UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

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kapeka
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UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#1 Post by kapeka »

Auf Pro-Linux wird ja schon munter diskutiert, aber das geht dort nicht so langfristig wie hier, ausserdem ist das Niveau in diesem Forum meistens etwas höher als auf PL selber.
Deshalb habe ich diesen Thread angefangen, um ausgiebig über die Frage zu diskutieren, ob UnitedLinux der richtige Weg ist, um Linux zu fördern, oder ob diese "Fusion" der ursprünglichen Idee Freier Software entgegengesetzt ist, also vielfalt verhindert und propretären Lösungen für Linux die Tür öffnet, wie von einigen geäußert?

Ich selber war begeistert, als gestern die ersten Meldungen über die Ticker liefen. Denn das ist doch eigentlich das, was man sich wünscht. Eine einheitliche Basis auf Grundlage der LSB, also (hoffentlich) endlich schluß mit verwirrend vielen Paketen für viele kleine Distributoren. Und trotz allem vielfalt, denn die einzelnen Distributoren bauen auf UL ihre spezifischen Distributionen auf, so dass die Vielfalt nicht flöten geht, aber einheitlichkeit geschaffen wird.

Wie steht ihr zu der Sache?

Jochen

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#2 Post by Jochen »

Abwarten und Tee trinken. Nichts wird so heiss gegessen, wie es gekocht wird. Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Noch ein paar Sprüche gefällig? <img src="http://www.pl-forum.de/UltraBoard/Images/Happy.gif" border="0" align="middle">

Weshalb? LSB ist nicht aller Probleme Ende, da dieser Standard nach allem, was ich drinnen gelesen habe, immer noch nicht ausreicht. Schon beim FHS kann man bei vielen Dateien eines Produkts debattieren, wo es hingehört. Von RPM als Standard-Paketformat ganz zu schweigen - macht es tatsächlich Sinn, so etwas strikt festzulegen? RPM nähert sich jetzt erst langsam an Features an, die DEB schon lange hat. Und m.E. das auch nur, weil es DEB gibt.

Ach ja, und non-LSB-compliant Linuxe wird es auch immer geben: Vielleicht mal mit der Diet-libc aufgezogen, mit einem andern Dateisystemaufbau, anderen Runlevel-Bedeutungen usw. Und warum auch nicht? Vielleicht findet ja tatsächlich jemand bessere Wege, als wir sie momentan beschreiten.

Und was die Einheitlichkeit angeht: Wenn UL nicht als reines System zu haben ist, werden sich m.E. die Unterschiede zwischen den "UL-powered" Distributionen als Alleinstellungsmerkmale wieder so weit aufschwingen, dass die Probleme wieder die alten sein werden. Ähnlich wie in der schlechten alten Zeit, als alle Systeme POSIX, SVID, X/OPEN usw. erfüllten und trotzdem inkompatibel wie die Hölle waren.

Und was die Vereinheitlichung angeht: Sie ist schon im Gange, ohne dass irgend jemand gross etwas dazu anmerkt. SuSE legt die Init-Skripte plötzlich wieder unter /etc ab (/etc/rc.d/init.d oder /etc/init.d?), streicht die rc.config zusammen und benutzt /etc/sysconfig/* à la Red Hat. Turbolinux und Conectiva sind beides schon RH-Ableger; zumindest TL habe ich mal installiert gehabt, und hätte nicht TurboLinux draufgestanden, hätte ich gedacht, dass RH einfach ein paar Pakete für den asiatischen Raum dazugeschmissen hat. Die Chancen stehen meines Erachtens also eher bei einer Annäherung an die Fakten, die Red Hat geschaffen hat. Dazu mag man stehen, wie man will - aber wenn man eine Vereinheitlichung will, sollte man dies begrüssen.

