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Mo, 22. November 1999, 00:00

Eindrücke von GNU/Hurd

Was ist GNU/Hurd?

GNU/Hurd ist das "eigentliche" GNU-System. Das GNU-Projekt hat allerdings noch keinen eigenen einsatzbereiten Kernel, weshalb der Linux-Kernel derzeit fast überall für das GNU-System verwendet wird. Ob sich das ändern wird, wenn der Hurd einmal "fertig" ist, steht aber noch in den Sternen, denn ob der Hurd in der Praxis wirklich besser sein wird, finde ich fraglich und die Entwicklung von Linux steht ja nicht gerade still.

Derzeit ist der Hurd noch im Alpha-Stadium (Version 0.2) und daher für den täglichen Einsatz nicht zu empfehlen, auch wenn die Free Software Foundation ihn schon für tägliche Arbeiten einsetzt...

Vorbemerkungen

Dieser Text mag an manchen Stellen ein etwas negatives Licht auf GNU/Hurd werfen, doch das war nicht meine Absicht. Bitte, liebe Mitglieder der Emacs-Kirche, steinigt mich nicht, ich meine es nicht böse!

Dieser Text dient drei Zwecken:

  1. Er soll den ein oder anderen neugierig auf GNU/Hurd machen
  2. Er soll zeigen, wie wunderbar weit die Entwicklung von Linux schon ist
  3. Er soll mir den Eindruck geben, meine GNU/Hurd-Erkundungstour hätte irgendwas Produktives hervorgebracht ;-)

Installation

Wer etwas Linux-Erfahrung mitbringt, kann den Hurd relativ leicht installieren. Eine Anleitung zur Installation finden Sie unter www.pick.ucam.org/~mcv21/hurd.html (Diese Seite wird auch auf dem GNU-Server gespiegelt).

Ein Debian GNU/Hurd ist in Vorbereitung, also wird die Installation bald noch wesentlich einfacher werden.

Die oben genannte Installationsanleitung scheint sich aber an Debian GNU/Linux zu orientieren, denn weder auf meinem SuSE- noch auf meinem Mandrake-System waren einige in der Anleitung erwähnte Dateien zu finden, doch die benötigten Informationen konnte ich auch auf anderem Weg herausfinden.

Erste Schritte

Der Hurd hat seine eigene Methode, Partitionen zu benennen. Es gibt also kein hda6, sondern ein hd1s6. Zu allem Überfluss verwendet der Bootmanager von GNU/Hurd wieder eine eigene Benennung, so dass hier (hd1,5) anzugeben ist (mit den Klammern). Ohnehin ist der Bootmanager alles andere als komfortabel. Jedesmal muss man

root=(hd1,5)
kernel=/boot/gnumach root=/hd1s6
module=/boot/serverboot
boot

eingeben, wenn man GNU/Hurd starten will. Natürlich alles mit amerikanischem Tastaturlayout. Wie man in GNU/Hurd das deutsche Tastaturlayout einstellen kann, habe ich noch nicht herausgefunden.

Als Nächstes fällt auf, dass der Hurd sehr schnell bootet, was natürlich auch daran liegen kann, dass nicht viele Treiber etc. geladen werden. das Herunterfahren geht auch extrem schnell. Etwas verwirrt hat mich aber, dass die Bootmeldungen teilweise mit denen von GNU/Linux identisch sind, also auch die Partitionsnamen anzeigen, die vom Hurd eigentlich nicht verwendet werden.

Komplett vom Hocker gehauen hat mich dann die Meldung

Linux flora 2.2.6-ac2 #1 Mon Apr 26 00:08:37 CEST 1999 i586 unknown

So ganz verstanden habe ich das immer noch nicht...

Nähere Betrachtung

Zu Beginn konnte ich mich natürlich nur als Superuser anmelden. Deshalb machte ich erstmal ein man useradd, um nochmal die Syntax dieses Befehls nachzuschlagen. Resultat: sh: man: command not found. Ich hatte nur das Standardpaket heruntergeladen und noch keine weiteren Programme, und das GNU-Projekt ist ja bekanntlich der Ansicht, dass Manpages veraltet sind. Klar also, dass "man" nicht im Tarball enthalten war (doch der war auch so groß genug und mit einem halbstündigen Download über ISDN weit nach Mitternacht verbunden).

Also schlug ich schnell in einem Buch nach. Der anschließend schnell eingetippte useradd-Befehl resultierte aber in einem sh: useradd: command not found. Tja, auch dieses Kommando war nicht verfügbar. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Datei /etc/passwd von Hand zu editieren.

Der einzige Editor, den ich dazu finden konnte, war ein vi von 1993, der einen vim-Verwöhnten wie mich nicht überzeugen konnte. Das Passwort-Feld musste ich dabei eben leer lassen. Als ich dann passwd eingab, um ein Passwort einzustellen, bekam ich wieder eine Fehlermeldung: sh: passwd: command not found.

Gut gefallen hat mir, dass in der Philosophie von GNU/Hurd das Verzeichnis /usr ein Symlink auf / ist und daher /bin und /usr/bin identisch sind und man deshalb am Anfang eines Perl-Skripts nicht mehr so viel tippen muss ;-)

Der Perl-Interpreter war sogar im Standard-Paket enthalten. Das ist erfreulich, doch ich brauche zwei Dinge zum Überleben: Einen guten Texteditor und einen C/C++-Compiler. Nichts von beidem gab es momentan in meinem GNU/Hurd-System, also war ein kleiner Ausflug ins Netz fällig.

Materialien im Netz

Die meiste unter GNU/Hurd lauffähige Software gibt es auf dem Debian-FTP-Server. Diese liegt im .deb-Format vor. Der GNU/Hurd-Tarball enthält zum Glück den Debian Package-Manager (dpkg), mit dem die Software installiert werden kann. Beim ersten Anlauf waren natürlich für kein einziges Paket alle Abhängigkeiten erfüllt (außer bei vim, aber da fehlte dann eine Shared Library).

Nach FAQs habe ich nicht Ausschau gehalten, denn meine Online-Rechnung wurde durch die ganzen Downloads erstmal genug belastet.

Nachwort

So, das waren meine ersten Impressionen. Wenn ich weitere Entdeckungen mache oder interessante Neuerungen an GNU/Hurd erkennbar sind, werde ich eine Fortsetzung zu diesem Artikel schreiben.

Mein Fazit ist jedoch: GNU/Hurd ist momentan in erster Linie für Leute interessant, die sich mal anschauen wollen, wie es den "ersten Linux-Benutzern" so ging...

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