce zur Standardumgebung gemacht wurde. Zahlreiche weitere Desktopumgebungen und Window-Manager stehen zur Verfügung, darunter KDE 4.8.4, Xfce 4.8 und LXDE. Eine kleine Auswahl der angebotenen Pakete ist Apache 2.2.22, Asterisk 1.8.13.1, GIMP 2.8.2, GNU Compiler Collection 4.7.2, Icedove 10 (eine abgewandelte Version von Mozilla Thunderbird), Iceweasel 10 (eine abgewandelte Version von Mozilla Firefox), LibreOffice 3.5.4, MySQL 5.5.30, Nagios 3.4.1, OpenJDK 6b27 und 7u3, Perl 5.14.2, PHP 5.4.4, PostgreSQL 9.1, Python 2.7.3 und 3.2.3, Samba 3.6.6, Apache Tomcat 6.0.35 und 7.0.28, Xen 4.1.4 und X.Org 7.7. Debian ist konform zur LSB 4.1 mit einer Ausnahme: Qt 3 ist nicht mehr enthalten.

Die Verbesserung der Qualität der Pakete war ein Veröffentlichungsziel, und die Startgeschwindigkeit des Systems wurde erhöht. Die Distribution unterstützt IPv6 vollständig und das Standard-Dateisystem ist nun ext4 statt ext3. Btrfs kann verwendet werden, wenn eine separate /boot-Partition angelegt wird. Netzwerk-Blockgeräte werden jetzt unterstützt. Das Abhängigkeits-basierte Booten ist jetzt ständig aktiviert. Debian 7.0 setzt weiter auf Sysvinit als Init-System, jedoch ist Systemd als Technologievorschau enthalten und kann zum Testen problemlos parallel zu Sysvinit installiert werden.

Debian 7.0 bringt auch verbesserte Unterstützung für VoIP, so soll SIP-Telefonie auch über Firewalls hinweg möglich sein. Dazu werden unter anderem reTurn server, repro SIP proxy und dlz-ldap-enum mitgeliefert. Im Bereich der Sicherheit wurde einiges getan. Zweifaktor-Authentifikations-Tokens mittels Open Authentication (OATH), OpenID 2.0 via SimpleID und AppArmor werden unterstützt.

Auch für die Cloud ist Debian 7.0 bereit. Es enthält sowohl die OpenStack-Suite als auch die Xen-Cloud-Platform (XCP); diese erlauben dem Benutzer, eine eigene Cloud-Infrastruktur zu erstellen. Debian-Images werden auch auf den maßgeblichen öffentlichen Cloud-Plattformen angeboten, inklusive Amazon EC2, Windows Azure und Google Compute Engine.

Der Kernel ist in den Linux-Varianten von Debian 7.0 Linux 3.2. Wo es für die Unterstützung neuer Hardware nötig ist, wurden allerdings Treiber aus neueren Kernel-Versionen zurückportiert. In der aktuellen Version kamen viele Treiber hinzu, darunter Netzwerk-, WLAN-, USB- und Festplatten-Controller-Treiber. Weitere Einzelheiten enthalten die umfangreichen Anmerkungen zur Veröffentlichung.

Kommentare (Insgesamt: 42 || Alle anzeigen )
Wheezy (Outwest, Do, 18. Juli 2013)
Re[3]: Iceweasel (k_tz, Mi, 19. Juni 2013)
Re[2]: Iceweasel (.,.-,-.,.-,.-,, Sa, 8. Juni 2013)
NASA migriert ISS-Laptops von Windows zu DEBIAN LINUX (Hank, Sa, 8. Juni 2013)
Re: Iceweasel (Anonymous, Sa, 8. Juni 2013)
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