Ein letztes Fazit zu meinen unzusammenhängenden Gedankengängen: Die Distributionen funktionieren wie fast alle OpenSource-Software - ein bisschen auseinanderdriften, wieder etwas näherrücken, wieder aueinanderdriften, dann wieder annähern, so wie der Standard-Kernel und dessen -ac oder -dj-Varianten, gcc und egcs u.a.m. Es ist halt bloss so eine Phase, und in zwei Jahren (wenn überhaupt so lange) wissen wir wieder mehr, ob UL nun eher in die Menge der Probleme oder der Lösungen einzuordnen ist.

Schönen Abend noch und Danke für ihre geschätzte Aufmerksamkeit,

Jochen

bephep

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#3 Post by bephep »

Die Initative für United wird von den Hardware Herstellern gewünscht sein. Mit so einem inkompatibelen Haufen an Distries wie bisher kann man M$ kein Paroli bieten. IBM und Co machen jetzt mit Linux ernst. Gegen Linux Klagen oder Ausschliessen, das kann M$ vergessen, die werden jetzt ausgeschlossen. Linux wird kommerzieller aber das heisst nicht das Open Source verschwinden wird.
Nur eines weiss ich genau, über dieses Thema werden wir noch endlos diskutieren.

Bob Gomorrha

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#4 Post by Bob Gomorrha »

Also meiner Meinung nach geht es bei United Linux wieder einmal einzig und allein um die Kohle - und sonst nichts.

Warum United? Linux war und ist immer "united". SuSE, Redhat, Mandrake usw. schreiben die Programme ja zum grössten Teil nicht selber sonder hunderte/tausende von freien Programmierern/Hackern. Das Produkt ist ja lediglich die Distribution, also die Zusammenstellung der einzelnen Features/Pakete/Programme.

Warum sollte bei "United Linux" was besseres rauskommen als beim "grossen Konkurrenten RedHat"? Eigentlich unverständlich, denn schliesslich sind die Sourcen von RedHat (und allen anderen) ja einsichtlich. Wenn irgendein Distributor Probleme hat, könnte er sich ja "Tips" daraus holen.

Das Problem von "United Linux" und der Grund für dessen Entstehung ist der zu kleine Linux-Markt. Während Microsoft als Alleinanbieter fast den gesamten Softwaremarkt innehat, treiben sich auf dem Linux "Mickey-Mouse Markt" (nicht abwertend, aber er ist wirklich verschwindend klein) dutzende von Anbietern herum.

Zudem kommt noch das Problem hinzu, daß eine Distribution fast immer zum Download angeboten wird, d.h. von 10 Linuxern kaufen sich wahrscheinlich einer oder zwei tatsächlich die Distribution.

United Linux dient dem gleichen Zweck, wie zu Anfang des letzten Jahrhunderts die Gründung von General Motors. "United" Marktbearbeitung, "United" Marktdurchdringung. Bleibt zu hoffen, daß es nicht endet wie im Fall von General Motors - von gut zwei dutzend Automarken gibt es heute gerade mal noch fünf.

Und es ist gut zu wissen, daß es da noch das "kleine gallische Dorf", die "Untouchables" von Debian gibt <img src="http://www.pl-forum.de/UltraBoard/Images/Happy.gif" border="0" align="middle">.
Die wird man nie kaufen können.

Hokey

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#5 Post by Hokey »

Es ist doch logisch, dass die Distributoren nach Wegen suchen, um mehr Geld zu verdienen...schliesslich stecken auch eine Menge Arbeit und Kosten in den Distributionen. Ich finde, man sollte das nicht so anprangern und immer wieder mit M$ vergleichen.
Im übrigen schliesse ich mich Jochen an... mal gucken, was draus wird...

Leander Hanwald

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#6 Post by Leander Hanwald »

>Warum United? Linux war und ist immer "united".<

Linux ist in der heutigen Form schon nicht mehr unabhängig vom Kommerz. Ohne die Firmen die du erwähnst wäre Linux im durchschnitt immernoch so Benutzerunfreundlich wie Debian aber mit weniger Hardware Support und Features im Kernel, ohne GNOME und auch nur mit einem KDE1. 3D Beschleunigung wäre ein Traum und gute Soundkarten Unterstützung eh usw. Alles bereiche in denen die Distries und co. etwas geleistet haben was über das Schnüren von Paketen und das schreiben von Büchern hinnausgeht.

