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Mi, 7. Juli 2004, 00:00

Interview mit Georg Greve

PL: Kritiker werfen der FSFE allerdings ein »nebulöses« Verhalten vor. Die Organisation sei eine »geschlossene Gesellschaft« und nicht demokratisch genug. Unsinn?

Georg Greve: Ja. Die FSFE hat von Anbeginn großen Wert auf Demokratie, Transparenz und Pluralität gelegt. Sie ist nicht nur juristisch eine Demokratie, wie man in der online verfügbaren Satzung nachlesen kann, sie arbeitet auch konsequenter als die meisten mir bekannten Organisationen daran, ihre Strukturen, Mitglieder, Teams und sogar Budgets online transparent zu machen.

Wir arbeiten in einer offenen Team-Struktur, in die sich jede(r) Interessierte einbringen kann - abgewiesen wurde in der gesamten Zeit der FSFE noch niemand - und legen großen Wert darauf, alle Mitwirkenden an unseren Entscheidungsfindungsprozessen und der Meinungsbildung mitgestalten zu lassen.

Dabei gilt eigentlich immer das Konsensprinzip, auch wenn wir Strukturen geschaffen haben, die im Notfall auch mehrheitliche Entscheidungen zulassen.

Für mich war der FSFE Stand am GNU/LinuxTag ein schönes Beispiel, denn meines Wissens waren an keinem anderen Stand so viele Menschen aus so vielen unterschiedlichen Kulturen vertreten, auch außerhalb Europas: Von Japan über China bis Argentinien gab es bei uns regen Austausch innerhalb eines Teams bei dem jede(r) für jede(n) da war.

Wer keine Angst hat, sich seine Vorurteile nehmen zu lassen, ist herzlich eingeladen, sich persönlich ein eigenes Urteil zu bilden.

Ich muß allerdings vorwarnen: Wir möchten, daß sich Menschen mit ihrer Arbeit und Kreativität ins Team einbringen, reine Zaungäste passen nicht so gut zu uns.

PL: Gibt es Formulare, um der FSFE beizutreten, oder wie wird man Mitglied?

Georg Greve: Teil der FSFE wird man ausschließlich durch Aktivität, Geld oder Formulare spielen dabei keine Rolle. Für diejenigen, die hauptsächlich »Nähe demonstrieren« oder »dabei sein« wollen, wird aber wohl noch im Laufe dieses Jahres ein »Fellowship«-Programm gestartet.

PL: Die FSFE hat bereits Anfang 2002 die Treuhänderische Lizenzvereinbarung (FLA) vorgestellt. Sie strebt nach Angaben auf Ihrer Seite an, das juristische Fundament Freier Software zu stärken, indem sie es Autoren Freier Software erlaubt, die FSF Europe zu ihrem Treuhänder in juristischen Fragen zu machen. Wie schätzen Sie nun, zwei Jahre nach der Veröffentlichung, die Resonanz der Autoren ein?

Georg Greve: Wir sind mit der Resonanz bisher noch nicht zufrieden - weder auf Seiten der individuellen Autoren, noch auf Seiten der anderen Organisationen, die wir eigentlich dazu ermutigen wollten, diese Arbeit auch selbständig durchzuführen.

Das lag zu einem Großteil daran, daß uns die Ressourcen gefehlt haben, um die Strukturen um das FLA herum nicht ausreichend gut auszuarbeiten und zu kommunizieren. Hier möchten wir gerne noch mehr tun, vielleicht auch im Rahmen einer »Freedom Task Force«, die sich auch um die anderen Fragen der juristischen Sicherung Freier Software in Europa kümmern kann - wie beispielsweise die Einhaltung der GPL.

Wann es dazu kommen wird, kann ich aber im Moment nicht abschätzen, da es - wie beispielsweise auch das GNU Business Network - davon abhängig ist, ob und wann wir die entsprechenden Ressourcen dafür finden.

PL: Man kann mit ruhigem Gewissen sagen, dass Freie Software zum festen Bestandteil der Informationsgesellschaft in Deutschland aufgestiegen ist. Wollen Sie die Idee und damit auch die FSFE auch in andere Länder tragen und entsprechende Informationspolitik zum Beispiel in Polen, den größten Land der neuen EU-Beitrittsländer, betreiben?

Georg Greve: Auf jeden Fall. Europa ist für uns nicht identisch mit der Europäischen Union, denn die Schweiz gehört eindeutig zu Europa, aber natürlich gehören alle Länder der EU nach unserem Verständnis zu Europa und wir hoffen, daß sie sich in die Free Software Foundation Europe einbringen werden.

PL: Herr Greve, wir wünschen Ihnen und der FSFE weiterhin viel Erfolg und bedanken uns für das Gespräch.

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