Login
Newsletter
Werbung

Mi, 2. Juli 2003, 00:00

Utopia

1.9.2003: Das europäische Parlament lehnt die Richtlinie ab, nach der es keine Grenzen der Patentierbarkeit mehr geben würde. Stattdessen wird der Gegenvorschlag des FFII angenommen, der Patente auf Software, Algorithmen und Geschäftsmethoden explizit verbietet.

13.9.2003: Bei der anstehenden Reform des Urheberrechts-Gesetzes wird der vor einigen Monaten erst verabschiedete »deutsche DMCA« zu Fall gebracht. Die Umgehung von Kopierschutz-Maßnahmen wird explizit erlaubt. Die Aufklärungs-Kampagnen der Bürgerrechtler haben damit Erfolg gezeigt. Es scheint den Politikern nicht mehr tragbar, selbst die Forschung an Verschlüsselungs-Algorithmen zu behindern. Die Medien-Industrie mault wie immer und spricht von angeblichen Milliardenverlusten durch Raubkopien, doch diese Litanei glaubt mittlerweile niemand mehr.

Weitere Änderungen im Urheberrecht: Das Copyright gilt nur noch für vierzehn Jahre, mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere vierzehn Jahre. Nach Ablauf dieser Frist wird jedes Werk Public Domain. Die sogenannte Urheber-Abgabe auf alle Geräte und Medien, die dem Kopieren dienen können, wird ersatzlos gestrichen.

1.1.2004: Das Grundgesetz wird nach einen Volksbegehren, das überwältigende Zustimmung findet, abgeschafft und durch eine neue Verfassung ersetzt. Die Kernpunkte der Verfassung sind: Stärkung und Erweiterung der Grundrechte, die kaum noch Ausnahmen zulassen, Streichung der Notstandsregelung, Abschaffung des Bundesrates, mehr demokratische Kontrolle auf allen Verwaltungsebenen, Volksabstimmungen und generelle starke Straffung des Textes. Die Verfassung ist so allgemein gehalten, daß spätere Änderungen unwahrscheinlich werden.

20.2.2004: Als Folge der neuen Verfassung nimmt die Zahl der Abhörungen von Telefonen und Email stark ab und sinkt wieder auf das Niveau von anderen demokratischen Staaten. Die Strafverfolger beklagen sich wie immer darüber, daß ihnen die Hände gebunden seien, doch das tun sie bereits seit fünfzig Jahren, und das ist nicht mehr ernst zu nehmen.

21.2.2004: Das Jugendschutz-Gesetz wird stark eingeschränkt. »Jugendschutz ist nicht Sache des Staates, sondern Sache der Eltern«, heißt die neue Richtung. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften wird geschlossen, der »Index« abgeschafft. Filme, Musik und Spiele müssen zwar mit einer Angabe eines Mindestalters versehen sein, die Angabe wird jedoch nicht von staatlicher Seite verifiziert. Auch hier gilt nun die Devise, daß der Staat sich aus allem herauszuhalten hat, was sich privat mit einem Minimum an gesundem Menschenverstand regeln läßt.

15.3.2004: Die Bundesregierung beschließt, Patente abzuschaffen. Weil alle unabhängigen Studien neueren Datums das Patentsystem eher als schädlich denn als nützlich betrachten, ist dieser Schritt nur konsequent. Da die internationalen Verträge EPC und TRIPS dem entgegen stehen und keine Einigung mit den Vertragspartnern zu erzielen war, werden sie gekündigt.

1.7.2004: Die Abschaffung der Patente tritt in Kraft.

8.7.2004: Die USA verhängen wegen der Patentfrage ein Handelsembargo gegen Deutschland, trotz des Einspruchs von Microsoft, das nun keine Software mehr nach Deutschland exportieren kann.

19.10.2004: Die deutsche Software-Industrie erlebt eine bisher einmalige Blüte. Analysten machen die weggefallene Bedrohung durch Patente und die fehlende ausländische Konkurrenz dafür verantwortlich. Davon profitiert die gesamte Wirtschaft. Es scheint sogar wieder genug Geld dazusein, um die grundsätzlichen Probleme Arbeitslosigkeit, zu hohe Steuern, Kosten der Krankenversicherung und Renten, anzugehen.

15.12.2004: Die Medienindustrie muß zähneknirschend zugeben, daß ihre Umsatzzahlen deutlich gestiegen sind. Durch den de fakto nicht mehr vorhandenen Kopierschutz kann jeder leicht eine CD probehören oder einen Film probesehen. Das scheint viele dazu angeregt zu haben, sich das Original zu kaufen. Oder sie denken, daß sie einen angemessenen Gegenwert erhalten, wenn sie Kopien machen dürfen. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, daß die Leute wieder mehr Geld zur Verfügung haben.

Die Wirtschaft brummt... nein, es ist etwas anderes. Mein Wecker! Schade, das war nur ein Traum. Aber wenigstens mal kein Alptraum...

  • Dieses Werk wurde unter der GNU Free Documentation License veröffentlicht. Das Kopieren, Verbreiten und/oder Modifizieren ist erlaubt unter den Bedingungen der GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation.

    - Weitere Informationen
Kommentare (Insgesamt: 0 )
Pro-Linux
Pro-Linux @Facebook
Neue Nachrichten
Werbung