>SuSE, Redhat, Mandrake usw. schreiben die Programme ja zum grössten Teil nicht selber<

Richtig, aber hier kommt oft nicht die Quantität aber die Qualität von den Distries. Einige wichtige Personen sind bei Ihnen angestellt ohne deren Fulltime-Linux Job du heute nicht das sehen könntest was du vermutlich vor dir hast (KDE oder GNOME, moderner Linux Kernel a.s.o)

>sonder hunderte/tausende von freien Programmierern/Hackern. Das Produkt ist ja lediglich die Distribution, also die Zusammenstellung der einzelnen Features/Pakete/Programme.<

s.o. Das ist so einfach nicht mehr richtig.

>Warum sollte bei "United Linux" was besseres rauskommen als beim "grossen Konkurrenten RedHat"?<

Weil United Linux aus Firmen besteht welche teilweise sehr hohe Marktanteile und ansehen haben wie Connectiva und SuSE. Beides sind auch einzeln sehr harte konkurrenten zu Red Hat.

>Eigentlich unverständlich, denn schliesslich sind die Sourcen von RedHat (und allen anderen) ja einsichtlich.<

Das sind sie von allen Distries. Aber was nützt dir das? Der Sourcecode ist von allen eh der selbe.

>Wenn irgendein Distributor Probleme hat, könnte er sich ja "Tips" daraus holen<

?
Es geht darum wo die Verzeichnisse liegen. Dort will man einheitlichkeit reinbekommen. Und welche Programme man verwendet. Außerdem hat Red Hat nicht zu viel, sondern zu wenig! Oft zu alte Programmpakete, nicht immer logische Strukturen und Tools wie YaST2 fehlen komplett. Man will Red Hat nicht erreichen, das war nie nötig da schon immer technisch mind. gleichwertig, man will es weit hinter sich lassen was es heute auf dem Linux markt gibt

bephep

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#7 Post by bephep »

Was LH postet ist schon richtig, ohne Kommerz wäre Linux noch lange nicht so weit. Linus ist bei Trans Meta, Alan Cox bei Red Hat, bei allen Distributoren arbeiten Programmierer mit an Kernel, KDE, Gnome.
So langsam ist auch Schluss mit lustig, nach dem Monopol mit Win,Word und Exxel versucht M$ mit X box, CE Hailstorm NET und jetzt mit dem Kauf eines Software Hauses wie Sap oder Oracle auch diese Märkte zu dominieren.
Für jede Distrie gibt es Binary Pakete von Programmen ,alle verschieden. Linux ist das Chaos jede Distrie ein Unikat, ich meine jetzt nicht die Installer, sondern den Inneren Aufbau.
Die Gefahr das M$ mit Software Patenten Linux stoppen kann ist auch kleiner geworden, die jetzt Unitek unterstützen haben bestimmt mehr Patente als M$.
Wir werden damit leben müssen, denn ändern kann man es nicht.
Kleiner Flamewar mit LH. Gestern aus der Seite Unitek gab es eine Sprachauswahl, sogar Holländich und Ungarisch. Aber kein Deutsch. Sollen wir mal sammeln und SuSE einen Wecker schenken damit die endlch mal wach werden ??

Bob Gomorrha

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#8 Post by Bob Gomorrha »

@Leander Hanwald

>) Auch wenn sich alle Distributionen zu UL (United Linux) zusammenschlößen (wenn ist würdelos), ginge
die Entwicklung von KDE, Gnome etc. mit dem gleichen Tempo voran. Warum? Einfach aus dem Grund, da alle
Distributionen z.Zt. defizitär sind - sprich es ist einfach keine "Kriegskasse" vorhanden und grundlegende
Innovationen zu starten.

Zur Treiberentwicklung: Auch wenn sich wieder alle Distries einigen könnten, hätten sie noch immer viel
zu wenig Macht, um die grossen Hersteller dazu zu bringen, Ihre Exclusivverträge mit MS zu kündigen. Das
Problem hierbei ist nämlich nicht der Unwille der Hersteller, Hardwarestandards preiszugeben sondern die
Knebelverträge von MS.

