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Mi, 4. November 2009, 00:00

Der Linux-Kongress 2009 in Dresden

Im Anschluss stellte Sanel Zukan die schlanke Desktopumgebung EDE vor. Thematisch wirkte dieser Vortrag etwas deplatziert, und viele Zuhörer kann er nicht gehabt haben, denn die meisten Teilnehmer drängten sich in den parallel stattfindenden Vortrag »Ext4, btrfs and the others« von Jan Kara. Kara stellte die grundlegenden Datenstrukturen der beiden neuesten Dateisysteme für Linux, ext4 und btrfs, vor. Er tat dies eingehend, präsentierte einige Geschwindigkeitsmessungen und ging abschließend noch kurz auf Reiser4, OCFS2 und Ubifs ein.

Theodore Ts'o blieb anschließend in »Speeding up file system checks in ext4« bei Dateisystemen, natürlich beim von ihm selbst maßgeblich entwickelten ext4. Er erklärte die verschiedenen Maßnahmen, mit denen ext4 Dateisystem-Checks beschleunigt. Checks sind nach der Meinung von Ts'o wie vor nötig, um Datenkorruption möglichst frühzeitig zu erkennen. Die Ursache von Datenkorruption ist normalerweise nicht das Dateisystem, sondern Hardwareprobleme, Hardware-Alterung oder schlichtweg Fehler in der Firmware der Festplatten. Laut Ts'o kommt es vor, dass die Firmware einen Sektor an eine völlig falsche Stelle schreibt - traurig aber wahr.

Im anderen Raum stellte derweil Thomas Groß »LAX - a toolset for network administration« vor. Mit diesem Werkzeug soll man die zahlreichen Optionen für Netzwerkdienste im Zaum halten können. Die Architektur sieht einen zentralen Server vor, der nur für die Administration genutzt wird. Die Konfiguration wird in einem LDAP-Verzeichnis gehalten, mit einer GUI kann man die Optionen relativ komfortabel auswählen, und für Skripte steht ein umfassendes API zur Verfügung.

Nach der Mittagspause stellte Håvard Espeland in »Improving disk I/O performance on Linux« eingehende Analysen zur Festplatten-Geschwindigkeit unter Linux vor. Seine Feststellung war, dass der unter Linux meist verwendete Completely Fair Queueing (CFQ)-Scheduler nicht immer optimal ist. Zusammen mit seinen Kollegen an der Universität von Oslo und den Simula-Labs entwickelte er CFQ-RT und wies nach, dass dieser bessere Leistung bietet. Er schlug vor, dass man dem Kernel aber nicht die gesamte Optimierung überlassen sollte. Die jeweiligen Anwendungen haben eine viel bessere Kenntnis, auf welche Weise sie auf die Dateien zugreifen wollen. Durch eine Änderung des Algorithmus, im Wesentlichen eine geeignete Sortierung der Zugriffsreihenfolge, lässt sich die Zahl der Kopfbewegungen der Festplatte deutlich reduzieren und die Geschwindigkeit, wie am Beispiel von tar gezeigt wurde, um ein Mehrfaches steigern.

Im zweiten Track stellte Harald Welte in »OpenBSC: GSM network-side protocol stack on top of Linux« das OpenBSC-Projekt vor. Das Projekt wurde geboren, nachdem sich Welte das Ziel setzte, die Sicherheit des GSM/3G-Protokollstacks zu analysieren. Die Spezifikationen des Stacks sind veröffentlicht, aber es gibt bisher keine freie Implementation. Die gesamte auf dem Markt verfügbare Hardware arbeitet mit einer der vier verfügbaren proprietären Implementierungen. An diesen zeigt sich laut Welte wieder einmal, wie proprietär die gesamte GSM-Industrie ist. Man erhält keinen Zugang zu den Implementierungen, die Lizenzierung ist nur in hohen Stückzahlen möglich und ein Zugang zum Quellcode völlig ausgeschlossen. Forschung über GSM-Sicherheit ist daher bisher nur in der Theorie möglich.

Da aufgrund dieser Bedingungen kaum jemand außerhalb der Hersteller GSM-Kenntnisse hat, konnte auch die schon in der Theorie festgestellte gravierende Unsicherheit von GSM bisher gut unter den Tisch gekehrt werden. Welte überlegte sich nun, wie eine Sicherheitsanalyse in der Praxis möglich wäre. Die Handy-Hardware hilft nicht weiter, da auch diese geschlossen ist - selbst bei Handys mit freier Software ist der GSM-Stack proprietär und läuft auf einem separaten Prozessor. Auf Netzwerkseite ist jedoch mitunter Hardware verfügbar, mit der man Chancen auf Fortschritte hat. Zwar ist diese Hardware extrem teuer und schwer erhältlich, da es sich im Prinzip um die Ausstattung der Mobilfunkmasten handelt. Gelegentlich kann man aber Gebrauchtgeräte kaufen. Es handelt sich um das BTS (Base Transceiver Station), laut Welte ein Gerät ohne große Intelligenz, das nur die Signale von Funk auf Kabel umsetzt. Den gesamten Rest kann man in Software erledigen.

Ein NanoBTS, von Harald Welte vorgeführt

Hans-Joachim Baader (hjb)

Ein NanoBTS, von Harald Welte vorgeführt

Anstelle eines BTS, das 46 kg wiegt, kann man, wenn man Glück hat, auch ein NanoBTS (Bild) erwerben, das einen anderen, aber praktischeren Anschluss hat und viel kleiner ist. Es nutzt das Protokoll A.bis über TCP statt eines E1-Anschlusses, und dieses Protokoll konnte Welte leicht durch Reverse Engineering nachbilden. Inzwischen hat der freie GSM-Stack viele Funktionen, er kann mit Handys kommunizieren und Gespräche vermitteln. In der Zukunft ergeben sich damit vielerlei Möglichkeiten. So ist eine Integration mit Linux Call Router (LCR), mit Asterisk (chan_openbsc) und mit existierenden MSC (Mobile Switching Center) denkbar oder in Arbeit. Der Fortgang der Arbeiten kann auf openbsc.gnumonks.org verfolgt werden.

»Pre-silicon software development of Linux MTD drivers« lautete das Thema von Gernot Hoyler, der anschließend an der Reihe war. Sein Vortrag beschrieb, wie mit Hilfe von Simulation ein Treiber für einen neuen MTD-Chip entwickelt werden konnte, noch bevor der Chip tatsächlich verfügbar war. Im anderen Raum präsentierte Peter Steinbach »Freeswitch application server: Define complex Voice applications within a day«. Er stellte Freeswitch vor, ein neues freies Telefoniesystem, das auch als Nebenstellenanlage für sehr große Installationen nutzbar ist.

Nach einer letzten Kaffeepause hielt Jan Blunck seinen zweiten Vortrag »State of the Union (Mount)«. Union Mount ist ein Feature, das des Öfteren als nützlich angesehen, aber schwer zu implementieren ist. Es bedeutet, zwei oder mehr Dateisysteme auf denselben Einhängepunkt zu mounten und ihre Inhalte in geeigneter Weise zu verschmelzen, so dass sie für den Benutzer wie ein einzelnes Dateisystem aussehen. Einzelheiten zu den Problemen, die sich den Entwicklern stellen, liefert eine Artikelserie von Valerie Aurora (Links am Ende der Seite).

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