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Mo, 13. Mai 2013, 13:39

Software::Desktop::KDE

Martin Gräßlin über Kwin/KDE, Mir und Wayland

Der KWin-Verantwortliche Martin Gräßlin sah sich am Wochenende in einem umfangreichen Blog-Eintrag genötigt dazulegen, warum Mir keine Option für Upstreams ist.

wayland.freedesktop.org

Anlass der erneuten Auseinandersetzung mit Mir und KDE sei die Diskussion, die derzeit wieder um das Thema Mir in Kubuntu aufflammt und die er aus seiner Sicht gerne vermieden hätte. Leider sei man jetzt mehr oder weniger gezwungen, sich doch an der Diskussion zu beteiligen, zumindest um zu erklären, warum Mir keine Option für Upstreams ist. Immerhin zeige sich an der Diskussion, welche Probleme Canonical mit Mir in die Welt gebracht habe. In dem Blog-Eintrag kann Gräßlin zwischen den Zeilen kaum verhehlen, was er von Canonicals Plänen hält. Da er zum Ausschließen der Mir-Option verständlicherweise nicht einfach schreiben können »Canonical ist doof«, sehe er sich jetzt mehr oder weniger widerwillig in der Pflicht, die Gründe darzulegen, warum man Mir nicht aufnimmt.

Laut Gräßlin könnten die Canonical-Entwickler selbstverständlich tun und lassen was sie möchten, denn es sei ja allein die Entscheidung von Mark Shuttleworth, wo er sein Geld investiere und was er für richtig halte, allerdings könne er (Gräßlin) sich mit einigen Aussagen von Canonical absolut nicht anfreunden. Shuttleworths Aussage, KDE und Mir seinen kein Problem, hätten ihn (Gräßlin) sogar bereits über eine Abmahnung nachdenken lassen. Gräßlin wolle gar nicht bestreiten, dass Mir in einigen Bereichen sogar sinnvoll sein könnte, dass aber Canoncial im Bezug auf KDE permanent falsche technische Behauptungen verbreite, sei mehr als frustrierend. Da von Mir zudem bisher noch absolut nichts zu sehen ist, sei es auch keine gute Idee, die Entscheidung Wayland oder Mir aufzuschieben. Er vertraue jedenfalls auf Wayland, auch wenn die technischen Unterschiede zwischen Mir und Wayland faktisch sogar relativ gering sind.

Was die angeblichen Vorteile angeht, verwende Mir etwa server allocated buffers, während Wayland Cient-seitig zu Werke gehe. Gräßlin könne aber nicht beurteilen, ob das ein Vor- oder Nachteil sei. Er vertraue aber auch hier dem Wayland-Team. Ferner glaubt Gräßlin nicht, dass das von Mir verwendete »test-driven development« (TDD) Vorteile hat, denn dann müsste er ja seine eigenen Entwicklungen in Frage stellen. Weitere Unterschiede zwischen Mir und Wayland sehe er abgesehen davon, dass Mir natürlich »toll« werde, nicht.

Bei den Nachteilen von Mir in Bezug auf KDE wird Gräßlin in seinem Blog differenzierter. So sei Mir zum Beispiel derzeit nur eine Lösung für nur eine einzige Distribution, denn kein anderer Distributions-Hersteller habe bisher Interesse gezeigt, Mir zu paketieren. Ein Blick in die Vergangenheit zeige zudem, dass Canonical-spezifische Lösungen bisher nicht in anderen Distributionen Fuß fassen konnten. Er kenne auch keinen KDE-Workspace-Entwickler, der Kubuntu im Einsatz habe. Er rate zudem dem Kubuntu-Team, keine Downstream-Patches einzuführen, um KDE auf die Ubuntu-Basis zu bringen, weil das KDE-Team dann schlicht nicht mehr helfen könne.

Darüber hinaus sei die Architektur von Mir vollständig auf Unity ausgelegt. Er wisse zwar nicht genau, wohin die Reise geht, aber aus seinem Verständnis solle Unity Next eine Kombination aus Fenster-Manager und Desktop-Shell werden, was nicht zum eigenen Design passe. Schließlich wisse ja auch noch niemand, ob Mir mit anderen Desktop-Umgebungen außer Unity Next zurecht kommt.

Ferner stünde Wayland wie X11 unter der MIT-Lizenz, die sich für den Display-Server auch bewährt habe, während Mir unter der GPLv3 mit Kontributor-Lizenzvertrag (CLA) stehen soll. Da das Gros der KDE-Software unter der GPLv2 (oder später) stehe, müsse man bei einem Umstellen des Codes auf GPLv3 KWin als Abkömmling von Mir betrachten. Gräßlin kann in seinen Blog-Eintrag kaum verhehlen, dass er von dem »CLA-Zeugs« nichts hält und Mir schon wegen der Lizenzen inakzeptabel sei.

Ferner spreche für Wayland, dass das Protokoll erweiterbar sei, abgesehen davon, dass Mir eigentlich gar kein Protokoll habe, welches sich anzapfen ließe. Man benötige aber das Protokoll zur Kommunikation zwischen der Desktop Shell und dem Compositor. Da man bei einer Unterstützung von Mir ein eigenes Protokoll, nämlich Wayland, verwenden müsse, die Mir-Unterstützung also ein »Obendraufsetze« von Wayland erfordere, sei das Unterfangen ohnehin total sinnfrei. Da das Protokoll zwischen Mir-Server und Mir-Client zudem noch als instabil zu bezeichnen ist, könnten Dinge plötzlich nicht mehr funktionieren.

Mit den Äußerungen hofft Gräßlin dargelegt zu haben, warum Mir keine Option für KWin ist, denn keinem einzigen Vorteil gegenüber Wayland stünden mindestens das instabile Protokoll und die Lizenzprobleme gegenüber. Aus seiner Sicht sei auch die Mir-Ankündigung für Kubuntu eher verwirrend, was ja die jetzt erneut zu diskutierenden Fragen aufgeworfen habe. Gräßlin hofft jetzt klipp und klar beantwortet zu haben, dass Upstream Mir nicht unterstützen wird, wobei im Moment nicht klar ist, was das für Kubuntu bedeutet.

Ferner habe Ubuntu laut Gräßlin schon immer den schlimmsten Grafik-Stack in der freien Software-Welt gehabt, was schon ein Blick in den Bugtracker offenbare. So sei die Mesa-Qualität unzureichend, sodass man den Mesa-Stack für Mir weiter patchen müsste. Ferner müsse Mesa auch mit Wayland-Unterstützung ausgegeben werden und es stünde in den Sternen, ob das Canonical mache oder ob sich Kubuntu und andere Ubuntu-Abkömmlinge selbst darum kümmerten.

Außerdem sei es in der Mir-Welt nicht mehr länger möglich, den Login-Manager frei zu wählen, sodass es interessant zu beobachten sein werde, ob und wie Kubuntu-Anwender künftig zwischen KDE Plasma, GNOME, LXDE und anderen auswählen können sollen. Zudem habe Canonical bisher X11, Wayland und Mesa als Pakete ausgegeben, es sei aber nicht klar, das auch in Zukunft noch so sein werde. So gibt es aus Gräßlins Sicht eine große Anzahl offener Fragen, die Canonical zu klären habe.

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