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Fr, 26. August 2011, 16:37

Gesellschaft

München hält an Linux fest

Nichts Geringeres als eine »Rückkehr von LiMux zu Microsoft« lautete ein Antrag der CSU-Stadträtin Ursula Sabathil. In einer Antwort von Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD) gab es daraufhin ein klares Bekenntnis zu Linux und zugleich peinliche Enthüllungen über die Migration von Linux zu Windows im Auswärtigen Amt.

Der Oberbürgermeister der Stadt München, Dr. Christian Ude

Kai Mörk

Der Oberbürgermeister der Stadt München, Dr. Christian Ude

Nichts Geringeres als eine Überprüfung der momentanen Migration von Münchens Rechnersystemen auf Linux hatte ein Antrag der Stadträtin Ursula Sabathil (CSU) im Sinne. Die am 1.3.2011 gestellte Anfrage wollte wissen, ob die Landeshauptstadt wieder zurück auf Windows wechseln kann, und ob die Einsparungen immer noch Bestand haben. Als Begründung nannte die Stadträtin »kontinuierlich und verlässlich Schwierigkeiten mit LiMux« und dass »das schon ärgerlich genug ist, wenn man mit dieser Technik Geld sparen sollte; gänzlich absurd wäre es aber, wenn das Sparpotential nicht ausgeschöpft würde, d.h. wenn man mit LiMux nicht einmal Geld sparen würde«. Als Beispiel dafür diente maßgeblich die Begründung der Bundesregierung für die Rückkehr des Auswärtigen Amtes zu Microsoft.

Das Auswärtige Amt, einst eine Vorzeigebehörde, was den Einsatz freier Software in deutschen Amtsstuben angeht, kündigte Anfang des Jahres an, wieder zu proprietärer Software zurückkehren. Als Begründung [PDF] nannte die Behörde vor allem die nicht vorhandenen Einsparungen. Wie das Ministerium schrieb, konnte man im Rückblick feststellen, dass das angestrebte Potential »aufgrund der tatsächlichen Marktentwicklung im Software-Bereich nur im geringem Umfang ausgeschöpft werden konnte«. Weiter hieß es: »Es hat sich jedoch gezeigt, dass Aufwendungen für Anpassungen und Erweiterungen durch selten bereits vorhandene Treiber und Schnittstellen höher sind als beim Einsatz von weit verbreiteten proprietären Produkten (Standardsoftware)«. Die eigentlichen Einsparungen durch den Einsatz von quelloffener Software anstatt proprietärer Software ließen sich allerdings nicht quantifizieren.

Stutzig konnte allerdings die Aussage machen, wonach für das Auswärtige Amt keinerlei mittelbare Kosten bei einer Rückmigration entstehen sollten. Die Lösung des Rätsels liefert nun Ude in seiner Antwort an Sabathil. Demnach waren die Arbeitsplatzrechner des AA sogenannte »Dual Boot-Hybriden mit wahlweise Windows oder Linux«. Laut Ude bedeutete das praktisch, dass beide Betriebssysteme auf den Rechnern installiert und verwendbar waren. Damit waren auch für jeden Arbeitsplatzrechner die notwendigen Windows- und Microsoft-Office-Lizenzen vorzuhalten. »Nachdem die Benutzer beide Systeme im Zugriff hatten, mussten sie auch beide beherrschen«, so Ude in seiner Stellungnahme.

Indirekt erklärt Ude damit auch, warum das AA keine oder nur geringe Einsparungen diagnostizierte. Durch die Situation konnte das Amt nicht nur weniger Windows-Lizenzkosten einsparen, sondern war auch gezwungen, die Ausgaben für Schulungen zu erhöhen. Eine laut Ude zwangsläufige Situation, die es in München schlicht nicht geben soll. Durch eine vorausschauende Planung und einen gezielten Einkauf ließen sich die auch vom AA bemängelten Kosten für die Entwicklung von z.B. Scanner- und Druckertreibern verhindern. »Mittlerweile liefern immer mehr Druckerhersteller entsprechende Linux-Treiber. Dies wird bereits im Rahmen der Beschaffung gefordert«, so Ude weiter in seiner Antwort.

München bleibt bei Linux

David Kostner

München bleibt bei Linux

Doch auch auf die angeblichen Schwierigkeiten mit LiMux geht Ude ein. Die von Sabathil diagnostizierten Probleme, wonach man als Linux-Benutzer andere Anhänge nicht öffnen könne oder manchmal Nicht-LiMux-Besitzer die unter LiMux erstellten Anhänge nicht öffnen oder auch nicht lesen können, seien schlichte Kompatibilitätsprobleme beim Dokumentenaustausch. »Diese Probleme gibt es auch innerhalb der Microsoft-Office-Familie zwischen den einzelnen Versionen«, so Ude. Als Beispiel nennt er dabei der Wechsel von Word 6 auf Microsoft-Office97 und die daraus resultierenden Schwierigkeiten. Ein Wechsel auf die neue Microsoft-Office Version 2010 würde die Kompatibilitätsprobleme nicht beseitigen, sondern gar verschärfen. Denn das neue Produkt setzt standardmäßig auf ein komplett neues Dateiformat auf und zwingt so auch andere Anwender, die neue Version der Suite zu nutzen. »Für den Privatbereich mag dies hinnehmbar sein. Die Stadt München hat sich jedoch als öffentliche Verwaltung dazu entschlossen, genau das nicht zu tun und stattdessen ein offenes Dokumentenformat zu verwenden«, so Ude. Zudem hätte die Landeshauptstadt auch noch weitere Investitionen für die Schulung der Office-Benutzer zu verkraften, denn die Benutzeroberfläche von MS Office 2010 unterscheidet sich erheblich von der von MS Office 2000.

Und so wird in München weiter das Ziel verfolgt, 80 Prozent der Arbeitsplatzrechner bis 2013 auf die eigens erstellte Distribution LiMux zu migrieren. Demenstsprechend steht seit dem 16. August allen IT-Bereichen der Landeshauptstadt eine neue Version des Clients zum Roll-Out zur Verfügung. Der Standard-Desktop in München basiert auf Ubuntu 10.4 und KDE 3.5, enthält unter anderem OpenOffice.org, Mozilla Firefox und Thunderbird und kann bei Bedarf mit anderen freien Programmen erweitert werden. Zudem ist das offene Dokumentenformat ODF inzwischen das primäre Dateiformat für alle Anwender der Stadtverwaltung.

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