>>) Gebe ich Dir vollkommen recht - daher auch mein Denkansatz: viele Programme, von denen aber lediglich
40-60% tatsächlich produktiv verwendbar sind. Hier bin ich wieder bei Debian. Ich verwende es selbt auch
nicht, weil ich offen gestanden zu faul bin, aber das was drin ist hat absolut Hand und Fuss. Für mich
ist das z.B. ein Beispiel von UL - viele Entwicker und viele Tester - und der stabilste Zweig übersteht
sogar den Flugzeugabsturz im Bürogebäude.

Diesbezüglich ein kleines Beispiel: alle Win Versionen seit 95b sind in sich eigentlich stabil - nur wurde
ein Win95, 98 usw. nie für Anwendungen geschrieben, die von Millionen, unter Zuhilfenahme der irrwitzigsten
"Helferleins", darauf gefahren wurden. Ergebnis: das System musste permanent crashen - und in weiterer Folge
auch der miese Ruf. Unter Linux sind gewisse Sachen mit dem und dem Kernel einfach nicht möglich - folglich
ist auch kein Absturz möglich.

Fazit: 4 Distribution mit 4 Kernelversionen in einem Jahr sind bei einem 100stel der Konkurrenzbelegschaft
einfach nicht möglich - das wird auch UL nicht ändern können.

>>>) ... lass ich mal stehen.

>>>>) und >>>>>)

SuSE hat Probleme bei x, Mandrake bei y - x und y funktionieren in Redhat, die wiederum haben Probleme
bei z. Wenn ich nun aber ohnehin die Sourcen vor mir liegen habe, frage ich mich was UL anders machen würde?

Ich wage zu prophezeihen: Es wird eine neue Distribution, die aber um keinen Deut "besser" oder "schlechter"
als die 4,5,6 Grossen sein wird. Es wird vielmehr eine Distribution sein, die von allen vieren das Stabilste
und Ausgereifteste in sich vereinen wird, um dann mit einer Marktdurchringung von 4 Kontinenten und einer
ansehnlichen "Customer List" den Redhat Markt bearbeiten wird. In so einer Distribution wird aber kein
Platz sein für KDE 3.0 am Ersttag, Gnome 2.0 zum Releasedate oder einer "Ja, aber mit dem Kernelpatch"-
Hardware.

Linux brauch kein UL, sondern endlich eine gezielte Ausrichtung auf den Anwender. Weniger ist mehr -
dieses eiserne Gesetz hat MS schon immer beherzigt, deswegen kann auch keine Win-Version besonders viel,
aber für sich alleine funktioniert sie.

Weniger ist mehr - keine 2000 Pakete mehr, sondern all die Anwendungen, die Otto-Normalverbraucher so
gerne vorzeigt: Schreiben, Rechnen, Kalkulieren, Filmchen und - ein wenig Crime: das verbotene MP3 im
Download.

UL wird diesbezüglich sicher wenig beitragen - zumal die Haupteinnahmequelle aller Beteiligten nach
wie vor der kommerzielle Support sein wird. UL ist für alle vier der finanzielle Rettungsanker - Stichwort
"Globalisierung" und für mich nicht zuletzt auch der Beweis, daß die wirtschaftliche Realität die
ehedem idealistischen Vorstellungen eingeholt hat.

linkfinger

Re: UnitedLinux - Segen oder falsche Richtung?

#9 Post by linkfinger »

UL wird ein Segen sein.

Die Linux-Distributoren und die User werden draus lernen. Ob das Teil gut oder schlecht ist, wird sich zeigen und genau diese Erfahrung wird gut für alle sein.

Wenn es genug Leuten nicht passt, machen die sowieso ihr eigenes Ding und machen wieder etwas neues.

Ob das gegen irgendwelche Prinzipien verstößt ist auch Rille. Am Ende wird abgerechnet und genau danach sollte erst einmal geschaut werden: Was es in Zukunft bringt.

linkfinger

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